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Re: Neuer Fernleihschein?



On 18 Aug 1997, Michael Logies wrote:

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|> On 17 Aug 1997, Michael Logies wrote:
|> |...verbunden mit dem Hinweis auf die Fernleihkosten
|> |(die ich hier nicht weiter hinterfragen will)...
|> {zumal schon eine konventionelle Fernleihe
|> eigentlich weit ueber 20,30,40 DM kosten wuerde}
Wie ich schon korrigierte, betragen die Kosten 
fuer eine Kopie 10,00 DM. Soweit sind Sie der Realitaet ganz nahe. 

|Weil die Abwicklung betriebswirtschaftlich nicht optimiert ist (zu  
|viel/zu teures Personal, schlechte Organisation durch Gebietsmonopole)
Die Gebietsmonopole spielen dabei, meine ich, keine Rolle.
Denn 70 bis 80 Prozent der Fernleihwuensche werden 
innerhalb einer Region erledigt. Das ist ein preiswertes Verfahren,
denn so kann ein "Buecher"auto eingesetzt werden, 
das z.B. hier im Suedwesten zweimal die Woche Kopien, Post und 
viele, viele Buecher fuer die Fernleihe zwischen den Bibliotheken
hin- und hertransportiert. (Dass man unterschiedliche Groessen, 
Preis, Zeit, sonst eine, oder eine Kombination optimieren kann, 
wurde ja schon hier erwaehnt) 
Die Frequenz des Buecherautos zum Beispiel bedingt  
eine mittlere Verzugszeit zwischen zwei und drei Tagen. 
Dafuer erreichen wir im Suedwesten einen Transportpreis 
von etwa 1,10 pro Sendung. Sicher koennten wir auch alles 
mit einem der Paketdienste transportieren lassen. 
Aber die sind nicht nur teuerer. 
UPS weigert sich etwa, nicht-wiederbeschaffbares Material anzunehmen.
{Und niemand koennte vorher wirtschaftlich bei jedem einzelnen Buch
nachpruefen, ob genau diese Ausgabe ein Unikat ist.
Abgesehen davon: was heisst schon wiederbeschaffbar 
bei einem Titel von 1875 oder einem Jugendstilbuch von 1905 ? }

Wenn ich aus Ihrem Medline-Beispiel schliessen darf, 
dass Sie eher  Material aus den "aktuellen" Wissenschaften brauchen,
sollte man vielleicht darauf hinweisen. Denn bei dem Schwerpunkt 
suchen Sie vermutlich eher aktuelle Periodika und Fotokopien, 
bei denen das Wiederbeschaffungsproblem quasi entfaellt. 
Ein grosser Teil des Fernleihverkehrs gehoert 
aber nicht zu den Faechern mit hohem aktuellen Literaturbedarf,
sondern zu denjenigen Faechern, fuer die gedruckte Literatur 
das elementare Forschungsobjekt und -mittel sind.

|- aber diese Diskussion koennte ausufern  ;-) ).
sic.

|Bei besserer Organisation
Wie schon in meinem gestrigen Beitrag erwaehnt, 
wird das Kopieren durchaus anders bezahlt 
als die Auskunft an der Informationstheke. 
 
|koennte ich mir vorstellen, dass man zu  
|Anfang 15 min braucht, um eine Fernleihe (Kopie eines  
|Zeitschriftenartikels) vom Posteingang bei der Bibliothek bis zum  
|Postausgang abzuwickeln. 
|Wenn man ueberwiegend mit Aushilfskraeften  
|arbeitet (Gesamtkosten ca. 20 DM/h), muesste man die Kosten auf unter  
|10 DM pro Fernleihe druecken koennen (Kosten zusaetzlicher Fernleihen,  
|also im wesentlichen Personalkosten, bei bestehender technischer  
|Infrastruktur).
Ich hab es schon die ganze Zeit geahnt, dass manche meinen,
Fernleihe waere nur: "ins Magazin laufen, kopieren, ab die Post".
Das ist aber nur der zweite Teil, naemlich bei der besitzenden Bibliothek.

Es gibt auch noch den groesseren Teil der Arbeit 
naemlich bei der ersten Bibliothek, derjenigen, 
die Ihre Bestellung entgegennimmt.

"Nachweis"
Die sucht naemlich mit Ihren Angaben erstmal im eigenen Katalog, dann
in der Verbunddatenbank eine besitzende Bibliothek und leitet weiter. 
Oft findet man den Titel aber so nicht.
Manche versuchen es dann noch in einer zweiten Verbunddatenbank. 

"Bibliographieren"
Wenn sich dann noch immer nichts findet, 
muss man erst einmal Bibliographien 
(Datenbanken, gedruckte oder Microfiche-Bibliographien, 
andere grosse bg. Datensammlungen, auch Kataloge ausserhalb 
unserer Fernleihwelt, z.B. der Katalog der LoC)
herausfinden, welche der Angaben eventuell nicht stimmen, 
vertippt sind (auch in Medline gibt's Vertipper), 
welche Zeitschriftenabkuerzung vielleicht "auf Verdacht" 
aber eben nicht richtig aufgeloest wurde, 
oder welche Angaben aus einer Literaturliste besten Gewissens 
genau abgeschrieben wurden, aber von deren Autor leider verstuemmelt
wurden.... bis hin zu erfundenen, aber immer wieder verwendeten 
Literaturangaben, oder gar nach der Erinnerung zitierten 
und und und und und. 

Da alle Bibliothekare dies in ihrer Ausbildung 
wenigstens ein Jahr lang jeden Morgen ein paar Stunden mitmachen, 
mit dem, was die geschaetzten Leser hoffnungsfroh abliefern,
	{manche machen das ein Leben lang-}
haben sie ganz natuerlich einen kleinen Erfahrungsvorsprung, 
wenn es um den Alltag in der Fernleihe geht.

So hat man schnell mit 20% der Fernleihen 80% der Arbeit - 
andererseits kann man das Problem-Fuenftel nicht einfach 
zurueckgeben und die Lesenden selber suchen lassen: 
Die fragen dann naemlich die Spezialisten fuer's Bibliographieren
und damit sind wir wieder bei den Bibliothekaren.

Mag sein, mit Medizinliteratur gibt es da fast nie Probleme,
die Bibliotheken haben aber auch noch jede Menge anderer Kunden
mit deren eigenen Themen.

"Leitweg"

Der _Leitweg_ wird festgelegt, das ist konkret der Briefumschlag an 
diejenige Bibliothek, an die man den jeweiligen Zettel weiterschickt.
Diese Entscheidung treffen erfahrene Mitarbeitende. Sie waehlen
die Bibliothek aus, die genau diesen Titel am besten/schnellsten
liefert - falls man nicht herausfinden konnte, wer den Titel besitzt -
welche ihn haben koennte.
Das koennte zum einen eine der Sondersammelgebietsbibliotheken der DFG
sein, zum anderen die fuer den Verlagsort zustaendige
Pflichtexemplarbibliothek (darum der Verlagsort) oder bei aelterer
Literatur der konventioenlle Zentralkatalog der Region, der
die Besitzinformationen fuer diejenige Literatur aus verflossenen
Jahrzehnten und Jahrhunderten nachweist, die sich (noch lange) 
nicht in den Verbundsystemen (SUBITO: Zugansgsystemen) findet. 
{Im GBV (PICA) wird der Leitweg automatisch vergeben -
natuerlich nur fuer Titel, die in der Datenbank stehen}

Schliesslich werden die Zettel mit dem Buecherauto 
oder per Post verschickt.

Nota bene:
All diese Kosten sind in den 10,00 DM auch enthalten.

{Schon dank der zentralen Zeitschriftendatenbank ZDB
ist allerdings die Suche nach Zetischriftenartikeln, 
die dann als Kopien fuer 10,00 versandt werden,
einiges einfacher, als die Suche nach Monographien}

|> Es gibt ja eine ganze Reihe kommerzieller Dokumentlieferanten,
|Waren aber kleine Klitschen, also dann Handarbeit bei denen.
entfaellt wohl.

|> Wie stellen Sie sich das Umwandeln Ihres Eigenformates
|> in das Format des Dokumentanbieters vor ?
|> Datenbanksystem, Feldauswahl, Feldbezeichnung,
|> Erfassungsregeln, Zeichensatz von hunderten Endnutzern
|> duerften hunderte Mal andere sein.
|> Da bliebe nur das Anpassen der persoenlichen Datenstruktur
|> an jede derartige Web-Schnittstelle....

|Soviele "derartige Web-Schnittstellen", besser Mailrobots, wuerde es  
|nicht geben, sondern z. B. eine(n) fuer Subito. So, wie ich jetzt aus  
|verschiedenen Datenbanken importiere, kann ich natuerlich auch einen  
|beliebigen ASCII-Output im gewuenschten Format erzeugen.

|> Wir uebersehen dabei generoes, dass Subito davon ausgeht, dass man
|> zuerst
|> 	in einer Datenbank ("zugangssystem") recherchiert
|> 	UND _intellektuell_ feststellt:
|> 	Ja, DIES ist mein gesuchtes Objekt.
|> 	Das koennte man naemlich mit Ihren Literaturzitaten NICHT.

|Diesen Einwand verstehe ich nicht. 
Zum einen habe ich oben schon vielfaeltige Moeglichkeiten genannt, 
warum man Fernleihscheine mit dem Kopf lesen muss: 
der maschinelle Abgleich klappt oft nicht.  

Aber nehmen wir einmal an, sie haetten etweas ganz Fehlerfreies 
aus einer Fachdatenbank. Dann koennen sich immer noch die Spielregeln
unterscheiden, nach denen man aus der Vorlage die Daten formt:
die Bibliotheken haben andere Regeln als die Ersteller einer der vielen 
Fachdatenbanken.

Schon die Schreibweisen von Autoren koennen sich unterscheiden.
Da gibt es in amerikanische Datenbanken kein "ue", wohl aber in deutschen,
kyrillisch geschriebene Autoren werden in deutschen Katalogdatenbanken
anders translitteriert als sie die Amerikaner transskribieren, 
Namen von Koerperschaften (Akademien, Firmen, Staedte,..) 
und Kongressen werden anders "angesetzt" (im amerikanischen 
Bereich z.B. in der englischen Schreibweise, bei uns nach 1:1
Umsetzungstabellen....., "Translitteration") 
und und und

{dies nur einige adhoc-Beispiele aus der bibliothekarischen Welt,
das Problem des maschinellen Abgleichs gibt es seit Jahrzehnten
beim maschinellen Mischen bibliographischer Daten verschiedener
Provenienz; Stichwort automatische "Dublettenkontrolle"
und das waere das Problem mit dem automatischen Uebernehmen
von Daten aus privaten und anderen Literaturdatenbanken.
Und das wird es sicherlich weder mit Subito noch sonstwie geben;darum
liefert das Dokument immer am einfachsten der Hersteller 
einer Datenbank - wie bei Subito auch}

Es hat also einen Grund, warum man zum Erstellen von 
Erstkatalogisaten eine Fachhochschulausbildung braucht:
	das Objekt "Publikation" hat 
	ziemlich viele Eigenschaften.
Auch in den USA werden dem Vernehmen nach 
Originalkatalogiseure ziemlich gut bezahlt.
{Bitte, dies ist keine Argumentation pro RAK-X, AACR, o.ae.}

|Ich importiere aus Medline (ASCII- 
|download) sagen wir 70 Literaturstellen nebst Abstracts in meine  
|Literaturverwaltung - geht natuerlich automatisch. Nach Vorauswahl  
|dort erzeuge ich eine Druckdatei, die mir in einem Rutsch z. B. 15  
|Fernleihscheine bedruckt. Die steckt meine Sekretaerin in einen  
|Briefumschlag an die Bibliothek.
|Der Vorgang wird auf Frist gelegt und nach 6 Wochen wird 'mal wieder  
|bei der Bibliothek vorbeigeschaut (weil die Poststelle (!) der  
|Bibliothek es nicht geregelt bekommt, ihren Nutzern Artikel zuzusenden  
|- nicht 'mal gegen Nachnahme).

|Verglichen hiermit ist Subito um ein vielfaches zeitaufwendiger, vom  
|umstaendlichen Umgang mit als email vorliegenden gescannten Texten  
|ganz zu schweigen.

Eine der wirtschaftlich interessanten Aspekte von Subito ist, 
dass ein Grossteil der oben geschilderten Sucharbeit 
kunftig auf die Lesenden selber entfaellt.
 
Was Sie im Subito-Zuganfssystem finden, finden Sie. 
Und wenn nicht ? 
Dann werden die weniger Informierten sagen:
Schoener Mist, haben die nicht ! 
oder - wenn sie klueger geworden sind -
doch wieder eine Fernleihe aufgeben.
Vielleicht dann mit einem HTML-Formular,
aber hinter den Kulissen bleibt alles beim Alten.

Das aendert sich erst mir der fortschreitenden 
Retrokonversion der grossen Kataloge und 
der Zentralkataloge im naechsten Jahrzehnt.
Wuerde mich freuen, wenn's schneller ginge.

Schoen, dass Sie eine Loesung beim GBV gefunden haben,
viele Gruesse

hbk :-)
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