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Re: BGH als Rechtsbrecher



Mich erreichte zu diesem Thema noch eine private Zuschrift,
deren Informationen ich weitergeben darf.

Den Antrag einer Firma auf Zustimmung zur kommerziellen
Nutzung der Entscheidungen hat die Direktorin des
Bundesverfassungsgericht im Jahr 1999 ausschließlich mit
Hinweis auf den angeblichen urheberrechtlichen Schutz der
vom BVerfG auf seiner Homepage publizierten
Gerichtsentscheidungen abgelehnt. Dieser resultiere aus
der elektronischen Aufbereitung der Entscheidung (WORD ->
HTML) (§ 3 UrhG) sowie der systematischen Aufbereitung
der Daten (§ 4 UrhG).

Die Firma hat die Entscheidungen dennoch kommerziell
genutzt
und das BVerfG entsprechend informiert. Eine Reaktion des
BVerfG ist nicht erfolgt. Offenbar planten das BVerfG und
die Bundesgerichte zwar eine gemeinsame "Abwehraktion",
schreckten aber doch davor zurueck.

Ob der Hinweis der Bundesgerichte auf ein angebliches
Verbot der kommerziellen Nutzung vor allem dazu dienen
soll, die privaten finanziellen Interessen der Richter bei
der
Publikation "ihrer" Gerichtsentscheidungen in "amtlichen"
Sammlungen oder bei Fachverlagen zu schuetzen?

Dass das Verbot mangels rechtlicher Grundlage unwirksam
ist, wissen die Gerichte offensichtlich selbst. Wenn 
 die Bundesgerichte entgegen ihrer rechtsstaatlichen
Aufgabe die freie Verbreitung ihrer Entscheidungen zu
behindern versuchen, setzen sie sich in Widerspruch zur
Feststellung des BVerfG, dass die freie Verbreitung
amtlicher Werke nach § 5 UrhG "ein Gemeinwohlziel von hohem
Rang" darstellt (BVerfG 1 BvR 1143/90 vom 29.7.1998).

Mehrfach hat das BVerfG festgestellt, dass sich bei einer
Rechtsvorschrift, die einer grundrechtlich geschuetzten
Aktivitaet ein Genehmigungsverfahren vorschaltet, aus der
Rechtsvorschrift selbst ergeben muss, unter welchen
Voraussetzungen die Genehmigung erteilt wird:
http://archiv.twoday.net/stories/48590/

Nun ist der entsprechende Vermerk auf den Gerichtshomepages
keine Rechtsvorschrift, aber der Grundsatz muesste trotzdem
gelten. 

Die kommerzielle Nutzung oeffentlicher Daten ist, wie das
schamlose Monopol der Juris-Gmbh zeigt, ein lukratives
Geschaeft. Die EU-Kommission hat dazu 2002 einen Vorschlag
vorgelegt, zu dem man Naeheres hier findet:
http://archiv.twoday.net/stories/48590/
Zu Juris
http://log.netbib.de/archives/p/78592599/more/1/c/1

Klaus Graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.