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Re: Promotionsordnungen, (war: Pruefungsarbeiten)



On Mon,  4 Jul 2005 10:40:45 +0200 (CEST)
 Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxx> wrote:

> Was heißt das für Bibliotheken? Ganz einfach: Wenn man
> wirklich Bewegung in die Situation des wissenschaftlichen
> Publizierens an der Hochschule bringen möchte, wozu auch
> die Förderung des elektronischen Publizierens gehört,
> dann ist es Sache der Bibliothek, die universitären
> Gremien zu überzeugen, die rechtlichen Voraussetzungen
> hierfür zu schaffen.

Das moechte ich unterstreichen.

Zum Gewohnheitsrecht sei der Hinweis erlaubt, dass eine
solche Argumentation alles andere als "gerichtsfest" ist.
Im uebrigen sei angemerkt, dass wir hier keineswegs
juristisches Neuland betreten. Die Arbeit von Kuenzle
zitiert einen Aufsatz von H. Walter,
Dissertations-Druckzwang und Grundgesetz, DVBl. 1972,
309ff. (Hannfried W. war/ist nach Google Hochschulrechtler
und Ltd. Ministerialrat).

Zur Geschichte des Druckzwangs s.a.
http://www.dhm.de/~roehrig/ws9798/borisbu/

Aber genug der Rechthaberei. Wir sind uns ja einig, dass
bei elektronischen Pflichtexemplaren die Frage der
Eigentumsgarantie vernachlaessigbar ist.

Die PromotionsO der Bauhaus-Uni Weimar der Fak. Medien aus
dem Jahr 2000 bestimmt in § 13:

"(2) Neben den gemäß § 7 Abs. 2 f) erforderlichen
Exemplaren hat der Verfasser unentgeltlich an die
Universitätsbibliothek zu übergeben:

* ein Exemplar in elektronischer Form in einem an der
Bauhaus-Universität dafür vorgesehenen Datenformat und
sechs gebundene Exemplare beziehungsweise
* drei Exemplare, wenn die Veröffentlichung in einer
Zeitschrift erfolgt oder wenn die Verbreitung der
Buchhandel übernimmt, wobei die Veröffentlichung als
Dissertation der Bauhaus-Universität Weimar gekennzeichnet
sein muss; die Auflagenhöhe muss mindestens 150 Exemplare
betragen.

Liegt die Dissertation nicht in elektronischer Form vor, so
sind 40 gebundene Pflichtexemplare sowie eine
Zusammenfassung in elektronischer Form mit abzugeben.
Sofern die Dissertation in elektronischer Form vorliegt,
überträgt der Doktorand der Hochschule das Recht, im Rahmen
der gesetzlichen Aufgaben der Hochschulbibliotheken weitere
Kopien der Dissertation herzustellen und zu verbreiten
beziehungsweise in Datennetzen zur Verfügung zu stellen.

(3) Die Bauhaus-Universität Weimar übernimmt im Rahmen
ihrer Möglichkeiten auf Antrag die Vervielfältigung der
Arbeit zum Selbstkostenpreis. In sozial begründeten Fällen
kann an den Kanzler der Bauhaus-Universität Weimar ein
Antrag auf Ermäßigung oder Erlass dieser Kosten gestellt
werden." 

Quelle:
http://www.uni-weimar.de/medien/ordnungen/promotionsordnung.htm

Die Norm ist ungluecklich formuliert, da drei Alternativen
angeboten werden:
a) Verlagspublikation (Uni erhaelt kein E-Exemplar)
b) E-Exemplar, falls die Arbeit in E-Form vorliegt
c) 40 Exemplare falls nicht.

Unklar bleibt, ob dem Doktoranden eine Wahlfreiheit zusteht
(wenn er kein E-Exemplar abgeben moechte) oder ob sich c)
auf die Nichtexistenz einer E-Fassung bezieht (was kaum
einen Anwendungsfall betreffen duerfte - wer schreibt seine
Diss. noch auf der Schreibmaschine?).

Ich habe bei einer raschen Google-Suche keine
Promotionsordnung gefunden, die eine Pflichtablieferung von
E-Exemplaren vorsieht. Es heisst immer nur: KANN auch in
elektronischer Form abgeliefert werden.

Bei den Giessener Juristen
http://www.uni-giessen.de/~g113/fb01diss.html
liegt der Hund in einem "bzw." begraben:

"In den Fällen a) und d) überträgt der Doktorand der
Hochschule das Recht
weitere Kopien von seiner Dissertation herzustellen und zu
verbreiten bzw. in
Datennetzen zur Verfügung zu stellen."

Der Normgeber wollte hier sicher nicht den Fall regeln,
dass gebundene Exemplare (Fall a) abgeliefert werden, die
Arbeit von der Bibliothek digitalisiert und ins Netz
gestellt wird.  

Radikaler Textvorschlag

(1) Der Doktorand hat seine Dissertation zu
veroeffentlichen, indem er eine elektronische Fassung der
Universitaetsbibliothek in einem von dieser bestimmten
Datenformat uebergibt und ihr zugleich das Recht
uebertraegt, diese fuer den Zweck der Archivierung und des
Dissertations-Schriftentauschs mit anderen Bibliotheken zu
vervielfaeltigen und zu verbreiten sowie im Internet
zugaenglich zu machen.
(2) Der Doktorand ist verpflichtet eine deutsche
Zusammenfassung und ein englisches Abstract der
Dissertation der Universitaetsbibliothek in elektronischer
Form zu uebergeben, die diese im Internet zugaenglich
machen darf.
(3) Soll die Dissertation in einer Zeitschrift oder durch
einen gewerblichen Verleger veroeffentlicht werden, so kann
auf Antrag gestattet werden, dass die Zugaenglichmachung im
Internet durch die Universitaetsbibliothek erst nach einer
festzusetzenden Frist, die jedoch fuenf Jahre nicht
ueberschreiten darf, erfolgt.

Erlaeuterung:

Wenn die UB aus oeffentlichem Interesse an
alterungsbestaendigen Exemplaren und an gedruckten
Exemplaren fuer den Schriftentausch Interesse hat, so kann
sie dies auf eigene Kosten ins Werk setzen. Es ist nicht
geboten, den Kandidaten damit zu belasten.

Obige Formulierung sieht kein Pflichtexemplar der
(gedruckten) Verlagspublikation vor. Erfolgt die
Publikation in einem kostenpflichtigen E-Only-Journal, so
mueste hier eine gesonderte Regelung getroffen werden. 

Es waere schoen, wenn z.B. Herr Hilf sich dafuer engagieren
wuerde, die Oldenburger Physik-Promotionsordnung in obigem
Sinne zu aendern.

Klaus Graf
  


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.