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Re: [InetBib] Friede den plumpen Servern



Lieber Herr Ulmer,

Sie neigen, zumindest in diesem Schreiben, zu Polarisierungen, die Dinge fuer den ersten Augenschein arg einfach machen: Hier die Bibliothekare (und Bibliothekarinnen?), die nahe an klassischer Sklaventreiberei agieren, dort sie als Fuersprecher der Verlage und (natuerlich vor allem) Autor/innen, die Sie vor dem Freitod/Open Access schuetzen wollen. Hier (Open Access?) viel Sichtbarkeit und wenig Wahrheit, dort (in Ihrem Dunstkreis?) vielleicht weniger Sichtbarkeit, aber viel Wahrheit -- dabei waere das Verhaeltnis von Sichtbarkeit und Wahrheit ja mindestens als Vierfeldertafel zu konzipieren, oder? Und die Welt wuerde wieder komplexer ...

Der könnte gerade so aus einem meiner zahlreichen Vorträge zum Thema stammen. Wer keinen Mehrwert bietet, der macht sich überflüssig. Und von hier kommen wir auch wieder zur Sichtbarkeit: Sichtbarkeit wird aus zwei Dingen bestehen: aus der Verfügbarkeit und aus der Aufmerksamkeit. Und der Akzent wird auf der Aufmerksamkeit liegen, wenn die Welt durch unendlich viele unedierte digitalisierte Schriften und Arbeiten von Selbstverlegern und Uniservern in einem informationellen Trommelfeuer ertaubt, dann wird (wie schon in der Vergangenheit) die Verlagsmarke und die Qualität der Textaufarbeitung und Texterschließung erst die Sichtbarkeit ausmachen, nicht der plumpe Server, der nebenher vom Institutssekretariat betrieben wird.

Nun bin ich nicht mehr sicher, ob Sie wirklich ueber Open Access schreiben:

Goldener Weg: Publikation in Open-Access-Zeitschrift --> Da "wir" Autor/innen und "wir" Zeitschriftenredaktionen eh schon lange die Begutachtung organsieren und da wir in immer mehr Faellen auch die komplette Redaktions- und Lektoratsarbeit machen, wieso sollten wir die fuer Zeitschriften, die von viel mehr Personen gesehen/wahrgenommen/gelesen werden, schlechter machen?

Gruener Weg (meinen Sie den mit dem "plumpen Server"?): parallele/nachtraegliche Publikation von begutachteten Beitraegen aus Closed-Access-Zeitschriften --> 1. siehe oben und 2. werden die Verlage, die tatsaechlich (und nicht nur nominell) noch lektorieren (und sich das bezahlen lassen) so schlecht nicht arbeiten, hoffe ich.

Und da Sie den Akzent auf Aufmerksamkeit legen: "wir" Wissenschaftler/innen sind im Internet angekommen, anders als (bedauerlicherweise!) viele grade kleine Verlage. "Wir" haben unsere disziplinaeren Mailinglisten und Foren. Fuer die Zeitschrift, an der ich unmittelbar beteiligt bin, haben wir seit 2000 einen Stamm von international ueber 10.000 registrierten Leser/innen aufgebaut, deren Aufmerksamkeit kriegen wir, und so mancher (auch grosse britische oder amerikanische) Verlag waere gluecklich, an so einen Verteiler zu kommen, um gezielt die Aufmerksamkeit einer spezifischen Klientel auf die eigenen Produkte zu lenken. Von hier aus waere einiges an Nachdenken ueber Kooperationen, Open Access und echten Mehrwert (fuer unterschiedliche Beteiligte) moeglich, dies aber jenseits von Diktatur- und Sklavereiwortspielen ...

Ihnen herzliche Gruesse,
Katja Mruck



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