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Re: DigiZeitschriften



Inken Koehler wrote:
> 
> Lieber Herr Graf,
> 
> über DigiZeitschriften wurde bereits mehrmals in der InetBib Liste
> diskutiert. Wir erinnern uns zum Beispiel an einen Beitrag von Ihnen
> zu diesem Thema im Februar letzten Jahres. Unter anderem mit den
> Worten: "Das neue Projekt finde ich einfach nur widerlich." Aber es
> ist schön zu hören, dass Sie trotzdem weiterhin darüber informiert
> sein möchten. Auch im Sinne der anderen InetBib-Leserinnen und
> Leser machen wir das selbstverständlich weiterhin gerne.

Es geht nicht im geringsten darum, ob ich informiert werde. Es geht
darum, dass in angemessener Form ueber Fortschritte des bedeutsamen
Projekts (wie immer man dazu steht) unterrichtet wird. Dazu sollte man
die informationelle Infrastruktur des deutschen Bibliothekswesens, zu
der die Liste INETBIB wesentlich gehoert, nutzen.

An meiner grundsaetzlichen Einschaetzung des Unternehmens hat sich
nichts geaendert. DigiZeitschriften ist nichts anderes als JSTOR und
MUSE. Durch die retrospektive Digitalisierung von gemeinfreien Texten,
deren Urheberrecht erloschen ist im wesentlichen Artikel des 19. Jh.),
im Rahmen eines Bezahlangebots, das die wichtigsten disziplinaeren
deutschsprachigen Zeitschriften erfasst, wird ein schwerwiegender
Anschlag auf die Public Domain veruebt, denn fuer eine alternative
Digitalisierung, die diese Texte kostenfrei weltweit zugaenglich macht
(was die von der Goettinger SUB unterzeichnete BOAI fuer aktuelle
Zeitschriftenartikel fordert), ist dann erst einmal kein Anreiz mehr
gegeben.

So wird sich etwa die digitalisierungsfreundliche Bibliothek der MGH
ueberlegen, ob aeltere Jahrgaenge des "Archivs der Gesellschaft", die
fuer DigiZeitschriften vorgesehen sind, gescannt und der allgemeinen
wissenschaftlichen Oeffentlichkeit zur Verfuegung gestellt werden
sollen.

Wenn keine ausdrueckliche oeffentliche Korrektur seitens der
Verantwortlichen erfolgt, lege ich die folgenden Behauptungen als wahr
zugrunde:

1. Nach Abschluss des Projekts stehen alle digitalisierten
Zeitschriften, also auch die urheberrechtlich nicht mehr geschuetzten
des 19. Jh., vermutlich mit Ausnahme einer kleinen Menge von
Beispieljahrgaengen, nur gegen Bezahlung (Abonnement einer Bibliothek)
zur Verfuegung.

2. Die derzeit im Demoserver kostenfrei zugaenglichen Jahrgaenge werden
nach Abschluss des Projekts in das Bezahlangebot integriert und stehen
dann nicht mehr kostenfrei zur Verfuegung.

Das Projekt setzt sich - mit Wissen und Billigung von Boersenverein, VG
Wort - ueber die eindeutige Vorschrift des § 31 Abs. 4 UrhG hinweg. Dass
der Boersenverein versucht, § 31 Abs. 4 auszuhebeln
www.urheberrecht.org/topic/Info-RiLi/st/StellungBoevErg.pdf
aendert nichts an der Tatsache, dass der RegEntwurf geplante Novelle
nichts an dieser Vorschrift aendern will und dass die Einstellung von
neueren Fachzeitschriften auf dem Demoserver gegen geltendes deutsches
Urheberrecht verstoesst:
http://remus.jura.uni-sb.de/faelle/onlinebibliothek.html

Wie viele andere betroffene Autoren frage ich mich, wie
DigiZeitschriften mit den Einspruechen von Urhebern umgehen will, die
nicht bereit sind, ihre Artikel im Rahmen eines Bezahlangebots zur
Verfuegung zu stellen. Elsevier hat in einem solchen Fall den Artikel
einfach aus seiner Online-Datenbank entfernt:
http://log.netbib.de/archives/m/200301#78593545 (mit Kommentar)

Klaus Graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.