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Re: AW: Gebühren für Internet-Mutzung



Hallo Frau Strauch,

Ingrid Strauch schrieb:

> Sie nehmen den Blickwinkel der Bibliothek ein, waehrend
> ich die mutmassliche Sicht des Benutzers beschrieb, der feststellt,
> dass er privat billiger surft als ueber die OEB. Der Privatmensch
> betreibt keine "Kostenkalkulation", bei der er Hard- und
> Softwarekosten auf die Zeit umrechnet. Den PC hat er ja sowieso.
> Der Privatmensch vergleicht die aktuell anfallenden Kosten und
> sieht schlichtweg, dass die OEB zu hohe Preise nimmt.

Stimmt, die wenigsten Computerkäufer kaufen ein Gerät NUR, um ins Internet zu
kommen. Ich bin ebenfalls der Meinung, daß Information Allgemeingut ist und
ungehindert und (besonders in öffentlichen Bibliotheken) kostenfrei zugänglich
sein sollte. Allerdings (um auch mal ein Zitat anzubringen) : "man wär' gern
gut / und nicht so roh / doch die Verhältnisse / sie sind nicht so!"
Als ich vor 5 Jahren mit der Idee bei unserem damaligen Kulturdezernenten
vorstellig wurde, einen Internetzugang in der Bibliothek einzurichten, wurde
dies schlicht abgeschmettert mit der Begründung, daß für zusätzliche Angebote
kein Geld zur Verfügung stünde. Als Alternativen stellten sich uns einfach nur
die Optionen : Geld fürs Internet kassieren oder es halt mit dem
Internetangebot bleiben zu lassen.


> Die Finanzmisere ist zweifellos nicht den OEBs anzulasten. Als
> Reaktion seitens der OEBs ist zum einen politisches Handeln auf
> lokaler und ueberregionaler (Verbaende) Ebene gefragt.
> Zum anderen waeren, wie auch bei Thomas Numbergers Re:
> anklingt, als Loesung veraenderte Prioritaetensetzungen
> seitens der OEB zu in Betracht zu ziehen.

Dazu hätte ich auch ein paar Anmerkungen : siehe dort  :-)


> > 2. Könnte der deutliche Zusatznutzen für den Benutzer von
> Internet-Zugängen in
> > öffentlichen Bibliotheken nicht darin
> >     bestehen, daß der/die Benutzer/in eine medienkompetente Fachkraft bei
> > Bedarf um Rat fragen kann ...?
>
> Daran und an den Medienmix in der Bibliothek hatte ich gedacht.
> Allerdings teile ich 1. die von Klaus Graf geaeusserte Skepsis
> bezueglich der Beratungsqualitaet, frage mich 2. ob Benutzer
> bereit sind, auch bei guter Beratungsqualitaet dafuer zu zahlen.

Letzteres wohl kaum : man geht halt davon aus, daß dafür BibliothekarInnen
schließlich da sind und von Steuergeldern bezahlt werden - und die Ansicht ist
völlig korrekt.


> Wir haben in dieser Diskussion den Nutzer mit eigenem
> Internetanschluss im Blick. Haben Sie (oder andere INETBIBs)
> eine Erhebung dazu gemacht, wie viele Benutzer mit eigenem
> Internetzugang die Rechercheprofis aufsuchen, nachdem sie
> zu Hause keinen Rechercheerfolg hatten?

Nein, wir haben darüber zwar keine Erhebungen gemacht, allerdings die
Erfahrung, daß  ehemalige Nutzer unserer Internetzugänge, nachdem sie sich
einen eigenen Anschluß zugelegt haben, gerne zu uns kommen und um Rat bei
Problemen fragen. Hier ist dann aber fast ausschließlich Hilfe zur Selbsthilfe
gefragt, etwa, wie man wo erfolgreich sucht oder ob und wie man in seinem
Browser den kyrillischen Zeichensatz aktivieren kann...


> > > Es ist abzusehen, dass bald ein betraechtlicher Anteil
> > > an Privathaushalten ueber einen Internetzugang verfuegt.
> >
> > Genauso, wie bald jederman/frau ein Handy am Handgelenk trägt und alle
> > öffentlichen Telefonzellen zu eBook-Ladestationen umgewidmet werden
> können.
> > Aber bis dahin dauerts halt noch ein wenig...
>
> Wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, dass die OEB getrost
> solange die hohen Gebuehren verlangen kann, bis zu viele Nutzer
> nicht mehr auf Sie angewiesen sind und ihr den Ruecken
> kehren?

Ich bin nach wie vor nicht der Meinung, daß UNSERE Gebühren für die
Internetnutzung zu hoch sind. Wie schon erwähnt, finanziert das Internetangebot
bei uns ein Verein, die Gebühren fließen direkt in die Deckung der laufenden
Kosten und werden für Reparatur/Neuanschaffung von Gerät verwendet. Alle
Mitglieder arbeiten ehrenamtlich, es gibt keinerlei Vergütungen, Spesen, aus
der Vereinskasse finanzierte Fahrten ins Blaue oder ähnliches, trotzdem
erwirtschaftet der Verein keinen Gewinn - will sagen : die Gebühren decken
einzig und allein die Kosten.

> Die OEB muss ihren Zusatznutzen im Bewusstsein der Nutzer
> verankern, ehe es zu spaet ist. Wissen Sie, wie viele
> potentielle Surfer sich gar nicht erst an Sie wenden, nachdem
> sie die Preise gesehen haben?

Nein. Aber, mit Verlaub : Sie wissen es auch nicht !
Ich glaube sogar überhaupt nicht, daß irgendein potentieller Nutzer, der auf
der Suche nach konkreten, für ihn wertvollen  Informationen sucht, sich von den
paar Pfennigen Gebühr abschrecken läßt (im Gegensatz vielleicht zu Surfern, die
das Ganze als Selbstzweck betreiben, "Surfing for Fun", sozusagen). Und da sich
das Internetangebot in ÖBs m.E. in erster Linie an Informationssuchende
richtet,  möchte ich auch diese Klientel zuallererst gewinnen.
Ein (willkürliches, aber exemplarisches) Beispiel aus der Praxis : eine
Besucherin der Bibliothek möchte einem lieben Menschen ein Gedicht  von Erich
Fried widmen. Die bibliothekarische Kraft errät sofort, daß es sich um "Es ist
wie es ist" handeln muß. Der Gedichtband ist leider gerade ausgeliehen. Angebot
an die Leserin : durch Fachkraft "betreutes" Surfen im Internet,
Kostenvoranschlag (inkl. Ausdruck) : 50 Pfennig. Die Recherche im Internet ist
nach schon einer halben Minute erfolgreich, Leserin zahlt geforderte 30 Pfennig
und ist hoch zufrieden. O-Ton : "So einfach und so schnell geht das ...?"

> Sogar die Telekom scheint erkannt zu haben, dass sie sich
> mit hohen Gebuehren keinen Gefallen tut und kuendigt eine
> guenstige Flatrate fuer TDSL an.

Sie tut dies aufgrund plötzlich vorhandener Konkurrenzanbieter, die es gilt,
mit Dumpingangeboten in den Boden zu stampfen - auf die Gefahr hin, den eigenen
Karren in die roten Zahlen und an die Wand zu fahren.

> Ich erinnere mich an ein Posting aus einer Berliner Stadtbibliothek
> (Kreuzberg?), die um Gebrauchtteile bat, um sich selbst PCs
> zusammenzustricken (traurige Verhaeltnisse, aber Hut ab vor
> der Bibliothek!).
>
> Das mag ein Extremfall sein, aber: muss es alle drei
> Jahre eine Neuausstattung fuer 4000 DM sein? Muss auch die
> Peripherie ausgetauscht werden? Reichen nicht eine groessere
> Festplatte und eine Speichererweiterung? (Dies auch als Re:
> an Daniel Roedding)

Ja! Wir z.B. hatten bis vor kurzem einen PC am Netz, der "nur" einen 133er
Prozessor hatte und halt einen Tick langsamer war als der übrige Rechnerpark.
Dieser PC galt als "lahm" und wurde gemieden - man verzichtete lieber und kam
später wieder.

> [...] Wuenschenswert aus bibliothekarischer Sicht ist
> Gebuehrenfreiheit. Wenn Gebuehren unvermeidbar sind, kommen
> nur Jahresgebuehren (= nutzungsunabhaengige Gebuehren) in
> Betracht, evtl. fuer Wenignutzer ergaenzt durch die Option einer
> Ausleihgebuehr. Am weitesten verbreitet sind Jahresgebuehren.
> Dem widerspricht in der Tat die nutzungsabhaengige Surfgebuehr.

Bliebe das Problem des fehlenden Regulativs über nutzungsabhängige Gebühr :
woher das Geld (und den Platz) für den daraus resultierenden immensen Bedarf an
Internet-PCs nehmen ...?

--

Mit freundlichem Gruss,
Gerhard Kuehn

-------------------------------------

Gerhard Kuehn
Stadtbuecherei Wilhelmshaven
Virchowstr. 29
D - 26382 Wilhelmshaven

04421/161667
http://www.whvserve.de/stadtbuecherei




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