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Re: Geld fuer den Zugang zur SB Berlin



Auch auf die Gefahr hin, wie weiland Cato zu klingen:
Es ist richtig, gegen die Gebührenzumutungen der über Steuern finanzierten
staatlichen Bibliotheken anzugehen, aber es wäre noch richtiger, wenn man
sich endlich darüber klar würde, daß diese Gebührenwegelagerei doch nur die
Kehrseite der mit enormem finanziellen Aufwand betriebenen Digitalisiererei
ist. Jede Erfolgsmeldung der Digitalisierer bedeutet einen realen
Finanztransfer weg von Buch und Lesesaal hin zur digitalen Infrastruktur.
DIESE wird mit dem universell-demokratischen Zugang zu Bibliotheksbeständen
legitimiert, der dann möglich sei, wenn endlich der digitale Sieg
vollkommen sei; dabei nimmt man gerne in Kauf, daß die REALEN Zugänge zu
Bibliotheken erschwert werden. Nach dem Motto: hinieden auf dieser Welt
leiden wir Pein und Schmerz, aber in der nächsten Welt, der digitalen,
treffen wir uns als virtuelle und schmerzfreie Eierköpfe. Wie schön.
So kommt es, daß man öffentlichkeitswirksam davon schwatzt, wie toll es
wäre, das Manuskript des Beowulf endlich digital an jedem Arbeitsplatz
haben zu können, während doch durchaus nicht klar ist, warum man das
eigentlich so haben sollte und wollte. Die Spezialisten, die mit den
Handschriften des Nibelungenliedes, den Kafkaschen Quartbänden etc.pp.
etwas anfangen können, kann man an einer Hand abzählen. Tatsächlich sind
das Legitimationsstrategien, die sich der Aura der Überlieferung bedienen,
um damit ihre flimmernden Bildschirme auratisch aufzuladen und uns eine
Notwendigkeit der Digitalisierung vorzugaukeln, die nicht besteht.
Wie wäre es also damit: Stopp der Digitalisiererei, Stopp der damit
verbundenen nationalen und weltweiten Workshops und Transfer der dadurch
frei werdenden Mittel in Hilfskraft- und Personalmittel zur Öffnung von
Lesesälen?
U. Jochum


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 Dr. Uwe Jochum
 Fachreferent / Subject Specialist
 Universitaet Konstanz
 Bibliothek
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