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[InetBib] DBV-Rechtskommission zu Abmahnung einer ÖB



Liebe Leser/innen dieser Liste!

Vor einigen Tagen wurde in ForumÖB diese Anfrage gepostet:

- Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute fand ich in der Post eine Abmahnung wegen
Urheberrechtsverletzung und die Aufforderung zur Abgabe einer
Unterlassungserklärung der U+C Rechtanwälte aus Regensburg vor.

Es wird vorgeworfen, dass im Februar von unserem Internetanschluss
aus das urheberrechtlich geschützte Werk "Das Mädcheninternat"
heruntergeladen worden sei.

Wie verhält man sich nun in diesem Fall?

Aus Sicht der DBV-Rechtskommission sind zu diesem Vorwurf einige Anmerkungen
notwendig.
1. Grundsätzlich ist das Downloaden/Ausdrucken von urheberrechtlich geschützten
Werken (=Texte, Musik, Filme, Bilder etc.) aus dem Internet gesetzlich
ausdrücklich erlaubt, wenn es zu privaten oder wissenschaftlichen Zwecken
erfolgt. Rechtsgrundlage ist hier der § 53 Abs. 1 bzw. § 53 Abs. 2 Satz 1 Ziff.
1 UrhG.
2. Für ein Downloaden zu privaten Zwecken gilt allerdings eine Einschränkung: Es
ist nicht (!) zulässig, wenn die Vorlage "offensichtlich rechtswidrig
hergestellt oder öffentlich zugänglich gemacht" ist. Entscheidend ist, wie
bereits der Wortlaut zeigt, das Wort "offensichtlich". Hierzu schreibt der
gerade erschienene Kommentar von Dreier/Schulze, UrhR, 3. Aufl., § 53 Rdn. 12:
"Wenig Klarheit herrscht jedoch noch immer darüber, wann eine Vorlage
offensichtlich rechtswidrig hergestellt bzw. öffentlich zugänglich gemacht
worden ist und wann nicht."
3. Eine kurze Recherche im Internet zeigt mir, daß mehrere, d.h.
unterschiedliche Filme mit besagtem Titel von Dutzenden Servern weltweit zum
Download angeboten werden. Da mir der Titel nichts sagt, weiß ich nicht, ob und
welche Angebote "offensichtlich" illegal sind.
4. Für ein Downloaden zu wissenschaftlichen Zwecken gilt übrigens die
Einschränkung nicht.
5. Eine Abmahnung einer ÖB wegen des Downloads eines Filmes am Internet-PC der
Bibliothek ist allein schon aus urheberrechtlicher Sicht höchstwahrscheinlich
unberechtigt.
6. Außerdem wäre da noch der § 8 Telemediengesetz zu beachten:
"§ 8 Durchleitung von Informationen
(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem
Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung
vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie 
1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem
Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu
begehen."
7. Als Ergebnis dieser wenigen Gedanken kann also festgehalten werden, daß eine
Abmahnung einer ÖB keinerlei Aussicht auf Erfolg hat. Vor Gericht werden die
abmahnenden Rechtsanwälte höchstwahrscheinlich eine Niederlage erleiden. Deshalb
rät die DBV-Rechtskommission allen Bibliotheken, in vergleichbaren Fällen der
Abmahnung sofort (per Einschreiben mit Rückschein) in allen Punkten zu
widersprechen, sämtliche Forderungen abzulehnen und den Abmahner auf den
Klageweg zu verweisen.

Mit freundlichen Grüßen

--
Dr. Harald Müller
DBV-Rechtskommission
 
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht /
Bibliothek
Max Planck Institute for Comparative Public Law
and International Law / Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
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