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Die Zukunft des DBI und der Bibliothekare



Die Wortmeldung von Christoph Albers zeigt m.E. programmatisch, worum es
bei der ganzen Debatte geht und gehen muß:
Es geht um den Abstand, den das Bibliothekswesen inzwischen sowohl zur real
existierenden Forschung wie auch zu denjenigen Entscheidungsträgern hat,
die im kulturpolitischen Raum das Sagen haben. Diesen Abstand haben die
Bibliothekare dadurch selbst verursacht, daß sie sich aus den Inhalten
zurückzogen und diese der Wissenschaft, anderen kulturellen Einrichtungen
wie Museen, Archiven etc.pp. überließen, um sich fast ausschließlich auf
Organisation und Datentechnik zu verlegen, von denen man hoffte, sie würden
die Bibliotheken quasi von selbst legitimieren.
In Zeiten, in denen Hans und Hänschen ihren eigenen PC besitzen und sich um
informationswissenschaftliche Debatten um Suchmaschinen nicht scheren, weil
sie allemal auch ohne profesionelle Assistenz der sich selbst bestallenden
Informationsspezialisten finden, was sie brauchen, muß die
bibliothekarische Legitimationsstrategie natürlich in einem Desaster enden:
jeder ist sich selbst der Nächste und vor allem sein eigener Spezialist,
was soll er da noch einen Spezialisten fragen, der von sich wenig mehr
behaupten kann, als er sei nun aber ein echter Spezialist?
Im Ernst: Die datentechnische und informationswissenschaftliche Debatte in
und außerhalb des Bibliothekswesens ähnelt oft frappand jenen Diskussionen
aus den 60er Jahren, als man von den vielen Fernsehprogrammen in den USA
schonmal gehört hatte und sich gegen diese Medienvielfalt mit Argumenten
vom besseren Programm der Öffentlich-Rechtlichen zur Wehr setzen wollte --
dort seien die Leute, die eine Ahnung hätten und das Rictige auswählen
würden, um die Bürger zu bilden. Ist alles passé. Und so wird es denen
gehen, die die Öffentlichkeit glauben machen wollen, gegen die
Informationsflut brauche man emsige Bibliotheksmitarbeiter, die den Honig
aus dem Netz saugen und schmackhaft durch Imker aufbereiten lassen. Was man
braucht, ist die richtige Soft- und Hardware, und die wird ja immer
'intelligenter', bis sie eben auf die intelligente menschliche Assistenz
verzichten kann. Und das tut sie weitgehend schon heute. Nur die
Bibliotheken, die ihre zehn und mehr Jahre alte Soft- und Hardware
betreiben (müssen), bekommen davon immer erst zu spät etwas mit.
Ich wage daher die Behauptung, daß der Kern der Misere darin liegt, daß die
Bibliotheken in der Kulturpolitik fehlen, weil sie meinten, ein bißchen
Kulturtechnik sei ausreichend: Goethe oder Shakespeare auf CD-ROM, das ist
und war so lange der neueste Schrei, daß man vor lauter Schreien nicht
bemerkt hat, daß keiner zuhörte.
Nun hat es das DBI getroffen. Man darf gespannt sein, welche Einrichtung
als nächste gekippt wird.

U. Jochum


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 Dr. Uwe Jochum
 Fachreferent / Subject Specialist
 Universitaet Konstanz
 Bibliothek
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