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Re: [InetBib] Open Access mit oder ohne Verzoegerung



Lieber Herr Hilf,

ich bin mit Ihren Argumenten vollkommen einverstanden. Leute wie wir, die sich 
ständig mit OA beschäftigen, brauchen kein Moratorium. 

Für Einsteiger in OA aber ist ein Moratorium hilfreich. Die Autoren bewegen 
sich zunächst auf vertrautem Gebiet. Wenn dann nach einem Jahr die Wahrnehmung 
ihrer Arbeit durch die Online-Version noch gesteigert wird, werden sie das 
sicher gerne zur Kenntnis nehmen. Für mich als Verlag ist es aber sehr 
angenehm, keine publikationsphilosophischen Grundsatzdiskussionen führen zu 
müssen. Die Jahresklausel, die in der Praxis nach dem jetzigen Stand der Dinge 
keine nennenswerte Bedeutung hat, war in der politischen Diskussion in den 
Gremien durchaus wichtig. Es ist das eine, sich eine optimale Satzung 
auszudenken, das andere, sie weitgehend unbeschadet durch das Rektorat, diverse 
Gremien, den Senat und schließlich das Ministerium ins Verkündungsblatt zu 
bekommen.

Interessant ist übrigens, daß durch die OA-Pflicht ein gewisser Qualitätsfilter 
eingebaut ist. So haben Autoren auf eine Publikation im Verlag mit dem Argument 
verzichtet, daß dann jeder ihre Arbeit einsehen könne. Daran hätten sie kein 
Interesse, denn so überragend sei die Arbeit nicht gewesen. Tja, dann muß ich 
die auch nicht in den Verlag nehmen! :))

Vielleicht noch ein paar Gedanken zum Buchabsatz. Ich bin durchaus der 
Überzeugung, daß hybrides Publizieren den Buchabsatz fördert. Abzuwarten bleibt 
aber, wie der Käuferkreis aussieht. Wenn man preiswerte Bücher macht, dürften 
nichtinstitutionelle Käufer, also v.a. Wissenschaftler, verstärkt in Betracht 
kommen, die sich bei den 50 ?-plus-Dissertationen allenfalls über 
Rezensionsexemplare versorgt haben. Zugleich dürfte es bei den Bibliotheken zu 
einer gewissen Kaufzurückhaltung führen, da die reine Information ja online 
frei und dauerhaft verfügbar ist. Andererseits ist es durchaus ein Wert, den 
Lesern ordentliche Leseexemplare anzubieten. Hinzu kommt die Pflege von 
Sammelschwerpunkten. Die weitere Entwicklung bleibt also abzuwarten. Ich rechne 
durchaus mit einem positiven Effekt auf den Buchabsatz, allerdings bei 
möglicherweise anderen Käuferschichten. Für den Autor freilich ist der 
Buchabsatz im Grunde nicht besonders relevant, da beim hybridem Publizieren die 
Sichtbarkeit seiner Arbeit nicht von der Zahl der tatsächlich verbreiteten 
Bücher abhängt.

Eric Steinhauer



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