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R-Reform



Sehr geehrter Herr Eversberg,
werte "INETBIBer",

ich hatte so sehr gehofft, das Ihre Resignation nach der Entscheidung 
der KMK, Schlusspunkt des Themas R-Reform war. Nun denn:

Ich mache aus meiner _ganz persönlichen _Meinung keinen Hehl, dass das 
Gezänke um die Rechtschreibreform die Züge eines absurden Theaters annimmt.

Die Vorschläge der (wie auch immer, aber legitimierten)  
Rechtschreibkommission (RRK) werden von vielen "Fachleuten" kritisiert. 
Daraufhin nimmt die RRK die Kritik auf, lässt Varianten zu, damit auch 
die "alten Schreiber" nicht "falsch" schreiben - und dann wird von genau 
Diesen kritisiert, dass es keine Einheitlichkeit gibt und dass das dann 
entstehende Durcheinander gegen die Reform spricht.

Die Logik ist nachvollziehbar,  ich möchte diese Diskussion auch gar 
nicht wieder eröffnen.

Dann gibt es das Argument, dass sich Sprache (sic!) ändere. Ändern darf 
"es" sich, aber nicht so schnell oder nicht von diesem Gremium, oder 
wie? Ich frage ich mich, wie sich die Reformgegner, die so sehr auf den 
"Duden" schwören, verhielten, wenn die Mitglieder der RRK in der 
Duden-Redaktion säßen  und ihre Änderungen  (so nebenbei) einbrächten. 
Was wäre dann mit der Autorität?

Dass nun noch die "höchsten Politiker" sich instrumentalisieren lassen, 
ist der vorerst letzte Akte dieses Theaters. Übrigens: welche' eine 
Groteske, wenn eine Partei wie die FDP, die bei allen Gelegenheiten die 
Mündigkeit und Eigenverantwortung des Bürgers betont und allenthalben 
den Abbau von Regularien fordert, nun Vorreiter dieses 
Konservativismuses ist ...

Doch Schluss damit.

Ich möchte Sie, Herr Eversberg, *nicht *ermuntern, eine b'thekarische 
Stellungnahme zu veröffentlichen, denn das wird m.E. ein Eigentor.

Die von Ihnen - dankenswerter Weise ! - aufgebrachte Problematik  sollte 
uns Bibliothekare sensibilisieren, aber lösen können wir das Problem 
nicht durch die Rücknahme der R-Reform. Denn das für uns verbindliche 
Katalogisierungregelwerk schert sich (außer der Groß- und 
Kleinschreibung !) überhaupt nicht um die Orthografie, wie man in den 
RAK-WB unter Paragraf 117,1 nachlesen kann : "Schreibung und 
Orthographie der Vorlage werden in der bibliographischen Beschreibung im 
allgemeinen beibehalten". Und das gilt natürlich auch für Titel, die 
abseits von  "Dudens Richtschnur"  veröffentlicht worden  sind. Demnach 
muss man in online-Katalogen auch mit "Göthes Sämmtlichen Werken" und 
"Litteraturen" umgehen, genau so wie mit den in den "Übergangsregeln" 
verfassten Titeln oder den absichtlich "falsch" geschriebenen Titeln, 
weil der Autor sich das so gewünscht hat. Das "Chaos" bleibt also so 
oder so (für immer) bestehen (auch bei Ihren Übergangsfristen :-) )!

So bedauerlich das ist, da gebe ich Ihnen vollkommen Recht, aber wir 
sollten unser Augenmerk auf die (vielleicht sogar internationale) Lösung 
dieser Recherche-Probleme lenken und nicht auf die Rücknahme der 
R-Reform, die eh' für niemanden verbindlich sein wird (sieht man von den 
Schülern ab).

Wollen wir für dieses Theaterstück also nun (endgültig) den Vorhang 
fallen lassen? Ich würde mich sehr freuen, auch wenn dann noch "viele 
Fragen offen bleiben".

Nichts für Ungut !

Ihr Joachim Spies

P.S.: Wie viele Fehler sind in dem Text nach "alter" und wieviele nach 
"neuer" Rechtschreibung? ;-)


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.