[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

AW: Gebuehren fuer Internet-Nutzung



Hallo Herr Numberger,

zunächst meinen Dank, daß sie die Diskussion wieder auf die wesentliche
bibliotheks-/ bildungs- /sozialpolitische Grundfrage zurückführen. Hier mal
ein paar erste Gedanken, die vor allem von der Alltagserfahrung geprägt
sind:
1. Die Erhebung von Gebühren für die Nutzung der öffentlichen
Internetanschlüsse wird sich tendenziell nur noch eine begrenzte Zeit halten
(lassen). Zum einen verändert sich das Bewußtsein in der Lokalpolitik, so
daß diese Dienstleistung auch offiziell förderfähig wird und nicht durch
(heimliche) "Refinanzierung" ausgebaut werden muß. Zum anderen wird der
Markt diese Gebühren bald nicht mehr hergeben (steigende Anzahl
Privatzugänge). 
2. Ein dauerhaftes Problem sehe ich in der Mehrfachnutzung dieses Mediums.
Auch bei uns nimmt der Kommunikationsfaktor (chatten, mailen) einen
erheblichen Nutzungsanteil ein. Da dieser Nutzungsaspekt aber technisch nur
mit Mühe (wenn überhaupt) unterdrückt werden kann, dient die Internetgebühr
momentan auch als Steuerungsinstrument. Eine finanzielle Freigabe wuerde
unser Haus mit Chattern und Mailern füllen und dem "ernsthaft"
Informationssuchenden kaum eine Zugangschance lassen.
3. Die Bibliothek als Treffpunkt und Ort der Kommunikation, wie sie vor
einigen Jahren mal stark propagiert wurde, war wohl bislang zumindest nicht
im Sinne einer weltweiten, sondern eher einer lokalen Kommunikation gedacht.
Ist eine bibliothekarische "Bewußtseinserweiterung" und ein erweitertes
Angebot in diese Richtung sinnvoll und zukunftsfähig ? 
4. Wir versuchen einen Mittelweg über ein erweitertes kostenfreies online
Angebot zu schaffen: http://www.medienzentrum-biberach.de/opac2.htm : Nach
Nutzungsanalyse entscheiden wir über einen eventuell weiteren Ausbau.
5. Ein weiteres Problem ergibt sich ja bei der Nutzung kostenpflichtiger
Datenbankangebote. Freigeben(mit einer unkalkulierbaren Kostenkonsequenz),
subventionierte Nutzung anbieten als neue Servicefunktion (dahin geht
momentan unser Weg), kostendeckende Nutzung anbieten oder diesen
Informationsbereich nicht beachten ? 
6. Auch hier haben öffentliche Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft und
deren Nutzer aus sozial- und bildungspolitischer Sicht die schlechteren
Karten. Da eine Subventionierung wie im wissenschaftlichen Bereich
vermutlich nie wird erfolgen können, wird Otto Normalbürger nicht nur für
die Ausleihe, sondern auch für eine bestimmte Informationstiefe zunehmend
zahlen müssen (s. a. Tendenz zur Kostendeckung bei subito). 
7. Ich meine, wir sollten versuchen, das Bewußtsein in der Politik für das
wachsende Gewicht dieser Ungleichbehandlung zu stärken. Es reicht nicht aus,
daß Bund / Länder ein kostenfreies Netz (wie z.B. in BaWü) oder 700
Medienecken wie in der DBV-Telekom-Initiative zur Verfügung stellen. Um ein
stärker werdendes Informationsgefälle zu vermeiden, sind Subventionen (in
welcher Form auch immer)nicht nur für Hardware, sondern auch zur
Erschliessung größerer Datenbereiche und zur Vermittlung der nötigen
Medienkompetenz notwendig. 

In Erwartung einer fruchtbaren Diskussion

Frank Raumel


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Thomas Numberger [mailto:navigate _at__ machno.hbi-stuttgart.de]
Gesendet am: Dienstag, 22. August 2000 01:21
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: Gebuehren fuer Internet-Nutzung

Hallo !

Rechnerei und Polemik hin oder her, aber was fuer mich nicht
nachvollziehbar ist:

Warum geben Bibliotheken immer noch sehr viel Geld fuer Printmedien
aus und verlangen prozentual gesehen dafuer aber nur relativ geringe
Gebuehren. Bei Einsatz von neuen Medien wird dagegen verglichen mit
dem Printeta relativ wenig ausgegeben, dafuer aber penibel genau auf
Rueckerstattung saemtlicher Kosten durch die Benutzer
geachtet. Eigentlich muesste man doch im Sinne der Gleichbehandlung
aller Medien die Etas fuer elektronische Medien erhoehen und im
Gegenzug die Benutzungsgebuehren fuer Printmedien ebenfalls deutlich
anheben.

Oder warum duerfen Bibliotheken bei elektronischen Medien keinenfalls
Verluste machen, waehrend sie dies bei Printmedien ja seit jeher tun ?


bye and logout
---------------------------------------------------------------
Thomas 'navigate' Numberger
navigate _at__ machno.hbi-stuttgart.de       navigate _at__ CyberJunkie.com
http://Thomas.Numberger.dhs.org  http://machno.hbi-stuttgart.de


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.