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[InetBib] Bundesweit zugängliche Pay-per-Use-Angebote



Liebe Inetbib-Leser,

in der letzten Woche brachte Klaus Graf im netbib weblog
(http://log.netbib.de/archives/2006/02/02/literaturversorgung/) ein
typisches Beispiel für Probleme bei der Informationsversorgung außerhalb der
Metropolen und Wissenschaftszentren zur Sprache:

<zitat>
"Hier in Breisach sitze ich völlig auf dem Trockenen - trotz
Rhein-Nähe. Unsere 'Stadt'-Bücherei macht auch keine Fernleihen. Nur die
Frage danach trug mir einen erstaunt-genervten Blick ein." Die Frage ging
nach dem 'Lexikon des Mittelalters'. Was rät man da? Nicht jeder hat die
Möglichkeit, von Breisach wöchentlich nach Freiburg zu fahren. Die
REDI-Datenbanken sind in Baden-Württemberg nur für Uni-Angehörige von
zuhause benutzbar, weder Karlsruhe noch Stuttgart bieten einen
'Home-Access' für Benutzer.
</zitat>

Ja, was rät man da? Das "Lexikon des Mittelalters" (LexMA) steht nicht nur
als zehnbändiges Druckwerk zur Verfügung, sondern auch als CD-ROM und als
Online-Datenbank. Die Online-Datenbank und in eingeschränktem Maß auch die
CD-ROM-Fassung - könnten aus technischer Sicht prinzipiell allen
Internet-Nutzern zugänglich gemacht werden. Da es sich jedoch um
lizenzpflichtige Produkte handelt, und die bisherigen Lizenzmodelle der
Anbieter von Fachdatenbanken fast ausschließlich auf institutionelle
Lizenznehmer (vor allem wissenschaftliche Bibliotheken) zugeschnitten sind,
ist die Informationversorgung im Bereich elektronischer Medien
paradoxerweise problematischer, als bei Druckwerken. Letztere können in
vielen Fällen per Fernleihe oder Dokumentlieferung zur Verfügung gestellt
werden, während für Online-Datenbanken bislang kein geeignetes Instrument
zur Verfügung stand.

Seit dem Jahr 2005 steht nun eine beachtliche Zahl vor allem
geisteswissenschaftlicher Fachdatenbanken überregional zur Verfügung. Dabei
werden zwei komplementäre Ansätze verfolgt, mit deren Hilfe alle
wissenschaftlich interessierten Personen mit Wohnsitz in der Bundesrepublik
Deutschland Zugang zu Fachdatenbanken erhalten können:

Nationallizenz-Modell: Abgeschlossene Text- und Datensammlungen werden mit
Hilfe zentraler Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft erworben
und allen Interessierten - auch Einzelnutzern ohne institutionelle Anbindung
- frei über das Internet zugänglich gemacht.

Pay-per-Use-Modell: Gegen Entrichtung eines moderaten Entgelts wird ein
zeitlich begrenzter Zugriff auf laufende Bibliographien und andere nicht
abgeschlossene Datensammlungen sowie Nachschlagewerke ermöglicht.

Da für das "Lexikon des Mittelalters" keine Nationallizenz-Lösung zustande
gekommen ist, wird diese Datenbank über die Pay-per-Use-Plattform der
Bayerischen Staatsbibliothek verfügbar gemacht. Nach einmaliger
Registrierung bei der Plattform können Einzelnutzer gegen ein Entgelt von 5
Euro innerhalb eines Zeitfensters von 12 Stunden gleichzeitig auf das
Lexikon und die "International Medieval Bibliography" zugreifen. Details zu
der im Rahmen eines DFG-Projekts aufgebauten Plattform, zum
Pay-per-Use-Ansatz, zu den Zugriffsmodalitäten sowie zur verfügbaren
Palette an Fachdatenbanken finden sich unter der Adresse:

http://www.bsb-muenchen.de/datenb/ppuprojekt.htm

Die Bayerische Staatsbibliothek, die als Sondersammelgebietsbibliothek für
Geschichte die überregionale Informationsversorgung in diesem Fachgebiet
sicherstellen soll, muss für jeden Pay-per-Use-Zugriff eine Lizenzgebühr an
den Datenbankanbieter entrichten. Um die Zugangshürde so niedrig wie möglich
zu halten, entspricht das vom Einzelnutzer zu entrichtende Entgelt der Höhe
der Lizenzgebühren. Die Bezahlung erfolgt im Rechnungstellungsverfahren, das
z. B. auch bei Dokumentlieferdiensten zum Einsatz kommt.

Um die Eingangsfrage wieder aufzugreifen: Was rät man einem Nutzer, der
irgendwo außerhalb wissenschaftlicher Informationsparadiese sitzt, aber
trotzdem auf Fachinformationen zugreifen möchte? Bedenkt man, was allein die
Fahrt zu einer Bibliothek mit Zugangslizenz, die Parkplatzgebühren
(wahlweise das Knöllchen) und die möglicherweise anfallenden Papierkopien
kosten - vom Zeitaufwand ganz abgesehen -, könnte eine für 5 Euro offerierte
Zugriffsoption vom heimischen Computer samt Abspeicher- und Druckoption eine
durchaus interessante Alternative darstellen.

Mit besten Grüßen,

Gregor Horstkemper



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Gregor Horstkemper
Bayerische Staatsbibliothek
Ref. Zeitschriften / Elektronische Medien
D - 80328 Muenchen
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E-Mail: horstkemper@xxxxxxxxxxxxxxx
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