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[InetBib] Dokumentenbereitstellung im Rahmen des bibliothekarischen Leihverkehrs





Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

zunehmend brauchen wir Zeitschriftenartikel aus Zeitschriften, die in
Deutschland nur noch als Online-Only-Abo's verfügbar sind. Es ist nahezu
nicht mehr möglich, im Rahmen der Fernleihe oder SUBITO davon eine Kopie
zu erhalten. Auch das Ausdrucken des Artikel und verschicken mit der
Post wird abgelehnt, weil es gegen geltendes Recht verstoßen würde.

An dieser Aussage habe ich erhebliche Zweifel. Liegt unsere Zukunft
darin, dass es keine Dokumentenbereitstellung/Fernleihe zwischen den
Bibliotheken geben wird, wenn alle wichtigen Zeitschriften nur noch
online verfügbar sind und nur noch dem registrierten Benutzer der
Vertragsbibliothek zur Verfügung stehen?

Im Gutachten von Dr. Harald Müller, veröffentlicht im Bibliotheksdienst
36. Jg. (2002), H.3. - S. 321 ff steht unter Punkt 6 folgender Satz:
"Somit kann als eindeutiges Ergebnis festgehalten werden, dass eine
Vertragsklausel in einem Online-Vertrag, die den Ausdruck von Aufsätzen
aus E-Journals für den bibliothekarischen Leihverkehr verbietet, gemäß
der Regelung in §87e UrhG unwirksam ist." Wir haben also die
Möglichkeit, den Artikel auszudrucken und im Rahmen des Leihverkehrs zu
verschicken, ohne dass das eine Straftat genannt werden darf.
Bitte stellen Sie sich die Konsequenzen vor, wenn wir die E-Journals nur
noch den registrierten Benutzern einer Bibliothek/eines Konsortiums zur
Verfügung stellen würden. In nicht all zu ferner Zukunft wird es in der
Wissenschaft nur noch E-Journals geben. Mit ihrem Verhalten wären die
Bibliotheken dann Vorreiter im Vorenthalten von Informationen. Wir
würden den Verlagen zu ihrem Geld verhelfen, indem wir nicht mehr
kooperativ gemeinsam unseren Auftrag wahrnehmen, sondern den Leihverkehr
einstellen und die "Fremdlinge" an die Verlage zum Direktkauf verweisen!
Eine weitere Folge wäre die, dass nur noch gut finanzierte Bibliotheken
in der Lage wären, ihren Benutzern alle benötigten Informationen zur
Verfügung zu stellen, die anderen blieben auf der Strecke! Ist das
gewünscht - wollen wir das? Hoffentlich nicht. Liebe Kolleginnen und
Kollegen, wir brauchen hier mehr Rechtsbewusstsein im Umgang mit
E-Journals. Die Grenzen für unsere Arbeit werden immer enger, aber
Rückzug ist wohl das Falscheste was wir tun können. Ich möchte alle
aufrufen, unseren rechtlichen Spielraum komplett wahrzunehmen um unseren
Auftrag, den wir gegenüber unseren Nutzern haben, bestmöglich erfüllen
zu können. Der freiwillige Rückzug hinter die Linien wäre ein nicht gut
zu machender Fehler, der als extrem nachhaltig zu bezeichnen wäre.

Mit freundlichen Grüßen,
Edith Reschke

Forschungszentrum Dresden-Rossendorf e.V.
Leiterin der Bibliothek
Edith Reschke
Postfach 51 01 19
01314 Dresden

Tel. 0351 - 260 3364
Fax 0351 - 260 3399
Email: e.reschke@xxxxxx
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Forschungszentrum Dresden-Rossendorf e.V.; Bautzner Landstraße 128,
01328 Dresden;
Vorstand: Prof. Dr. Roland Sauerbrey, Dr. Dr. h. c. Peter Joehnk; VR
1693 beim Amtsgericht Dresden













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