[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [InetBib] Rollt Google Europa von Norden her auf?



On Fri, 13 Feb 2009 17:23:12 +0100
 Manfred.Hauer@xxxxxxxxxx wrote:
Sehr geehrte Damen und Herren,

die Einigung von Google mit den Autoren, Verlagen und
Bibliotheken in den 
USA ist in der Inetbib-Szene bekannt, aber so
umfangreich, dass wohl nur 
wenige Juristen diese hinreichend verstehen. Ich nehme
an, es ist noch 
nicht bekannt, dass Google damit auch die europaeischen
Werke wohl 
komplett einscannen will

Informationen der VG Wort dazu:

http://www.vgwort.de/files/vg_newsletter_0209_v1.pdf

Vom oesterreichischen Aequivalent:

http://www.literar.at/Newsletter_Google.pdf

Natuerlich hat Google schon Millionen auslaendischer Titel
eingescannt und dies auch weiter vor, zumindest in den
Partnerbibliotheken der USA.

Entscheidend ist, dass sich der Vergleich ausschliesslich
auf die USA und ein US-Publikum (Googles Blockade fuer
Nicht-US-Leser bei gemeinfreien Werken setze ich als
bekannt voraus) bezieht. Vor einem US-Gericht koennen dann
kuenftig keine Einwaende mehr vorgebracht werden, was den
Gegenstand des Vergleichs, das Scannen und die
Zugaenglichmachung in den USA, angeht.

Es ist denkbar, dass ein US-Gericht die Einhaltung der
Vertragsbedingungen durch Google thematisiert, auch was
auslaendische Werke angeht, beispielsweise wenn die
US-Only-Begrenzung zu leicht umgangen werden kann.

Hinsichtlich von Klagen vor schwedischen, deutschen,
tuerkischen usw. Gerichten kommt es darauf an, ob die via
"class action" (Gruppenklage) und anschliessend gerichtlich
bestaetigtem Vergleich zum Ausdruck gebrachte Zustimmung
irgendwelche Rechtswirkungen fuer das nationale Recht
entfaltet. Das kommt auf das nationale Recht und die
Position der nationalen Gerichte an. Fuer Deutschland ist
die Position des LG Hamburg in der Sache WBG vs. Google
bemerkenswert:

http://www.bdzv.de/bdzv_intern+M5a5a108db96.html

Es ist also denkbar, dass das Digitalisieren nach deutschem
Recht nicht angegriffen werden kann, da es ja fuer die USA
mit (fingierter) Zustimmung des Rechteinhabers erfolgt. Was
das Darstellen der Schnipsel bzw. in der Trefferliste
angeht, muss abgewartet werden, wie deutsche Gerichte
entscheiden.

Sowohl die VG Wort als auch ihr oest. Pendant raten Autoren
dringend davon ab, einzeln Ansprueche anzumelden bzw.
Einwaende vorzubringen.

Ungluecklicherweise ist die VG Wort im Wuergegriff der
Verlagslobby und vertritt nur deren Interessen, nicht aber
die Interessen von Autoren, die an einer moeglichst
weitreichenden Sichtbarkeit ihrer Buecher via Google
interessiert sind. Die VG Wort ist ein staatlich geduldetes
Unrechtssystem, das Autoren z.B. durch Meldekonditionen
schikaniert und ihnen zustende Verguetungen den Verlagen
zuschanzt.

Ich moechte also z.B. nicht, dass die VG Wort die teilweise
Darstellung vergriffener Buecher in den USA untersagt.

Betroffen sind nicht nur Buchautoren, die ueber die
ausschliesslichen Nutzungsrechte ihrer Buecher verfuegen,
sondern auch Beitraeger in Sammelbaenden, bei denen dem
Verlag kein ausschließliches Nutzungsrecht zusteht
(Zeitschriftenbeitraege sind ausgeschlossen.) Bei diesen
handelt es sich um die sogenannten "Beilagen" (kein Mensch
versteht zunaechst bei Lektuere des Gerichts-Englisch, was
damit gemeint ist, aber Google hat durch Mail an mich
bestaetigt, dass Sammelbandbeitraege darunter fallen
koennen  ), die vom Settlement erfasst werden.

Im wissenschaftlichen Bereich boete sich die Chance, dass
eine Gruppe von Beilagen-Verfassern, die z.B. gemaess § 38
UrhG Rechteinhaber sind, mit Google die weltweite
kostenlose Zugaenglichkeit - Open Access - ihrer
Fachbeitraege aushandelt (und ggf. auf die 5 Dollar
rueckwirkend verzichtet). Das erbaermliche Bild und die
extreme Inkompetenz, die das Urheberrechtsbuendnis in
Sachen Unbekannte Nutzungsrechte gezeigt hat, lassen da
allerdings nichts hoffen.

Die Interessen von Open Access werden weder von
Verwertungsgesellschaften und Verlagen und den von
Literaten dominierten Autorenverbaenden vertreten - im
Gegenteil: diese positionieren sich gegen Open Access und
uebergehen die Wuensche der Wissenschaftler.

Klaus Graf 

Klaus Graf  



Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.