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Re: [InetBib] De librorum digitalisatione



On Tue, 25 May 2010 16:08:14 +0200
 "Müller, Harald" <hmueller@xxxxxxx> wrote:
Liebe InetBiblerInnen!

In einem gerade erschienenen Aufsatz fragt der Autor
Ludwig Gieseke:
"Hätte der Heidelberger Theologieprofessor Jakob Fauth
(1757-1807) einen
Heidelberger Appell »Für Publikationsfreiheit und Wahrung
der Urheberrechte«
mitunterschrieben?"

Ausgehend von der Schrift »De eo, quod iustum est circa
librorum editiones
insciis ac invitis primis editoribus repetitas«, also
etwa: Über das, was - in
einer noch ungeregelten Situation - gerecht wäre beim
Nachdruck von Büchern ohne
Wissen und Zustimmung der ersten Verleger, beschäftigt
sich der Verfasser mit
alten Gedanken zu einem aktuellen Thema: "Nach Fauth
wurden nicht allein
Wissenschaft und Literatur, sondern auch der Buchhandel
durch Nachdrucke mehr
gefördert als gestört." 

Ich habe in meinem Aufsatz  

E-Mediävistik im Spannungsfeld von Wirtschaftsinteressen
und Informationsfreiheit (gedruckt 2004)

http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2009/13795/

dazu bereits ausgefuehrt:

"Wer Texte aus dem Mittelalter am modernen Urheberrecht
misst, muss
sich den Vorwurf des Anachronismus gefallen lassen. Das
Urheberrecht ist
eine moderne Erfindung. Seine Anfänge liegen in den
Nachdruckprivilegien
früher Buchdrucker, die nicht ganz unabhängig von der
Praxis der herrschaftlichen
Buchzensur betrachtet werden können. Im 18. Jahrhundert
wurde
dann der Gedanke des geistigen Eigentums ausgebildet, der
eine verhängnisvolle
Analogie zwischen dem Sacheigentum und der intellektuellen
Produktion
herstellte. Die Aufklärungszeit erlebte eine heftige
literarische Debatte
um das Verbot von Nachdrucken. Es lohnt sich durchaus, die
damaligen
Gegner eines Nachdruckverbots zu lesen. So schrieb Johann
Albert Heinrich
Reimarus 1791: »Unleugbar ist es, und dies sollte doch mehr
beherziget werden,
daß eben durch den Nachdruck Aufklärung und Kenntnisse
verbreitet
werden, wo sie sonst nur spät oder spärlich oder gar nicht
hingelangt wären.«
Und weiter: »Monopolium und sicherer Absatz der Ware macht
gewiß nie
wohlfeilere Ware, sondern gibt zu den größten Mißbräuchen
Anlaß"

Klaus Graf

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