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Re: [InetBib] Informationspflicht in Bibliotheken, Teil 2



Herr Pannier hat doch schon als Leiter einer der
bedeutendsten Rechtsbibliotheken die richtige Antwort
gegeben: Der Nutzer ist selbst dafuer verantwortlich, ob er
das Urheberrecht einhaelt. Eine Haftung des Bibliothekars
besteht nach derzeitigem Meinungsstand nicht.

Ich halte jede noch so gut gemeinte Information fuer
unangemessen und moeglicherweise auch rechtswidrig, die
sich einseitig auf die Seite der Verwerter schlaegt und
deren Copyfraud akzeptiert.

Wenn das bestehende Recht offenkundig absurd und teilweise
unverstaendlich ist, wie ich in der ausfuehrlichen
Kommentierung zu § 53 UrhG in meiner im Buchhandel (und
online gratis www.contumax.de) erhaeltlichen
"Urheberrechtsfibel - nicht nur fuer Piraten" dargelegt
habe, moechte ich gern denjenigen Bibliothekar
kennenlernen, der die extrem komplexe Problematik, die ich
bei Musiknoten in meiner Antwort angedeutet hatte, in Form
eines Aushangs oder einer kurzen muendlichen Unterweisung
korrekt darstellen kann. Ich halte das fuer unmoeglich.

Sie schreiben, die Rechtslage sei Ihnen klar. Das ist
schoen fuer Sie, aber vermutlich sind Sie dann der einzige,
und wir sollten alles tun, Sie in dieser Liste zu behalten
und als eine Art Orakel von Delphi bei diffizilen
musikrechtlichen Fragen auf dem Gebiet des Urheberrechts
einsetzen.

Seit 1997 bin ich in dieser Liste (zum Leidwesen vieler)
aktiv und viele wissen, dass ich kein Bibliothekar, sondern
Archivar bin. Da ich es nicht mit Musiknoten zu tun habe,
lasse ich meine Benutzer das kopieren, was sie wollen bzw.
unterstelle einen gesetzlichen Zweck (Privatkopie, eigener
wissenschaftlicher Gebrauch), und nicht anders handhaben
das meine studentischen Hilfskraefte. Ergibt sich mit einem
Benutzer ein Gespraech z.B. ueber Bildrechte (was sehr
sporadisch vorkommt), versuche ich ansatzweise die
Rechtslage, aber auch die Probleme zu skizzieren. Da ich
darueber gern rede, laesst sich nicht in jedem Fall
ausschließen, dass der Benutzer es womoeglich kuerzer
haette.

Wenn ein Benutzer mit einem Musiknotendruck in der Hand vor
Ihnen steht, wuerde ich an Ihrer Stelle ihm einen
Handzettel mit einer kurzen von Ihnen als DEM Experten fuer
Musiknoten-UrhR verfassten Einfuehrung (die natuerlich fuer
uns alle hier von unschaetzbarem Wert waere) mit einer
hoeflichen Bemerkung "Falls Sie nicht wissen, dass
moeglicherweise die Notenkopie, die Sie vornehmen wollen,
verboten ist, habe ich hier eine Information fuer Sie"
ueberreichen und es dabei bewenden lassen.

In Nicht-Musikbibliotheken koennen natuerlich die werten
Damen und Herren Bibliothekare auch einen - ggf.
veraenderten - Auszug aus meinem oben genannten Buch zu §
53 UrhG den BenutzerInnen als Handzettel dedizieren.
Aufgrund der CC-BY-SA 3.0-Lizenz der Veroeffentlichung
waere das zu 100 % legal.

Klaus Graf      

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