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E-Publizieren - Volltext Teil 2



(Forts. Klaus Graf ueber E-Publizieren)

Weltweit gibt es zwar eine Vielzahl von Initiativen, aber
die 2001 gestartete Budapest Open
Access Initiative ist doch so etwas wie eine gemeinsame
Plattform, die ich - in Anbetracht der 
kurzen Zeit ihres Bestehens - als durchaus erfolgreiche
Integrationsanstrengung bezeichnen
möchte. Ihr Erfolg beruht nicht zuletzt auf ihrer
Konsensfähigkeit - sie richtet sich nicht 
gegen Bestehendes, sondern propagiert einen alternativen
Weg - und einer Bündelung des Problems
des wissenschaftlichen E-Publizierens, das ganz auf die
Frage der Zeitschriftenliteratur
reduziert wird.

Ich möchte im folgenden dieses Bündel wieder aufschnüren,
indem ich auch andere
Problembereiche als die Zeitschriften in den Blick nehme.

Tiefere Ursache der genannten Protest-Bewegungen ist die
Krise der wissenschaftlichen
Literatur, am schockierendsten greifbar in der Entwicklung
der naturwissenschaftlichen
Zeitschriftenpreise.

Emotionaler Zugang:
http://www.library.uq.edu.au/priceshock/index.html

Nochmals der Nobelpreisträger Varmus: "Das
wissenschaftliche
Veröffentlichungswesen läuft Amok, der ganze Prozess ist
völlig verzerrt. Es gibt Journals,
nicht mal besonders gute, die verlangen für ein
institutionelles Abonnement bis zu 15 000
Dollar pro Jahr - das ist irrational, denn es behindert den
Austausch von Information zwischen
den Forschern".

Nun sind geisteswissenschaftliche Zeitschriften im
Vergleich zu naturwissenschaftlichen noch
einigermaßen erschwinglich. Aber der Wurm sitzt trotzdem
tief im System und zwar nicht nur
im Zeitschriftenbereich. Ich will dies am Beispiel eines
Projektsammelbands demonstrieren, der
mit öffentlichen Mitteln vierfach subventioniert wird.

Zunächst einmal zahlt der Steuerzahler die Arbeitslöhne der
beteiligten Wissenschaftler des
Projekts und ihre Recherchekosten in Form von Sachmitteln.
Er finanziert eine Tagung mit
auswärtigen Experten, die natürlich in der Regel ebenfalls
öffentlich alimentiert werden, also
Reise- und Aufenthaltskosten. Für die Erstellung der
Aufsätze für den Tagungsband erhalten die
Autoren keinen Cent Honorar, sie müssen sich üblicherweise
mit einem Freiexemplar des
Bandes und vielleicht 15 bis 20 Sonderdrucken ihres
Beitrags begnügen.

Nun treffen die Manuskripte ein. Die zweite
Subventionierung besteht darin, daß die gesamte
Redaktionsarbeit - insbesondere das zeitaufwendige
Vereinheitlichen der Zitierweisen und die
einheitliche Formatierung des Bandes - in den Händen von
Hilfskräften und weiterem Personal
des Lehrstuhls einschließlich der Sekretärin liegt.

Die fertige Diskette wandert zum Verlag, der natürlich kein
weiteres Lektorat vornimmt,
sondern die Verfilmung und den Produktionsprozess
einleitet. Bevor aber die Druckmaschinen
angeworfen werden können, gehen nicht selten Jahre ins
Land, denn es müssen hohe
Druckkostenzuschüsse beigebracht werden. Der Verlag hat
einen Mindestabsatz kalkuliert und
möchte für die Differenz zu den Herstellungskosten kein
unternehmerisches Risiko tragen. Der
Herausgeber begibt sich also auf eine derzeit immer
schwieriger werdende Betteltour zu
öffentlichen Geldgebern und Stiftungen, wobei Institutionen
wie die DFG darauf achten, daß die
Zuschüsse nicht dazu verwendet werden, den Band
erschwinglicher zu machen. Das ist die
dritte Subventionierung.

Nun ist der Band auf dem Markt und kostet 150 Euro, was den
Kreis der privaten Käufer
erheblich einengt. Es greifen also vor allem
wissenschaftliche Bibliotheken des
deutschsprachigen Raums zu, deren immer geringer werdende
Ankaufsmittel von der
öffentlichen Hand aufgebracht werden. Das ist die vierte
Subventionierung.

Sieht man von dem immateriellen Gewinn der Wissenschaftler
ab, die eine ansehnliche
Publikation ihrer Veröffentlichungsliste hinzufügen und
Sonderdrucke verschicken können, so
profitiert letztlich nur der Verlag. Der Staat kauft seine
eigenen Forschungsergebnisse
sozusagen zurück.

Die extremen Rationalitätsgewinne durch EDV-gestützte
Druckherstellung wurden von den
wissenschaftlichen Verlagen nicht an das Publikum
weitergegeben. Die Bücher wurden
durchaus nicht billiger, obwohl heute jeder Autor dank
seines Textverarbeitungsprogramms
zugleich sein eigener Setzer ist. Von einem Lektorat kann
auf Verlagsseite ohnehin meist keine
Rede mehr sein. Der Verlag sorgt für den Druck, die
Lagerung und den Vertrieb der Bücher, er
macht günstigenfalls ein bißchen Werbung und verschickt ein
paar Rezensionsexemplare, wobei
es durchaus vorkommt, daß Zeitschriften leer ausgehen, weil
das dafür vorgesehene Limit
überschritten ist.

Es leuchtet unmittelbar ein, daß bei einer digitalen
Distribution unseres Beispielbandes die
öffentliche Hand große Summen einsparen könnte. Sie zahlt
weiterhin die Wissenschaftler und
die Hilfskräfte - nur daß letztere ihre Redaktionsarbeit
darauf konzentrieren, PDFs für den
eigenen Schriftenserver der Hochschule zu erstellen. Wer
eine gedruckte Ausgabe möchte, kann
sie sich selbst ausdrucken oder eine Firma mit der
Herstellung eines Exemplars im 
Print-on-Demand-Verfahren beauftragen. Im digitalen Medium
können auch Bilder oder multimediale
Materialien kostengünstiger integriert werden. Nach der
digitalen Veröffentlichung steht der
Band weltweit allen Internetnutzern zur Verfügung, die des
Deutschen mächtig sind - also
beispielsweise Forschern aus den Staaten der Dritten Welt,
deren Bibliotheken sich teure
Fachbücher kaum leisten können, aber auch interessierten
Bürgerinnen und Bürgern. Die
mitunter beträchtlichen Wartezeiten zwischen
Manuskriptablieferung und Publikation, für
Autoren in sich rasch entwickelnden Fachgebieten besonders
ärgerlich, schrumpfen zusammen,
soweit sie im Verantwortungsbereich des Verlags angesiedelt
waren. Meist können nur wenige
Bände einer Reihe in einem Jahr erscheinen, und wenn der
Verlag generös eigene Gelder
zuschießt, gilt dies besonders. Bei sofortiger Publikation
auf einem Server entfällt zumindest
dieses Warten - gegen den üblichen Lehrstuhl-Schlendrian
ist natürlich kein digitales Kraut
gewachsen.

Im naturwissenschaftlichen Bereich kommen Kosten für das
aufwendige
Begutachtungsverfahren (Peer Review) hinzu. Nach meiner
Erfahrung empfiehlt sich eine
Übertragung dieses Procedere auf die Geisteswissenschaften
keineswegs. Peer Review ist ein
Schlagwort, das zumindest auf unserem Feld nicht die
Bedeutung hat, die ihnen von vielen 
Open-Access-Aktivisten zugemessen wird.

Siehe dazu zuletzt:
http://www.earlham.edu/~peters/fos/2003_07_06_fosblogarchive.html#a105793633185864344

Was ist mit dem digitalen Äquivalent zur Lagerung der
Exemplare durch den Verlag? Ich
möchte nicht um den heissen Brei herumreden: die
Langzeitarchivierung digitaler Daten stellt
ein Problem dar. Während Tontafeln mit Keilschrift
Jahrtausende gehalten haben (sofern nicht
gerade US-Panzer über sie gerollt sind), wird die
Lebensdauer einer gewöhnlichen CD-ROM
auf dreißig Jahre geschätzt. Digitale Daten von
Internetservern müssen einer ständigen
Datensicherung unterzogen werden, die sie der neuesten
Technologie anpasst. Ich habe den
Eindruck, daß sich die maßgeblichen Verantwortlichen großer
digitaler Archive weltweit
intensiv und erfolgreich mit dem Problem der
Zukunftssicherheit befassen. Die Zukunft ist
offen, ein Restrisiko bleibt immer. Zunehmender
Dateiaustausch im wissenschaftlichen Bereich
wird zudem für para-institutionelle Sicherungen sorgen.
Auch wenn das Rechenzentrum in die
Luft fliegt, wird man künftig mehr und mehr Inhalte von
anderen Rechnern rekonstruieren
können. Bereits bestehende Dateistandards wie ASCII oder
Unicode, Formate wie PDF und
zukunftsweisende Technologien wie XML bürgen bereits heute
für ein gerüttelt Maß an
Zukunftssicherheit. Nicht zu vergessen das Internetarchiv
mit seiner genialen Wayback-Machine
- eine weitergehende Institutionalisierung dieser privaten
Initiative, die ihr langfristige
Kontinuität sichern könnte, ist durchaus nicht
ausgeschlossen.

Internetarchiv: http://web.archive.org

Und die Werbung? Hier liegt bei den
Hochschulschriftenservern (wie übrigens auch bei
manchen traditionellen Verlagen) allzuviel im argen. Ihre
Inhalte sind meist kaum in den
allgemeinen Suchmaschinen, die der durchschnittliche
akademische Internetnutzer nun einmal
als einziges Rechercheinstrument kennt, vertreten und damit
so gut wie unbekannt. Fachliche
Linksammlungen werten solche wissenschaftlich hochwertigen
Quellen so gut wie nicht aus,
dafür bastelt man gern die hundertste Liste der Homepages
der historischen Seminare. Wir
brauchen dringend eine serverübergreifende
Volltextsuchmaschine für Hochschulschriftenserver
und Digitalisierungsprojekte. Alle solche Archive müssen
schleunigst OAI-compliant werden
und über entsprechende Suchwerkzeuge wie OAIster
recherchierbar sein.

Suchmaschine OAIster
http://oaister.umdl.umich.edu/o/oaister/

Neu eingestellte
Arbeiten müssten über einen Neuigkeiten-Service wie einen
Newsletter oder ein Weblog
abfragbar sein und auch in die anderen fachlichen
Kommunikationswege eingespeist werden.

Wissenschaftliches Publizieren beschränkt sich aber nicht
auf Monographien und
Zeitschriftenartikel, die in unveränderlichen PDFs fixiert
auf Hochschulschriftenservern lagern.

Wer eine persönliche Homepage ins Netz stellen möchte, die
fachlichen Ansprüchen genügt,
und laufend aktualisierte Informationen wie Linklisten oder
Bibliographien enthält, die sich für
Hochschulschriftenserver nicht eignen, sollte kostenlosen
werbefreien Webspace erhalten
können, auch wenn er beispielsweise keine universitäre
Anbindung hat.

Und es geht natürlich auch um den ganzen Bereich der
Materialien, die im Zuge der Forschung
entstehen: quantitative und qualitative Daten und
beispielsweise auch Fotografien. Hier müssen
die wissenschaftlichen Institutionen in Zukunft klare
Regelungen finden, damit solche
Sammlungen nicht der privaten Willkür der beteiligten
Forscher überlassen bleiben, sondern als
digitaler Projektnachlass auch der zukünftigen Forschung
zur Verfügung stehen.

Was Magister- und Diplomarbeiten angeht, so wäre zu
überlegen, ob nicht eine digitale
Pflichtveröffentlichung aller akzeptierten Arbeiten dem
derzeitigen meines Erachtens
unhaltbaren Zustand, daß in solche Arbeiten investierte
Forschungsarbeit der Wissenschaft
meist verlorengeht, wirksam entgegenwirken könnte.

Für den Historiker besonders bedeutsam sind Quellen. Der
Editionstext neu angefertigter
Quelleneditionen sollte nach Möglichkeit nicht nur auf
CD-ROM beigegeben, sondern auch frei
zugänglich im Internet plaziert werden, da nur so eine
quellenübergreifende Suche gewährleistet
ist.

Hier anzuschliessen wäre der Problembereich der
Digitalisierung älterer, insbesonderer
vergriffener Forschungsliteratur, historischer Buch- und
Handschriftenbestände sowie von
Archivalien. Auf die vielfältigen, nicht selten nicht
koordinierten und daher immer noch recht
chaotisch wirkenden Bemühungen in dieser Hinsicht möchte
ich jedoch nicht näher eingehen.

Stattdessen will ich mich abschließend den Widerständen
zuwenden. Warum ist nur ein
winziger Bruchteil der aktuellen Forschungsliteratur im
Bereich der Geisteswissenschaften
online zugänglich?

Hier spielen sicher viele Faktoren zusammen. Ich möchte sie
in fünf Punkten zusammenfassen.

1. Eine gewisse allgemeine Internetscheu: Das Internet ist
nach Überzeugung der Skeptiker a)
überwiegend eine Müllhalde, b) nicht zitierfähig und c) wer
weiss, wie lange die Publikation
dort lesbar ist.

Darauf brauche ich hier wohl nicht mehr detailliert
einzugehen.

2. Das allgemeine Phlegma: zuviel Aufwand, keine Zeit.

Eine Lösung könnte darin bestehen, daß man sich von Seiten
des Eprint-Archivs die Datei
übergeben lässt oder sich mit den Hilfskräften verständigt,
die dann beispielsweise Seitenzahlen
der gedruckten Fassung nachtragen müssten.

Als Vorbild kann vielleicht das ambitionierte
OpenCourse-Projekt des MIT dienen, das eine
Fülle von Mitarbeitern beschäftigt, die sich bemühen, den
Professoren, ohne daß diese nach
Möglichkeit eigenen Aufwand haben, ihre
Unterrichtsmaterialien zu entlocken, damit diese frei
zugänglich ins Internet gestellt werden können.

3. Es lohnt sich nicht - das Internet ist nicht
karrierefördernd

Vor die Wahl gestellt, in einem angesehenen gedruckten
Organ zu publizieren oder
ausschließlich online, wird sich ein junger aufstrebender
Wissenschaftler in aller Regel für das
traditionelle Medium entscheiden - wer will es ihm
verdenken?

Eine Online-Zweitpublikation erscheint da schon eher
machbar, aber dazu müssen insbesondere
die Hochschulschriftenserver viel mehr auf die einzelnen
Wissenschaftler zugehen, spezielle
Vertrauensleute in den Gremien der einzelnen Fachbereiche
installieren. So wenig ein
Universitätsarchivar heute darauf warten darf, daß ihm
Aktenabgaben ins Haus geliefert
werden, so wenig dürfen die Verantwortlichen von
Hochschulschriftenservern darauf
verzichten, hochschulintern massiv für ihre Leistungen zu
werben.

Und warum nicht mit Anreizen arbeiten? Man könnte ja
vielleicht einmal ausprobieren, einen
beachtlichen Geldpreis für die beste Arbeit auf dem
Hochschulschriftenserver auszusetzen.
Denkbar wären auch leicht finanzierbare Honorierungen wie
Buchpräsente oder Eintrittsakrten
für den Alumni-Ball, die mehr oder minder symbolisch
demonstrieren, daß diejenigen Autoren,
die etwas digital beisteuern, die Arbeit der Hochschule in
bedeutsamer Weise unterstützen.

Arbeitsrechtlich könnte man das Heer der wissenschaftlichen
Mitarbeiter einer Hochschule dazu
verpflichten, die im Dienst entstandenen Publikationen der
Hochschule digital anzubieten. Dies
gilt nicht für die Hochschullehrer, die urheberrechtlich
nach wie vor mandaringleiche Rechte
genießen und deren Arbeitsergebnisse die Hochschule nach
derzeitigem Recht nicht in dieser
Weise abschöpfen darf. Aber das ist natürlich ein heikler
Punkt, denn die Mitarbeiter oder
Assistenten sind natürlich den Professoren zugeordnet, ohne
deren Zustimmung die Universität
bei einem solchen Vorgehen mit vorhersehbarem Ärger rechnen
müßte.

Einfacher zu bewerkstelligen wäre ein Art digitales
universitätsinternes Pflichtexemplar, das
durch Hochschulsatzung verfügt wird und den
Hochschulschriftenserver ermächtigt, all das zu
übernehmen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, was
sich auf von der Universität zur
Verfügung gestelltem Webspace befindet.

4. Die Furcht vor Plagiaten

"Wenn ich meine Sachen ins Internet stelle, so kann sie
dort doch jeder klauen!" Es handelt sich
um eine irrationale Angst vor einem allgemeinen
Kontrollverlust, die aber nicht mit harten
Fakten untermauert werden kann. Zwar erleichtert das
Internet das Plagiieren anscheinend
erheblich, wie die immer wieder aufgekochten
Sensationsmeldungen über angeblich massenhaft
aus dem Internet ihre Arbeiten verfertigenden Studenten
suggerieren wollen, aber es gibt
keinerlei empirischen Beweis, daß ernsthafte
wissenschaftliche Arbeit durch Plagiate via
Internet geschädigt worden wäre.

5. Die Unkenntnis rechtlicher Regelungen und restriktive
Verlagsverträge

"Ja darf ich das denn überhaupt oder muß ich da den Verlag
fragen?" Hier liegt in der Tat eine
gewaltige Hürde, wobei die Unkenntnis durch einen Hinweis
auf die klaren gesetzlichen
Regelungen noch am ehesten zu beseitigen ist. Wenn nichts
speziell vereinbart ist, gilt auch im
digitalen Bereich die Vorschrift des deutschen
Urheberrechtsgesetzes, daß der Autor eines
Zeitschriftenaufsatzes oder eines nicht vergüteten Beitrags
in einem Sammelband, etwa einer
Festschrift, zwar dem Verlag ein ausschließliches
Nutzungsrecht einräumt, ein Jahr, also 365
Tage, nach dem Erscheinungstag des Druckwerks aber
anderweitig darüber verfügen kann. Bei
Tageszeitungen gilt dies unmittelbar nach Erscheinen. Für
Altverträge vor ca. 1995 gilt
zusätzlich, daß in diesen damals noch nicht bekannte
Nutzungsrechte, also auch nicht die
Online-Nutzung, geregelt werden konnten. Ich habe daher für
meine 1987 erschienene
Dissertation die Erlaubnis bekommen, sie auf dem Tübinger
Hochschulschriftenserver digital
neu zu veröffentlichen - zwar schrieb mir der Verlag, er
teile meine Rechtsauffassung nicht,
aber eine rechtliche Auseinandersetzung erscheine ihm nicht
lohnend.

Mehr dazu:
http://www.uni-tuebingen.de/fb-neuphil/epub/graf/urheberrecht_autoren_graf.html

Aber schon allein das Wissen um die Existenz juristischer
Probleme ist eine nicht zu
unterschätzende Barriere. Das Ganze riecht nach Ärger, nach
Konflikt mit dem Verlag, den man
womöglich anbetteln oder mit dem man sich heraumstreiten
muß. Ärger aber will jeder Forscher
aus diesem Bereich des Publikationswesens tunlichst
verbannt wissen. Also empfiehlt es sich
für die Administratoren von Eprint-Archiven, die
Rechteabklärung in eigene Hände zu nehmen,
sobald der Autor seine Zustimmung gegeben hat.

Wie ist die Haltung der Verlage zur Open-Access-Bewegung?
Es gibt viele Verlage, die
überhaupt nichts gegen eine Online-Publikation einzuwenden
haben, es gibt aber auch Verlage,
die strikt dagegen sind.

Internationale Übersicht von ROMEO:
http://www.lboro.ac.uk/departments/ls/disresearch/romeo/Romeo%20Publisher%20Policies.htm

Allerdings wendet sich derzeit nur eine ganz kleine Zahl
von Autoren
mit entsprechenden Bitten in Deutschland an die Verlage. Es
ist zu befürchten, daß die derzeit
noch dominierende liberale Haltung mehr und mehr abgelöst
wird von strikten Verboten, zumal
die Open-Acess-Bewegung ja nun de facto den
Wissenschaftsverlagen Teile ihrer
Geschäftsgrundlage entziehen will.

Aber die wissenschaftliche Community ist dem strikten
Regime des geltenden Urheberrechts
durchaus nicht sklavisch ausgeliefert. Sie kann neue
Modelle und Regeln - etwa im Sinne der
eingangs genannten "digitalen Allmende" - auf vertraglicher
Basis für ihren Bereich in Kraft
setzen und ausprobieren. Vielleicht wird es dann auch
möglich sein, den Bundestag davon zu
überzeugen, daß er einmal auf andere Gruppen hören sollte
als auf die beflissen soufflierende
Schaar der Verwerterlobbyisten.

Abschließend nur wenige resümierende Worte.

Es ist, denke ich, hinreichend klar geworden, daß mein
Standpunkt im höchsten Maße parteiisch
ist. Mein Engagement gilt ohne Wenn und Aber dem Open
Access, der kostenfreien
Zugänglichkeit wissenschaftlicher Publikationen und
Materialien via Internet. Wer dieses
Anliegen gleichfalls fördern möchte, kann eine Menge von
den Naturwissenschaftlern und den
Kollegen jenseits des großen Teichs lernen - ich plädiere
dringend dafür, sich mehr als bislang
mit den englischsprachigen Initiativen zu vernetzen. Ihre
kreativen Ideen und Visionen können
auch uns helfen. Die Bereitstellung der
Zeitschriftenliteratur ist sicher ein wichtiger Punkt, aber
ich habe mich bemüht, noch andere, wie ich meine nicht
weniger bedeutende Aspekte zu
thematisieren. Wie auch immer: Fast alles ist in diesem
Bereich in sich beschleunigender
Bewegung. Für Beobachter wie für Aktivisten (wie mich) gilt
gleichermaßen: Es bleibt spannend.


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.