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Benutzergebühren und Baden-Württemberg



Liebe Liste,

das neue Hochschulrecht Baden-Württembergs sieht in § 28 Landeshochschulgesetz
ein Informationszentrum vor, das funktionell einschichtig organisiert
Bibliothek und Rechenzentrum zu einer Betriebseinheit zusammenfaßt. Die
Dienstleistungen dieser Betriebseinheit müssen (!!) Dritten in marktüblicher
Höhe in Rechnung gestellt werden. Die recht knappe Regelung des § 28
Landeshochschulgesetz ersetzt die ausführlichen Bestimmungen der §§ 28 bis 31a
des Universitätsgesetzes vom 1.2.2000. Der Bibliothek war in § 30 UG-BW noch
ein breiter Raum gewidmet. Nunmehr ist das damals in § 31a UG-BW als
Möglichkeit eingeführte Informationszentrum der gesetzliche Regelfall
geworden, vgl. Begründung des Regierungsentwurfs in LT-Drs. 13/3640, S. 203.
Das wird tiefgreifende Folgen für Stellung und Selbstverständnis der
Bibliothek in der Hochschule haben.

Die Neuregelung wirft Fragen auf:
Was ist der marktübliche Satz für Bibliotheksdienstleistungen wie etwa das
Betreten des Lesesaales?
Und dann ist zu fragen, ob denn eine Hochschulbibliothek als wissenschaftliche
Bibliothek ihre Funktion allein in ihren Dienstleistungen für die Hochschule
hat. Das darf mit guten Gründen bestritten werden. Ein Argumentationsstrang
ist die von der Kultusministerkonferenz verabschiedete und auch in
Baden-Württemberg geltende Leihverkehrsordnung. Danach müssen die
Hochschulbibliotheken "allgemein zugängliche" wissenschaftliche Bibliotheken
sein, vgl. § 2 Nr. 1 LVO. Dieser Passus unterstreicht, daß große
wissenschaftliche Bibliotheken Aufgaben für die Allgemeinheit erfüllen. Was
ist gar mit Bibliotheken, die zugleich landesbibliothekarisch tätig sind? Das
ist in Baden-Württemberg bei Hochschulbibliotheken zwar nicht gegeben, in
anderen Ländern aber ein Problem bei der Einführung von Gebühren.

Zurück zu Baden-Württemberg. In der Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf
(aaO) heißt es: "Bei Leistungen an Hochschulfremde müssen aus Gründen des
Wettbewerbs gegenüber privaten Unternehmen marktübliche Entgelte verlangt
werden." Nimmt man das ernst, dann wäre die normale Nutzung einer Bibliothek
auch für Hochschulfremde weiterhin gebührenfrei, denn Einrichtung und Betrieb
einer wissenschaftlichen Bibliothek sind kein Gegenstand
privatwirtschaftlicher Unternehmungen. Aber: nichts ist unmöglich. Wie heißt
es doch: "Wir können alles. Außer Hochdeutsch!"

In diesem Sinne: Viele Grüße aus der "Denkfabrik" Thüringen
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.