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AW: AW: "Bibliothekare zur R-Reform"



Lieber Herr Aronsson,

> Sei doch nicht so konservativ.

Das bin ich nicht, zumindest ist es nicht mein Selbstverständnis. Und
ich halte das Argument, die Gegner der RSR seien Konservative, da sie
sich am Bewährten und nicht am Vernünftigen orientierten, für fast
infam.

Im Kern ist die sog. RSR keine Reform, denn Reformen sollten den
Anspruch einlösen, eine offensichtliche Fehlentwicklung durch
konsensfähige Veränderungen zu berichtigen. Aber die Schriftsprache ist
eben keine Sozialversicherung, die man so oder so augestalten kann - sie
ist ein Evolutionsprodukt. Und niemand - auch und gerade der Gesetzgeber
nicht - ist hier Herr des Verfahrens. Niemand ist Herr des Verfahrens,
es verdankt sich allein dem zwanglosen Zwang unserer geschmackvollen
Urteilsfähigkeit.

> Sprachen lassen sich verändern.

Sprachen verändern sich.

> Machte man in der DDR keine sprachliche Reformen?

Das ist ein interessanter Punkt, der mich gleich zu einer abschließenden
Polemik reizt: Die RSR ist geradezu ein Produkt der DDR-Linguistik und
ihrer staatlichen Ideologie. So wie man im Arbeiter-und-Bauern-Staat
meinte, den Volksgeschmack für Damenunterbekleidung in Fünfjahresplänen
fixieren und landesweit normieren zu können (In "Good bye, Lenin" wurde
das so herrlich karrikiert), so haben auch die DDR-Linguisten z.T.
geglaubt, man könne die Schriftsprache durch amtlichen Beschluß und
gegründet auf den Primat materialistischer Volksbeglückungsphantasien
mal eben kurz staatlich normieren.

Diese Strategen waren dann neben ähnlich gestrickten Didaktikern aus
Westdeutland diejenigen, die sich nach der Brotlosigkeit der Wende zur
selbstgerechten Speerspitze der Bewegung gemacht haben. Was dabei
rausgekommen ist, sehen wir z.Z. Es erinnert mich manchmal an Zonen-Gabi
und ihre erste Banane (legendärer Titanic-Titel aus 1989). Da bin ich
wirklich froh, daß ich meiner Freundin die Unterwäsche schenken kann,
die mir gefällt. Und daß sie mich manchmal erschrocken anschaut, weil
ich geschmacklich mal wieder daneben gegriffen habe. <g>

Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus


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