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Re: AACR-Umfrage: Nachlese



Das Wort zum Bibliothekartag ;-)

> Abzuwarten bleibt nun, wie die Entscheidungstraeger auf dem
Bibliothekartag
> und im weiteren Verlauf des Verfahrens mit den Ergebnissen der Umfrage
> umgehen werden. Wird man sie ernst nehmen oder klein reden? Oder anders
> gesagt: Ist das deutsche Bibliothekswesen reif fuer demokratische Formen
> der Meinungsbildung und Sachdiskussion?

So interessant es auch ist ein Meinungsbild zu gewinnen, es kann und es darf
nicht sein,
dass man in Deutschland Fragen die durch Fachkenntnis entschieden werden
müssen,
und dazu studiert man Bibliothekswesen, quasi durch Mehrheitsvoten zu
beeinflussen versucht.
Fachfragen müssen durch Fachkenntnis entschieden werden!

Über den systematischen Fehler eines solchen Meinungsbildes sind sich
vermutlich die meisten ohnehin bewusst,
und auch das ist eine Frage von Fachkenntnis.

> Auch das DBI war streng
> genommen keine solche, hat aber de facto meistens so gewirkt. Vielleicht
wurde es
> deshalb als laestig empfunden...  Jetzt ist es weg, und das bedeutet: wer
jeweils
> die Macht irgendwie ergreift, der hat sie. Es sei denn, "demokratische
Formen der
> Meinungsbildung und Sachdiskussion" bilden sich heraus und werden nicht
ignoriert.

Demokartie ist überall dort wichtig, wo kein wirkliches Wissen vorhanden
ist.
Aber Wissen durch Demokratie zu ersetzen ist abenteuerlich, insbesondere
dann,
wenn man damit demonstriert, dass man keine ausreichende Wissenschaft hat.

Die Richtigkeit des Satzes:
> Was Kataloge betrifft: nichts ist fuer gute Bibliotheksarbeit wichtiger
als gute
> Kataloge. Die kommen aber nur durch Einigkeit in der Sache zustande und
durch
> positives Engagement fuer diese Sache. Durch Ziehen am selben Strick in
dieselbe
> Richtung. Das ist so banal, dass ich es nicht extra sagen muesste.

ist davon abhängig wie präzise wir "Kataloge" definieren. Der Katalogos als
Aufzählung der selbständigen Werke,
die eine Bibliothek besitzt, ist heute sicher nicht mehr das Wichtigste
einer Bibliothek.
Tatsache ist, dass die Dokumentation des letzten Jahrhunderts hier eine
Revolution durch die
Online-Datenbanken, über die Volltextdatenbanken bis hin zu den
Multimedia-Datenbanken und nun zu den Wissensbanken gebracht hat,
die wir unmöglich alle als Kataloge subsummieren können, wenn wir keine
Sprachverwirrung hervorrufen wollen.

Außerdem wären ja gerade die AACR der Versuch einer internationalen
"Einigkeit in der Sache",
und mit Sicherheit hat die Globalisierung in den Bibliotheken schon vor
hundert Jahren begonnen.
Für diesen Gedanken erhielt Lafontaine den Friedensnobelpreis.

Wie schön, wenn Bibliothekare auch in Deutschland wieder so zukunftsweisend
wären, wie sie es einmal waren,
und nicht mehr so kleingläubig und beharrend, als müssten wir noch die
letzten Katalogkästen retten.

Als Harnack 1921 für die Bibliothekswissenschaft eine "Nationalökonomie des
Geistes" forderte,
war er seiner Zeit wahrlich weit voraus, wie schön, wenn ihn in Augsburg im
Jahre 2002 einige einholen würden. (Bernhard Fabian sei es gedankt, diese
Gedanken in : Harnack, A. v.: Rede zur Zweihundertjahrfeier der Akademie. S.
193 In: Wissenschaftspolitische Reden und Aufsätze - Hildesheim,
Olms-Weidmann (2001) neu herausgegeben zu haben.


MfG

W. Umstätter




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