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Re: [InetBib] Scannen der Verlagspublikation fuers Repositorium zulaessig?



Mit Verlaub: Brötchen kaufe ich beim Bäcker und nicht beim Schornsteinfeger, 
und Rechtsrat sollte man sich beim Juristen holen, nicht beim Historiker. 
Vielen Beiträgen des Kollegen Graf merkt man zwar Freude und Fleiß beim 
juristischen Dilettieren an, das rechtfertigt aber noch nicht die Überzeugung, 
mit der manch eigenartige Gedankensprünge vorgetragen werden. 

Der Beitrag von Steinhauer beschäftigt sich mit dem Scannen einzelner (älterer) 
Zeitschriftenbeiträge, die vom Verlag - vermutlich mangels entsprechender 
Rechtseinräumung im Verlagsvertrag resp. gesetzlichem Rechteerwerb gemäß § 137 
l UrhG - nicht online verbreitet werden. Graf macht daraus ein allgemeines 
Recht von Repositorien, pdfs, die ein Verlag von seinen Publikationen erstellt 
hat, ohne Genehmigung öffentlich zugänglich zu machen.

Auch der Historiker könnte, meint man, bemerken, dass hier eine Analogie 
zwischen zwei Sachverhalten hergestellt wird, die sich deutlich unterscheiden. 
Zunächst einmal ist die verlagsvertragliche Situation bei (älteren) 
Zeitschriftenbeiträgen regelmäßig eine ganz andere als diejenige, die man 
allgemein bei "Verlagspublikationen", also z.B. Büchern oder neueren 
Zeitschriftenbeiträgen, vorfindet. So würde ich aus dem Umstand, dass der 
Verlag ein pdf verbreitet (was zumeist in der Form öffentlicher 
Zugänglichmachung erfolgt), herleiten, dass er davon ausgeht, zu dieser 
Nutzungshandlung vom Autor befugt zu sein. Dies sollte zu der Frage führen, ob 
daneben (vertraglich) tatsächlich noch Raum geblieben ist für eine vom Verlag 
nicht genehmigte Nutzung derselben Datei durch ein Repositorium. Schließlich 
aber stellt das von Graf empfohlene direkte Konkurrieren mit einem vom Verlag 
erstellten und verbreiteten pdf auch wettbewerbsrechtlich einen ganz anderen 
Sachverhalt dar als die von 
 Steinhauer abgehandelte Eigenerstellung einer digitalen Version eines 
(älteren) Beitrags aus einer gedruckten Zeitschrift. Es liegt nämlich auf der 
Hand, dass sich das Ausmaß der Leistungsübernahme und das Vorliegen einer 
Wettbewerbssituation (zwischen zwei identischen digitalen Produkten) in den 
beiden Konstellationen deutlich voneinander unterscheiden. 

Übrigens würde ich auch der (ungleich respektableren) Steinhauerschen 
Empfehlung nicht ohne Weiteres folgen. Einmal abgesehen davon, dass die 
wettbewerbsrechtliche Wertung anders vorgenommen werden kann und in bestimmten 
Fällen auch markenrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sind, 
bleibt das Repositorium Urheberrechtsverletzer, wenn sich nach einer vom Verlag 
nicht genehmigten Digitalisierung und online-Nutzung eines 
Zeitschriftenbeitrags herausstellt, dass der Autor (gutgläubig) über Rechte 
(mit)verfügt hat, die er nicht besaß (das können neben Rechtspositionen des 
Verlags z.B. auch Rechte von Mitverfassern des Beitrags sein). Ungeachtet von 
den Fragen der Beweislast, die Steinhauer hervorhebt, setzt sich der Betreiber 
des Repositoriums also immer einem Risiko aus, das er selbst nicht zuverlässig 
einschätzen kann.

Deswegen scheint mir in solchen Fällen der Weg der Wahl in einer kurzen 
schriftlichen Verständigung zwischen Autor und Verlag zu liegen, die sich das 
Repositorium vorlegen lässt. In der Regel wird ein Verlag, der an einem älteren 
Zeitschriftenbeitrag keine online-Nutzungsrechte besitzt, gegen Einräumung 
dieser Rechte durch den Autor zur Gestattung der Nutzung des Aufsatzes im 
Repositorium gerne bereit sein.

Ohnehin ist es zu bedauern, dass partnerschaftliche Ansätze in diesem Bereich 
viel zu selten propagiert werden. Dabei kommt es auf rechtliche Fragen gar 
nicht erst an, wenn sich Autor und Verlag im Vorhinein auf eine für beide 
interessengerechte Lösung verständigen.

Christian Sprang



-------- Original-Nachricht --------
Datum: Wed, 18 Feb 2009 19:16:43 +0100
Von: "Klaus Graf" <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
An: Internet in Bibliotheken <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Betreff: [InetBib] Scannen der Verlagspublikation fuers Repositorium  
zulaessig?

Verlage haben neben dem Urheberrecht kein eigenstaendiges
Leistungsschutzrecht, das Repositorien daran hindern
wuerde, die Verlagspublikationen zu scannen, wenn ihnen die
Autoren wirksam die Online-Nutzungsrechte uebertragen
haben:

http://archiv.twoday.net/stories/5525695/
http://bibliotheksrecht.blog.de/2009/02/17/scannen-originale-5594501/

Klaus Graf

-- 
Dr. Christian Sprang
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