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Re: [InetBib] E-Mail -> Soziale Netzwerke ?



Guten Abend,



Am 16. März 2009 08:59 schrieb Dr. Werner Popken <Werner@xxxxxxxxxxxxxxx>:
Ja klar, es ist alles eine große Spielwiese, aber man muß nicht
unbedingt mitspielen. Ich persönlich spiele bei den meisten Sachen so
weit mit, bis ich die Regeln verstehe, aber dann stellt sich in der
Regel ziemlich schnell sich heraus, daß es doch immer wieder das alte
Spiel ist. „Mami, schau mal, was ich kann!“

Wie wollen Sie denn etwas beurteilen können wenn Sie es nicht
ausprobiert haben - den Fehler habe ich lange Zeit selbst gemacht und
Twitter als "unwichtig" abgetan. Die "Regeln" von Twitter kennen Sie
aber bestimmt schon: Es sind die Regeln der normalen menschlichen
Kommunikation, die Sie an jedem größerem Stammtisch finden. Es ist
halt keine analoge, sondern digitale Kommunikation - aber es ist
Kommunikation. Und die Regeln dafür sollte man kennen. (Watzlawick,
Schulz-von-Thun)

So ist der Mensch. Gleichzeitig mit dem Abbau realer Beziehungen
werden virtuelle Beziehungen aufgebaut, die noch weniger befriedigen.

Eine kühne These, deren Belegung ich voller Spannung entgegensehe -
meistens kennen die Menschen, die sich in Social Networks
zusammenfinden doch Face-to-Face oder suchen dann anschließend immer
noch den persönlichen Kontakt im Reallife - oder warum veranstalte ich
Duisburger Bloggertreffen? Bookcrossing-Meetups? Nach Ihrer These
wären die gar nicht notwendig weil sich jeder hinter seinem Bildschirm
verstecken würde. Diese Fälle mag es geben - aber in seltenen Fällen
doch wohl nur - ebenso wie es einen kleinen Anteil der Bevölkerung
bibliophil genannt werden kann...

Wie war es doch damals im Dorf so schön. Jeder kannte jeden, man kam
unvermeidlich und zwanglos ins Gespräch, jeder wußte alles, jeder
fühlte sich wohl, angenommen und aufgehoben. Aber hat das Dorf jemals
irgendetwas Bedeutendes hervorgebracht?

Tut mir Leid, ich muss hier an eine Stelle von "The Life of Brian"
denken - auf deutsch "Das Leben des Brian". Vielleicht sollten Sie
sich den mal anschauen, da gibt es eine Szene in der gefragt wird was
denn die Römer jemals für die Juden getan hätten... Äquadukte?
Mit Verlaub - einen solchen Unsinn habe ich schon seit langem nicht gelesen...

Da lobe ich mir die Bücher. Über Bücher kann man Kontakt zu Menschen
bekommen, die etwas zu sagen hatten.

Genau. So wie Konsalik, Simmel, Hedwig Courts-Mahler - die alle hatten
was zu sagen. (Damit möchte ich den Wert der Autoren für die
Unterhaltung nicht schmälern, aber es gibt auch Literatur, die im
Gewand des Hochgeistigen daherkommt - und im Endeffekt genauso
belanglos ist wie ein Tweed bei Twitter es sein kann.)

Daß diese nun wiederum, egal zu
welcher Zeit, ihrerseits entsetzlich isoliert waren, ist bekannt. Weil
das so war, fielen diese Leute auf und konnten über große Distanzen
Kontakt aufnehmen - so stelle ich mir das jedenfalls vor.

Und schon wieder eine These, die man spielend widerlegen könnte - aber
das muss ich nicht. Nenne Sie mir Beispiele, dann können wir gerne mal
drüber reden...

Heute kann jeder mit jedem (die technischen Voraussetzungen seien
erfüllt) Kontakt aufnehmen, aber die meisten haben nichts zu sagen.

Sehen wir der Wahrheit ins Gesicht: Das trifft auch auf manche
hochgeistigen Interviews im Kulturfernsehen zu...

Man schaue sich nur die vielgerühmten Hervorbringungen der Musik- und
Videokultur an: Re-Mixes.

Nun, Johann Sebastian Bach hat selbst seine Kantaten ab und an remixt.
Komponisten haben Opernmelodien für Harmoniemusik arrangiert, für
Klavier zu vier Händen - ich möchte nicht wissen wieviele Komponisten
allein Paganinis Capriccio in a-moll bearbeitet und variiert haben.
Hier ist nur eine Kulturtechnik in ein anderes Medium gewandert.
Besuchen Sie doch einfach mal ein Konzert der Philharmonixx aus
Duisburg und sie werden erleben, dass diese Mashups vielleicht nichts
zu bedeuten haben - wenn Sie aber Menschen unterhalten, ist ihr Zweck
mehr als erfüllt.

Die Inhalte sind davon völlig unabhängig und müssen erst noch
geschaffen werden. Die Leute, die mit der Technik herumspielen, sind
höchstwahrscheinlich nicht in der Lage, Inhalte zu schaffen.

Was ist denn bitteschön ein INHALT anderes als das, was in bestimmte
Gefäße gefüllt wird?
Nebenbei werten Sie gerade meine Arbeit als Blogger für die Duisburger
Philharmoniker ab, aber ich nehme das nicht persönlich. Echt nicht. Es
mag sein, dass der Techniker, der fürs Livestreaming der Kulturaffäre
verantwortlich ist auf den ersten Blick keine INHALTE schafft -
andererseits: Ohne Streaming keine Übertragung ins Web - damit kein
Inhalt an sich...

Insofern kann man sich, sobald man das Prinzip verstanden hat, wieder
ernsthaften Dingen zuwenden und auf die nächste Welle warten. Sie
kommt ganz bestimmt.

Haben die Zeitgenossen von Gutenberg auch bestimmt so gesehen, alles
nur ein Hype, das mit den Büchern. Setzt sich NIE durch...

 Es ist nicht nur nicht unwahrscheinlich, sondern
vermutlich so gut wie sicher, daß Google, Facebook usw. in ein paar
Jahren Geschichte sein werden. Von den anderen müssen wir nicht
sprechen.

Es ist immer so verdammt schwierig Prognosen zu machen, vor allem wenn
sie über die Zukunft getroffen werden...

 Um
solche Fehler zu vermeiden, Trends zu erkennen, Ideen zu bekommen
trifft man sich auf Konferenzen und liest solche Berichte und
Kommentare.

Wie jetzt - waren das alles gar nicht Ihre Ansichten???? Haben Sie nur
aus dem Artikel zitiert???
Ich bin etwas verwirrt, aber das macht nichts... Sie klären mich da
bestimmt gleich nochmal auf, gelle?

-- 
Christian Spließ
Schulbuchfonds-Koordinator
Immersatt Kinder- u. Jugendtisch e.V.
Klosterstr. 12
47051 Duisburg

Webseite: http://www.immersatt.org

Weblogs:

Dacapo - Weblog der Duisburger Philharmoniker
http://www.dacapo-dp.de

NGC6544
http://www.ngc6544.de



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