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Bibliothekare contra Google Answers



Liebe Inetbibler,

eine Weiterleitung aus dem intern.de-Newsletter. Ein interessanter
Vergleich zwischen "Google Answer" und bibliothekarischen
Auskunftsdiensten und die Auswirkungen auf den Bibliothekssektor.

<zitat>
Eine Studie der Cornell University wird in einer AP-Meldung zu einer
Art Ehrenrettung des Biblithekarwesens umgemünzt. Nach Angaben der
Nachrichtenagentur ist das Ergebnis der Studie, dass "Reference
Librarians" im Test etwas besser abschneiden als der von Google vor
Monaten eingeführte Dienst Google Answers.

Das ist wahrscheinlich eine etwas zu stark vereinfachende Aussage,
selbst wenn man bedenkt, dass es sich hier nur um eine Mini-Studie
handelt. Im experimentellen Design wurden insgesamt 24 Fragen
gestellt, von denen nur sechs an die "Google Researchers"
herangetragen wurden.

Interessant ist die Studie dennoch, denn sie gibt einen Einblick in
die - nicht zuletzt durch das Internet - veränderte Bibliothekenwelt.
Die "Reference Librarians", also die Bibliothekare, die bei der
Informationssuche helfen, wurden durch Google zwar nicht arbeitslos.
Aber, wie es in dem Text heißt, werden sie heute seltener konsultiert
als früher.

Ähnliches gilt für die OPACs (Online Public Access Catalog), die man
bisher als Kernstück bei der Informationssuche in Bibliothken
betrachten konnte. Diesen hat Amazon teilweise den Rang abgelaufen.

Gleichzeitig stellen die Bibliotheken einen Trend zu netzwerk-
basierten Referenz-Systemen fest. Experten im kommerziellen Umfeld
wie auch im Non-Profit-Bereich betätigen sich als Auskunftsdienste.
Google Answers, der kommerzielle Auskunftsdienst der Suchmaschine ist
nur ein Teil dieser Entwicklung.

Die US-Bibliotheken haben auf diesen Trend aber reagiert und bieten
inzwischen ebenfalls Online-Informationsdienste an. Dort werden
Fragen per Mail oder sogar im Chat angenommen und - wie bei den im
Test genutzten Systemen - kostenlos beantwortet.

Wenn nun, wie oben beschrieben, die Antworten der kostenlosen
Bibliotheksdienste etwas besser waren als die kostenpflichtigen
Antworten Googles, so ist das nur eine Seite der Medaille. Auch den
Bibliothekaren ist klar, dass ihre Arbeit nicht kostenlos ist. Ihren
eigenen Schätzungen nach sind die bei Google zu erhaltenden Antworten
preislich sogar wesentlich günstiger.

Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass es vielen Google-
Forschern nicht zwingend um ihren 75%-Anteil an der ausgelobten
Belohnung geht. Zumindest einem Teil der etwa 800 Forscher geht es
eher um eine Art Recherche-Hobby. Anderen dagegen geht es durchaus
ums Geld und so kann es geschehen, dass - wie in der Studie geschehen
- die ausgesetzte Belohnung von 10 Dollar auf 50 beziehungsweise 100
Dollar erhöht werden muss, um eine Antwort zu erhalten.

Diese und weitere Informationen werden in der Studie gegeben und
machen sie interessant, auch wenn ihre Kernaussage vielleicht etwas
weniger plakativ ist, als in der AP-Meldung beschrieben.

Die Untersuchung weist im Grunde darauf hin, dass der Nachfragemarkt
nach dem Rohstoff "Information" sich verschoben hat, und dass die
Bibliotheken bemüht sind, dieser Entwicklung zu folgen. Wie die
Studie zusammenfassend erklärt, müssen die Bibliothekare sich die
Frage stellen, was sie von Amazon, eBay und Google lernen können.

"Die Antworten auf diese Fragen werden den Forschungsbibliotheken
helfen, ihren Wert gegenüber der akademischen Verwaltung zu
rechtfertigen. Denn die wiederum muss auf die aktuelle
wirtschaftliche Krise reagieren und Programme beschneiden
beziehungsweise einstellen".

Kurz: Die Bibliothekare müssen auf die Konkurrenz durch Google und
Co. reagieren, sonst ist ihre eigene Existenz gefährdet.

Google Meets eBay - What Academic Librarians Can Learn from
Alternative Information Providers
http://www.dlib.org/dlib/june03/kenney/06kenney.html

AP: Librarians Do Slightly Better Than Google
http://apnews.excite.com/article/20030925/D7TPJMC80.html

Google-Answers
http://answers.google.com/answers/

Ask a Librarian - ein Auskunftsdienst der Cornell University
http://campusgw.library.cornell.edu/services/askalib.html
</zitat>

Viele Grüße

Sebastian Wolf

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