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Re: [InetBib] Spiegel-Online Artikel BibliothekarInnen/FAMI



Dass das Tragen eines Dutts oder einer klassischen Brille nicht
kompatibel mit den heutigen bibliothekarischen Anforderungen sein soll,
ihr sogar der Mief des Staubigen anhaftet, ist zumindest schlecht
recherchiert.

Gerade in den letzten zwei Jahren hat sich die Mode positiv auf die
Vermittlerfunktion von Bibliotheken berufen: die klassische Bibliothek
war wohl noch nie so nah an einem Modetrend wie zuvor. Selbst
Fußballmanager tragen mittlerweile stolz ihren Cardigan, ein
Kleidungsstück, das lange Jahre den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren
vorbehalten war. Ein interessanter Vergleich zum Spiegel Online Artikel
bildet dieser Beitrag in der New York Times von 2007:

http://www.nytimes.com/2007/07/08/fashion/08librarian.html

Letztendlich berührt die Diskussion die alte Frage nach dem
"Spannungsverhältnis zwischen Eigen- und Fremdbild, zwischen Bibliothek
und Nutzer" wie es im Editorial zur 13. LIBREAS Ausgabe (Sommer 2008)
mit dem Schwerpunkt Popkultur: Bibliothek heißt. Der Modejournalist
Thomas Helbing beschreibt Trends auf den Laufstegen in der Saison
2007/08, Monika Bargmann schaut auf die Füße ihrer Kolleginnen und eine
Photostrecke von Juliane Henrich zeigt neue (alte) Brillenmodelle.

http://www.libreas.eu/ausgabe13/index.html

Interessant sind vor allem Lacey Prpic Hedtkes Überlegungen, die ich
übrigens mit Dutt, Cardigan und Schmetterlingsbrille kennen lernte. Sie
zeigt, dass wenn wir über das modische Erscheinungsbild von
Bibliothekspersonal reden, wir meisten über Frauen sprechen.

Sie schreibt:

"Women haven't been visible in the workforce for that long, compared to
men, so when a woman holds a position with a prerequisite of
intelligence, it is easier to see her as a sex object."

Hier sieht man, wie Frau Simon und Herr Umstätter zu Recht hervorheben,
das emanzipatorische Potential bibliothekarischer Tätigkeit, wenn sie an
ein selbstbewusstes modisches Auftreten gekoppelt ist. Aber auch die
Gefahr, dass sich Frauen im Beruf weiterhin auf ihr Aussehen reduzieren
lassen müssen, um überhaupt wahr- und ernstgenommen zu werden.

Schade, dass der Spiegel-Artikel das kritische Potential eines
augenscheinlich platten Klischees übersieht und die Bibliothekarin in
die Unsichtbarkeit verbannen möchte.

-- 
Najko Jahn

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