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Re: [InetBib] "Vergesst die Pressefreiheit"



Auch ich danke für den Hinweis!

Während ich Ihnen zustimme, Herr Fenn, was den bereits vorhandenen
Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit auch im Internet angeht, würde
ich es doch befürworten, wenn dieses u.a. Medien im Grundgesetz
explizit erwähnt würden.

Wie ist das mit Händies und der ja anscheinend zumindest von den USA
recht global betriebenen Aufzeichung von Gesprächen und Ortsdaten?

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Es sieht doch faktisch schon länger so aus, dass die Quelle von
Druckwerke eine elektronische ist, und der Druck hauptsächlich
deswegen erfolgt, weil das neue Medium noch nicht so vertraut ist,
oder viele (noch) nicht damit umgehen können oder für jene, die
einfach lieber ein Stück Papier in der Hand halten und sich damit
zurücklehnen.
Ich könnte mir lokale Copyshops vorstellen, die die abonnierte Zeitung
frühmorgens ausdrucken, vielleicht sogar in meinem Lieblingsformat,
und von da aus liefern. Keine Zeitungskioske mehr...

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Fast alles, was erstmal "in der Wildnis" ist, ist schwer zu zensieren
- wenn ein Verlag nun letzteres fürchtet, müsste er bloß seine
Profitgier vergessen und Inhalte in die erstere freilassen, solange er
noch online ist.

Aber am Folgenden hab ich inzwischen durch jüngere Ereignisse ja herbe Zweifel:

Und im übrigen wäre der größte Gegner einer
Relativierung der Pressefreiheit natürlich -- die Presse.

Dies meisten Verlage fürchten vor allem die Wildnis.
Die zum Teil wirklich windelweiche Berichterstattung mit einem Kotau
nach dem anderen vor der anscheinend handlungsunfähigen EU in Sachen
der neuen Presse-Gesetze in Ungarn (ich habe das v.a. auf NDR Info
verfolgt, zugegebenermaßen kein Printverlag, aber in dieser Sache
schreckenerregend feige) lässt mich vermuten und befürchten, dass die
ganze Branche den Schuss nicht hören würde, wenn er denn käme.

Dass dazu mit dem Beginn der Ratspräsidentschaft eines offenbar nicht
sonderlich demokratischen EU-Landes das Thema inzwischen völlig
versenkt wurde, spricht für meine Vermutung.
Man könnte paranoid drüber werden: was pirscht sich da an??
Aber vielleicht ist es ja wirklich so, dass die Neuerungen in Ungarn
demokratischer sind als die vorherigen Gesetze, und vielleicht möchte
man wirklich nicht genauer über deutsche u.a. bereits lange operative
westliche Aufsichtsgremien diskutieren, über schlechte oder
nichtexistente Recherche und die Tatsächlichkeiten der real
existierenden Demokratie.
Vermutlich ist es erstaunlich, dass z.B. Rundfunkräte in diesem
Zusammenhang überhaupt auf den Tisch kamen.

(Für mich ist es z.B. ein immer frischer Aufreger, dass offenbar bis
heute der Index der Jugendgefährdenden Schriften nur einem ziemlich
kleinen Abonnentenkreis gegen horrende Gebühren zugänglich ist, und
Privatpersonen gar nicht - und das nicht mal so sehr, weil das
Anbieten von indizierten Titeln auf Internetplattformen zu horrend
teuren Abmahnungen führen kann, man selber aber gar nicht die
Möglichkeit hat, amtlich und bei der ersten Hand zu recherchieren, was
verboten ist.
Es kann ja wohl nicht angehen, dass unbekannte Gestalten irgendwo da
im Grauschwarzen  nach unbekannten Kriterien darüber entscheiden,
welche Medien wem wann wie zugänglich sind - und das nicht nur nicht
dem Bürger gegenüber rechtfertigen müssen, sondern auch in keiner
Weise die Öffentlichkeit darüber informieren?!)

Das Haupt-, wenn nicht einzige Interesse der Presse scheint mir dieser
Tage zu sein, ihre schrumpfenden Profite zu retten.
Wie Öl- und Autoindustrie bewegt sie sich kaum im Rahmen der massiven
technologischen Veränderungen und Herausforderungen, versucht, den
status quo zu erhalten und die Unterbindung von Neuerungen als
scheinbare Modernisierung zu verkaufen, egal, wie wichtig diese im
ökologischen oder kulturellen Rahmen wären -  siehe nicht nur
Börsenverein &Co. zu Open Access, sondern auch den
Rundfunkänderungsstaatsvertrag / depub.org - da ich fürchte jetzt
einfach mal so vor mich hin, dass, wenn denn eine Regierung diesen
Verlagen ein Monopol aufdrücken und Inhalte unterbinden würde, der
Maulkorb, sofern nur entsprechend vergütet, anstandslos geschluckt
würde.
Ich bitte die verdrehte Metapher (d. i. Köhlerismus) zu entschuldigen,
aber sie illustriert brauchbar meine Bauchschmerzen bei den Vorgängen.
Und ich hoffe, dass der Satz im Konjunktiv überhaupt richtig steht.

Es klingt blöd, aber zwei Generationen weitestgehend und
vergleichsweise konfliktloser Rechte in Deutschland und drei bis vier
in anderen Ländern scheinen dazu geführt zu haben, diese für
selbstverständlich zu nehmen und nicht als etwas, das immer wieder
bewiesen, gefordert und erkämpft werden muss - als etwas, für das
durchaus auch hier im ach so demokratischen Europa mal Blut geflossen
ist.
Vergessen ist bequem und gefährlich.

In der Hoffnung, dass jemand von Ihnen da draußen an diesem Tag die
Sonne sieht statt Eisregen -

Silke Ecks

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2011/2/4 Juergen Fenn <juergen.fenn@xxxxxx>:


Am 04.02.11 11:05 schrieb Wolfgang Sander-Beuermann:


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