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AW: [InetBib] Leitfaden zu § 137l UrhG



Liebe Pfingstgemeinde!

Es ist mir wirklich ein Herzensbedürfnis, etwas zur Aufklärung des Vaterlandes 
beizutragen.

Hier wird laufend von Vertrag geschrieben. Aber was ist damit gemeint? Ganz 
offensichtlich reden die diversen Herren (hey, wo bleiben eigentlich die 
Damen?) permanent aneinander vorbei.

Ich jedenfalls möchte mich ausschließlich konzentrieren auf den Vertrag zur 
Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte im Sinne von § 31 UrhG. Wie ein 
solcher Vertrag zustande kommt, bestimmt das BGB, nämlich durch zwei 
korrespondierende Willenserklärungen. Das kann mündlich, schriftlich oder 
"konkludent" (Grunzen, Nicken, Gestik usw. usf.) erfolgen. Nur - eine wirksame 
Übertragung von Nutzungsrechten setzt stets einen wirksamen Vertrag voraus. 
Doch muß der nicht unbedingt schriftlich vorliegen. Deshalb hilft der Verweis 
auf den Verlagsvertrag nach Verlagsgesetz wenig weiter. Auch auf die Gefahr 
nochmaliger Rüge: Lieber Herr Graf, wenn Sie beim Bäcker ein Brot kaufen, wird 
der Kaufvertrag doch auch nicht zu Papier gebracht, oder? Ein Jurist setzt das 
Wort "Vertrag" nicht gleich mit dem Wort "Papier".

Im vorliegenden Fall geht es darum, welche Nutzungsrechte im Alltag an einen 
Verlag übertragen werden bzw. früher schon wurden. Das ist keine Rechtsfrage, 
sondern mehr eine Sachverhaltsfrage, die doch bitteschön nicht durch Hinweise 
auf Literaturquellen zu beantworten ist. Es ist eine empirische Frage. Die 
Meinungen hierüber gehen zur Zeit noch etwas auseinander, besonders zwischen 
den Herren G. & S. einerseits und Herrn K. andererseits. Wenn sich jemand von 
den Adrenalin-Junkies mal die Mühe machen würde, den Text von Herrn Dr. 
Kreutzer langsam und sine ira et studio (merke: Müller hat auch das große 
Latinum) zu lesen, würde er womöglich merken, daß dort genau diese Unsicherheit 
in der Sachverhaltsaufklärung explizit herausgestellt wird.

Leider geht etwas unter, was eigentlich besonders gewürdigt und gelobt werden 
sollte: Herr Dr. Kreutzer ist derjenige, der sich die Mühe gemacht hat, Licht 
in das Dunkel um § 137 l UrhG zu bringen. Das war gewiss nicht wenig Arbeit. 
Dafür gebührt ihm Lob, Dank und Anerkennung!!! 

Ein sonniges Pfingsten wünscht

--
Dr. Harald Müller

Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht / 
Bibliothek
Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law / Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
Mail: hmueller@xxxxxxx




Von: Klaus Graf
Gesendet: Fr 21.05.2010 19:50
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Leitfaden zu § 137l UrhG


On Fri, 21 May 2010 13:43:28 +0200 (CEST)
 Eric Steinhauer<eric.steinhauer@xxxxxxxxx> wrote:
Lieber Herr Kreutzer,

gerade greife ich in meinen Bücherschrank und finde bei
Schricker, Urheberrecht, [1. Aufl.], München 1987 (!), §
38, Rn. 3 dies:

"Da bei Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträgen und zT auch
bei nichtperiodischen Sammelwerken schriftliche Verträge
vielfach nicht geschlossen werden, ist § 38 UrhG von
nicht unerheblicher praktischer Bedeutung. Sie liegt vor
allem im Verlagsbereich, genauer gesagt, bei den
Zeitungen und Zeitschriften."

Das Zitat ist ein guter Beleg, da hier die für uns
interessante Zeit vor 1995 betroffen ist.

Herr Kaemper hat eine gute Zusammenfassung der Diskussion
in Archivalia mitgeteilt unter

http://archiv.twoday.net/stories/6344762

Ich habe im Kommentar Ergaenzungen aus zwei weiteren
Urheberrechtskommentaren gebracht, die meine Position voll
und ganz stuetzen. 

Zitat Harald Mueller in INETBIB nach der Bemerkung, ich
haette NULL PUNKTE:

(Zitat von mir)
"Wenigstens in den Geisteswissenschaften kann davon
ausgegangen
werden, dass früher keine Verträge abgeschlossen wurden,
also die Befristung auf
ein Jahr nach § 38 UrhG gilt."

(Mueller dazu:)
"Selbstverständlich wird jedesmal ein Vertrag abgeschlossen
(durch Angebot und
Annahme), wenn eine Person ein Manuskript zwecks
Veröffentlichung an einen
Verlag gibt."

Nun lesen wir im fuehrenden Urheberrechtskommentar von
Dreier/Schulze zu § 38 UrhG: "In der Regel wird bei
Zeitschriften- und Zeitungsbeiträgen kein Verlagsvertrag
geschlossen" 

Demnach hat auch Schulze NULL PUNKTE, wenns nach Herrn
Mueller geht ...

Aber damit die Pfingstruhe nicht gestoert wird, gebe ich
gern klein bei und attestiere Schulze einen vollstaendig
korrekten Sprachgebrauch (Verlagsvertrag = schriftlicher
Vertrag nach dem Verlagsgesetz) und mir die voellige
Ahnungslosigkeit.

Klaus Graf

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