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Referentenentwurf zweiter Korb UrhG



"Das Bundesjustizministerium hat heute früh den
Referentenentwurf für ein "Zweites Gesetz zur Regelung des
Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" vorgelegt.
Er steht überwiegend im Zeichen der Verwerterinteressen und
liest sich über weite Strecken wie ein Sieg der Musik- und
Filmindustrien und des Börsenvereins" kommentiert A.
Metzger unter http://www.ifross.de. Der Entwurf als PDF:
http://www.bmj.bund.de/media/archive/760.pdf

Ich moechte nicht auf die mehr als fragwuerdige
Begruendungen zur Ablehnung einer Durchsetzbarkeit der
Privatkopie gegen DRM eingehen (es duerfe nicht die
Vorstellung einreissen, im WWW gebe es geistiges Eigentum
ueberwiegend gratis), sondern mich auf die beiden fuer
Bibliotheken wichtigsten Vorschriften konzentrieren, wobei
ich jeweils die Begruendung vollstaendig zitiere.

I 

Normvorschlag:

"Zulässig ist, veröffentlichte Werke aus
Bibliotheksbeständen ausschließlich in
den Räumen öffentlich zugänglicher Bibliotheken an eigens
dafür eingerichteten
elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private
Studien zugänglich zu
machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen
entgegenstehen. Es dürfen
nicht mehr Exemplare eines Werkes an den eingerichteten
elektronischen Leseplätzen
gleichzeitig zugänglich gemacht werden, als der Bestand der
Bibliothek
umfasst. Für die Zugänglichmachung ist eine angemessene
Vergütung zu zahlen.
Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft
geltend gemacht
werden."

Begruendung

"Durch § 52b wird Art. 5 Abs. 3 Buchstabe n der Richtlinie
in nationales Recht umgesetzt und
eine neue Schrankenregelung in das Urhebergesetz eingefügt.
Dadurch wird gewährleistet,
dass Benutzer öffentlicher Bibliotheken deren Bestände an
eigens dafür eingerichteten elektronischen
Leseplätzen in gleicher Weise wie in analoger Form nutzen
können. Mit der
Regelung wird dem Bildungsauftrag der öffentlichen
Bibliotheken Rechnung getragen und
zugleich ein Schritt zur Förderung der Medienkompetenz der
Bevölkerung unternommen,
wie dies im Abschlussbericht ?Deutschlands Weg in die
Informationsgesellschaft? der Enquete-
Kommission ?Zukunft der Medien in Wirtschaft und
Gesellschaft? (Bundestagsdrucksache
13/11004) angeregt wird. Die Einführung dieser
Schrankenregelung ist in der vom
Bundesministerium der Justiz eingerichteten Arbeitsgruppe
?Schranken? ausführlich erörtert
worden und im Grundsatz auf allgemeine Zustimmung gestoßen.
Der Regelungsvorschlag
setzt den insoweit bestehenden Konsens um und
berücksichtigt Anregungen für eine Beschränkung
des Geltungsbereichs.
Satz 1 gestattet lediglich die Zugänglichmachung von
Werken, die von öffentlichen Bibliotheken
erworben wurden oder die sie als Pflichtexemplare erhalten
haben. § 52b gilt nicht für
Werke in Bibliotheksbeständen, für die vertragliche
Vereinbarungen über eine Nutzung in
digitaler Form getroffen wurden. Die zulässige Nutzung
richtet sich hier ausschließlich nach
dem Vertrag. Der Zugriff auf die Bestände der Bibliothek
darf ausschließlich an elektronischen
Leseplätzen in den Räumlichkeiten der betreffenden
Bibliothek erfolgen. Damit wird
zugleich eine Online-Nutzung von außen ausgeschlossen. Die
Zugänglichmachung darf entsprechend
den Vorgaben der Richtlinie nur Zwecken der Forschung und
privater Studien
dienen. Satz 2 begrenzt die Schrankenregelung dahingehend,
dass nicht mehr Exemplare
eines Werkes gleichzeitig an den elektronischen Leseplätzen
zugänglich gemacht werden
dürfen, als der Bestand der Bibliothek umfasst. Damit soll
verhindert werden, dass die Bibliotheken
aufgrund der Einführung der neuen Schrankenregelung ihr
Anschaffungsverhalten
ändern. Es darf also beispielsweise nicht ein Standardwerk,
das die Bibliothek nur in einem
Exemplar angeschafft hat, digitalisiert und an mehreren
elektronischen Leseplätzen gleichzeitig
zugänglich gemacht werden.
Satz 3 und 4 sehen schließlich für den durch Satz 1
eröffneten Bereich der öffentlichen Zugänglichmachung
eine Vergütungspflicht vor. Entsprechend der Regelung in
den §§ 45, 49,
52a sowie §§ 54, 54a, 54f, 54g i.V.m. § 54h ist die
Wahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften
vorgesehen."

Diese Regelung ist laecherlich, was sich bereits daran
zeigt, dass von Verwerterseite kein ernsthafter Widerstand
gegen sie angemeldet wurde.

Hier werden die Bibliotheken im digitalen Zeitalter auf das
Prinzip, dass ein Buch immer nur von einem Leser
gleichzeitig benutzt werden kann, zurueckgeworfen. Auch
registrierte Nutzer duerfen nicht von zu Hause darauf
zugreifen.

Es duerfte auch nicht moeglich sein, Leseplatz auf einen
ueberdimensionierten Bildschirm zu beziehen, der etwa den
Inhalt einer Tageszeitung mit festen Umblaetterzeitraeumen
an die Wand projiziert. "eigens dafuer eingerichteten"
scheint auszuschliessen, dass die normalen Bibliotheks-PCs
dafuer mitgenutzt werden koennen. 

Die neue Norm setzt eine Vervielfaeltigung zum Zwecke der
Wiedergabe voraus, die somit auch erlaubt sein muss. Die
Digitalisierung scheint mir zwingend unabhaengig von den
engen Vorschriften des § 53 UrhG (Aufnahme in ein eigenes
Archiv) zu sein. Man wird annehmen duerfen, dass sie auch
von einem externen Dienstleister vorgenommen werden darf,
soweit sich dieser eines Bibliotheksexemplars bedient.
Weder darf sich die Bibliothek etwa ein E-Book von einem
Benutzer schenken lassen noch von anderen Bibliotheken
beziehen (Verbreitungsverbot des § 53 UrhG).  

Da die meisten CD-ROMs und E-Books von kommerziellen
Anbietern auf Vertragsbasis genutzt werden, bringt die neue
Vorschrift keinerlei Erleichterung.

Welchen Grund sollte eine Bibliothek haben, ein
geschuetztes Werk ihres Bestands zu digitalisieren, wenn
sie dieses E-Book nur von einem Nutzer gleichzeitig nutzen
lassen darf und es auch niemand anderem (etwa einer anderen
Bibliothek) ueberlassen kann?

Rational waere eine solche Digitalisierung, wenn die
Schutzfrist des Werks demnaechst ablaeuft. Danach koennte
das Digitalisat ohne weiteres beliebig genutzt werden.

Rational waere es auch, Buecher der Lehrbuchsammlung als
E-Book (PDF) anzubieten. Da das Gesetz nicht vorschreibt,
dass es unmoeglich sein muss, dass eine Vervielfaeltigung
vorgenommen werden kann, koennen - selbstverstaendlich im
Rahmen von § 53 (aber wer kann das kontrollieren?) -
Downloads (auf Diskette oder via Mail) durch die Studenten
erfolgen ...

Rational koennte es auch sein, haeufig ausgeliehene Buecher
zu digitalisieren und die Nutzungsdauer des E-Books (mit
Hinweis auf die Downloadmoeglichkeit im Rahmen des § 53
UrhG) zu begrenzen.

Rational duerfte auch eine Anwendung der Vorschrift zum
Zwecke der Bestandserhaltung sein. Handschriftenabteilungen
koennen also auch Digitalisate statt Mikrofilme von noch
geschuetzter Literatur vorlegen, wobei nur ein Nutzer zur
gleichen Zeit mit dem Digitalisat arbeiten kann.

Es duerfte auch moeglich sein, zum Zwecke der
Dokumentlieferung erstellte Digitalisate (etwa von
Zeitschriftenaufsaetzen), die derzeit geloescht werden
muessen, in das System einzuspeisen. Fuer die Nutzung soll
kuenftig § 53a gelten (siehe unten Teil II). 

Waehrend der kuenftige § 53a nur grafische Wiedergaben
zulaesst, sagt § 52b darueber nichts. Es darf also ggf.
also als Faksimile und/oder Text digitalisiert werden
(siehe zu Acrobat Capture meine Anfrage
http://archiv.twoday.net/stories/338568/ ) 

Forschung und private Studien: wer soll das kontrollieren?
Unter Forschung wird man sicher auch Studenten verstehen
duerfen. Der Rechtsanwalt, der fuer einen Fall
recherchiert, den er nicht zugleich erforscht, nutzt das
E-Book beruflich und muss daher vom Bildschirm mit eiserner
Hand weggerissen werden. Er hat gefaelligst das gedruckte
Buch auszuleihen oder einzusehen. Selbstverstaendlich
duerfen auch Bibliothekare die E-Books nicht nutzen, es sei
denn im Auftrag von Benutzern, die sich auf Forschung oder
privates Studium berufen koennen (wobei das aber sehr
fraglich ist, der Referentenentwurf dachte an die
unmittelbare persoenliche Benutzung, nicht an die
Auskunftsbenutzung). Es ist vermutlich nicht im Sinn des
Referentenentwurfs, dass ein Bibliothekar eine Seite aus
einem E-Book fuer einen Rechtsanwalt ausdruckt. 

Vielleicht noch unerfreulicher als der minimale
Fortschritt, den die Vorschrift bringt, sind die
Konsequenzen, wenn man danach fragt, was im Umkehrschluss
alles verboten ist, wenn nur so wenig erlaubt ist. Es
handelt sich um so etwas wie eine "gesetzliche
Einzelplatzlizenz". Urheberrechtlich geschuetzte Werke
duerfen in digitaler Form in Bibliotheken nur dann genutzt
werden, wenn diese Nutzung vertraglich gestattet ist oder
im Rahmen von § 52b erfolgt. Es ist natuerlich auch
denkbar, dass die Bibliothek fuer eine geschlossene
Forschergruppe eine digitale Sammlung gemaess § 52a UrhG
einrichtet, die von den bestimmt abgegrenzten Mitgliedern
auch zuhause benutzt werden kann (aber nur bis 1.1.2007,
denn die Befristung soll nach dem Referentenentwurf NICHT
wegfallen.)

Und das alles gibt es natuerlich nicht umsonst, sondern es
muss eine Verguetung an eine Verwertungsgesellschaft
gezahlt werden, wobei erhebliche Verwaltungskosten fuer die
Ermittlung der im Rahmen von § 52b genutzten Medien den
aeusserst bescheidenen Nutzen fuer die Benutzer auffressen
duerften.

Fazit: § 52b ist ein Mini-Recht, das sich an die engen
Vorgaben der EU-Richtlinie haelt und das man eher als
Rueckschritt statt als Schritt in eine digitale Zukunft
ansehen sollte.

II

Normvorschlag:

"§ 53a
Kopienversand auf Bestellung
(1) Zulässig ist auf Einzelbestellung die Vervielfältigung
und Verbreitung einzelner
in Zeitungen und Zeitschriften erschienener Beiträge sowie
kleiner Teile eines
erschienenen Werkes im Wege des Post- oder Faxversandes
durch öffentliche
Bibliotheken, sofern sich der Besteller auf einen durch §
53 privilegierten
Zweck berufen kann. Die Vervielfältigung und Verbreitung in
sonstiger elektronischer
Form ist ausschließlich als grafische Datei und nur dann
zulässig, wenn
die Beiträge oder kleinen Teile eines Werkes von
Mitgliedern der Öffentlichkeit
nicht von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl mittels einer
vertraglichen Vereinbarung
erworben werden können.
(2) Für die Vervielfältigung und Verbreitung ist dem
Urheber eine angemessene
Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine
Verwertungsgesellschaft
geltend gemacht werden."

Begruendung (sehr lang, aber bitte trotzdem sorgfaeltig
lesen!):


"Mit § 53a wird das Urteil des Bundesgerichtshofs zur
Zulässigkeit des Kopienversands (Urteil
vom 25. Februar 1999, Az. I ZR 118/96, BGHZ 141, 13-40; NJW
1999, 1953-1959) im
Urheberrechtsgesetz nachvollzogen. Mit diesem Urteil hat
der Bundesgerichtshof entschieden,
dass eine öffentliche Bibliothek auf Einzelbestellung
Vervielfältigungen einzelner Zeitschriftenbeiträge
fertigen darf, um sie an den Besteller im Wege des Post-
oder Faxversands
zu übermitteln, wenn sich der Besteller auf einen durch §
53 privilegierten Zweck berufen
kann. Zugleich hat der Bundesgerichtshof einen Anspruch auf
eine angemessene
Vergütung in rechtsanaloger Anwendung des § 27 Abs. 2 und
3, des § 49 Abs. 1 sowie des
§ 54a Abs. 2 in Verbindung mit § 54h Abs. 1 bis zum
Tätigwerden des Gesetzgebers gewährt.
Mit § 53a entspricht der Gesetzgeber der Erwartung zur
Einführung einer ausdrücklichen
Regelung. In der Begründung hat der Bundesgerichtshof vor
allem auf den Zweck des
§ 53 abgestellt, wie er in der Gesetzesbegründung der
Urheberrechtsnovelle des Jahres
1985 erläutert worden ist und auch zum Zeitpunkt der
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
im Jahre 1999 noch unverändert relevant war. Danach
benötigt eine moderne, technisch
hoch entwickelte Industrienation wie die Bundesrepublik
Deutschland, die auf Wissenschaft
und Forschung angewiesen ist, ein gut ausgebautes schnell
funktionierendes und wirtschaftlich
arbeitendes Informationswesen. Wenn den Bibliotheken,
insbesondere den großen
Zentralbibliotheken, die Versendung von Kopien untersagt
würde, dürfte sich die Anschaffung
eines umfassenden Bestandes wissenschaftlicher Literatur
unter allgemeinwirtschaftlichen
Gesichtspunkten nicht mehr lohnen, da diesen Bestand dann
nur wenige Personen am
Ort benutzen könnten und die Versendung von Fotokopien erst
nach Ablauf der urheberrechtlichen
Schutzfrist möglich wäre (BGHZ 141, 13 (24); BT-Drucksache
10/837 S. 20).
Diese grundlegenden Erwägungen des Gesetzgebers der
Urheberrechtsnovelle des Jahres
1985 gelten auch heute fort. Über sie bestand in der vom
Bundesministerium der Justiz eingerichteten
Arbeitsgruppe ?Schranken? Einvernehmen. Auf diesem Konsens
aufbauend wird
eine Regelung vorgeschlagen, die das für den Post- und
Faxversand ausgewogene Verhältnis
zwischen den berechtigten Interessen der Urheber und der
Allgemeinheit nachzeichnet
und vorsichtig in das digitale Umfeld überträgt.
Die Schranke des Absatzes 1 gestattet lediglich die
Vervielfältigung und die Verbreitung von
Beiträgen, die in Zeitungen und Zeitschriften erschienenen
sind, sowie kleiner Teile eines
erschienenen Werkes. Ergänzend muss sich der Besteller auf
eine Privilegierung des § 53
berufen können. Eine Übermittlung zu kommerziellen Zwecken
des Bestellers ist damit nicht
gestattet. Der Bundesgerichtshof hat in der Begründung den
Faxversand in elektronischer
Form für zulässig erachtet. Er hat die elektronische
Übermittlung beim Faxversand vom
Faxgerät des Kopienversanddienstes bis zum Empfangsgerät
des Bestellers als reinen unkörperlichen
Übertragungsvorgang angesehen, der ohnehin nicht unter ein
Verwertungsrecht
des Urhebers fällt (BGHZ 141, 13 (26)). Diese
Rechtsprechung wird aufgegriffen und
im Grundsatz nicht zwischen den verschiedenen Formen der
Übermittlung unterschieden.
Die Werke dürfen dem Besteller daher zunächst im Wege des
Post- oder Faxversandes
übermittelt werden. Darüber hinaus ist eine Übermittlung in
sonstiger elektronischer Form
zulässig, soweit der elektronische Versand funktional an
die Stelle der Einzelübermittlung in
körperlicher Form tritt. Hervorzuheben ist, dass damit
keine Schranke für das Recht der öffentlichen
Zugänglichmachung gemäß § 19a eingeführt wird. Der
technische Wandel ermöglicht
heute einen Internet-Download aus entsprechenden
Datenbanken durch den Besteller.
Würde eine solche Form des Angebots der Werke durch
Bibliotheken gestattet, so
müssten Urheber und Rechtsinhaber in einen direkten
Wettbewerb zu den öffentlichen Bibliotheken
treten, die hierfür geringere Vergütungen fordern als die
Rechtsinhaber. Damit
würde jedoch eine eigenständige Vermarktung der Werke im
Onlinebereich durch die Urheber
und Rechtsinhaber beeinträchtigt.
Die Regelung des Absatz 1 Satz 2 beschränkt den
Kopienversand in sonstiger elektronischer
Form. Die Übermittlung soll ausschließlich als grafische
Datei und auch nur unter der
Voraussetzung zulässig sein, dass die Beiträge oder kleinen
Teile eines Werkes nicht für
Mitglieder der Öffentlichkeit aufgrund einer vertraglichen
Vereinbarung von Orten und zu
Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Das für den Post- und
Faxversand ausgewogene Verhältnis
zwischen den berechtigten Interessen der Urheber und
Rechtsinhaber auf der einen
Seite und denjenigen der Allgemeinheit auf der anderen
Seite geriete für das digitale Umfeld
in Gefahr, wenn den Bibliotheken eine Versendung in
sonstiger elektronischer Form ohne
jede Beschränkung gestattet würde. Zugleich ist zu
berücksichtigen, dass nicht jedes Werk
dem Nutzer zu jeder Zeit von jedem Ort aus zugänglich ist.
Gerade eine zügige Erlangung
von Informationen ist im Hinblick auf den
Wissenschaftsstandort Deutschland besonders
erstrebenswert. Deshalb erscheint es gerechtfertigt, dass
den öffentlichen Bibliotheken eine
Übermittlung in sonstiger elektronischer Form gestattet
wird, wenn die betreffenden einzelnen Beiträge sowie
kleinen Teile eines erschienenen Werkes nicht zu jeder Zeit
von jedem
Ort aus dem Nutzer im vom Besteller gewünschten Umfang
zugänglich sind. Dabei wird darauf
Rücksicht genommen, dass der Besteller, der beispielsweise
nur einen einzelnen Beitrag
einer Fachzeitschrift lesen möchte, nicht andere von ihm
nicht benötigte Zeitschriftenbeiträge
im Paket erwerben muss. Andererseits muss aber den
berechtigten Ansprüchen der Urheber
in der Weise Rechnung getragen werden, dass mit der
elektronischen Übermittlung
im Wesentlichen keine zusätzlichen, die Belange des
Urhebers beeinträchtigenden Nutzungs-
und Missbrauchsmöglichkeiten verbunden sind. Im Anschluss
an das Urteil des Bundesgerichtshofs
zur Zulässigkeit der Erstellung elektronischer
Pressespiegel (Urteil vom 11.
Juli 2002, Az. I ZR 255/00, BGHZ 151, 300-316; NJW 2002,
3393-3396) wird deshalb die
Übermittlung auf grafische Dateien, beziehungsweise auf
Dateien, in die das entsprechende
Werk als Faksimile eingebunden ist, beschränkt.
Gemäß Absatz 2 steht dem Urheber für die Vervielfältigung
und Verbreitung ein Anspruch
auf eine angemessene Vergütung zu, der nur durch eine
Verwertungsgesellschaft geltend
gemacht werden kann. Der Bundesgerichtshof hat in seinem
Urteil zur Zulässigkeit des Kopienversands
in einer rechtsanalogen Anwendung der §§ 27 Abs. 2 und 3
(sog. Bibliothekstantieme),
§ 49 Abs. 1 (Zeitungsartikel- und Rundfunkkommentare), §
54a Abs. 2 i.V.m. §
54h Abs. 1 (Betreibervergütung) einen solchen Anspruch
anerkannt. Er hat dabei den Anforderungen
des Art. 9 RBÜ, der Art. 9 und 13 des TRIPS-Übereinkommens,
der Eigentumsgarantie
des Art. 14 GG, sowie dem im gesamten Urheberrecht zu
beachtenden Grundsatz
Rechnung getragen, dass der Urheber tunlichst angemessen an
dem wirtschaftlichen Nutzen
seines Werks zu beteiligen ist (BGHZ 141, 13 (28)). Dieser
verwertungsgesellschaftspflichtige
Vergütungsanspruch wird durch die Regelung ausdrücklich
bestätigt.
Durch die Aufnahme der Verbreitungshandlung in die
Schrankenregelung des § 53a wird
klargestellt, dass der Kopienversand öffentlicher
Bibliotheken nicht nur das Vervielfältigungsrecht,
sondern auch das Verbreitungsrecht des Urhebers betreffen
kann. Der Bundesgerichtshof
hat in der Begründung seines Urteils ausgeführt, dass die
Herstellung von Vervielfältigungsstücken
durch einen Dritten dem Auftraggeber als
Vervielfältigungshandlung zugerechnet
werde und daher begrifflich kein Verbreiten in Form des
Inverkehrbringens gegeben
sei. Dies hätte zur Folge, dass eine Übermittlung aus dem
Ausland mangels einer Verbreitungshandlung
im Inland keiner Vergütungspflicht unterläge. Dieses
Ergebnis erscheint sachlich nicht gerechtfertigt. Durch die
vorgeschlagene Neuregelung unterfällt daher auch
ein Kopienversand aus dem Ausland in den Geltungsbereich
dieses Gesetzes der Vergütungspflicht.
Damit wird von der in Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie
eingeräumten Möglichkeit
Gebrauch gemacht, die Schranke auf das Verbreitungsrecht
auszuweiten. Es wird gewährleistet,
dass nicht durch eine Verlagerung des Kopienversands ins
Ausland die in Absatz 1
vorgeschlagene Regelung umgangen werden kann."

Hier kann sich mein Kommentar kurz fassen. Der Vorschlag
ist schlichtweg katastrophal fuer die wissenschaftliche
Literaturversorgung, auch wenn er den Status quo im Bereich
des Post- und Faxversands zu garantieren scheint. Sobald im
Internet weltweit eine (natuerlich von den
Nutzungsberechtigten lizenzierte) Moeglichkeit angeboten
wird, dass ein Einzelnutzer pay-per-view den Aufsatz
erwirbt, darf eine Bibliothek nicht elektronisch liefern.
Es ist damit zu rechnen, dass alle grossen Verlage solche
Moeglichkeiten anbieten (oder entsprechende Abkommen mit
Verwertern wie INGENTA abschliessen). Damit wird natuerlich
den Dokumentlieferdiensten - ganz im Sinne der Klage gegen
SUBITO - das Rueckgrat gebrochen, denn Nutzer sind an einer
schnellen Lieferung per Mail interessiert.

Noch ist das alles kein Gesetz. Es liegt an den
Bibliotheken, ob sie wie Laemmer zur Schlachtbank gefuehrt
werden wollen ...

Klaus Graf 

   


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.