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Re: [InetBib] Weniger oder mehr Zeitungen?



Ob sich die BILD-Zeitung halten wird ist wohl eine Frage der Zeit. Nach
Wikipedia ist die Auflagenzahl bereits rückläufig.

Schon zu Zeiten der gedruckten Zeitschriften sind jährlich etwa doppelt so
viel neue Zeitschriften entstanden, wie solche die ihr Erscheinen
einstellen mussten. Schon damals wurde von denen, die nur das Sterben
sahen, gern und viel von einer Zeitschriftenkrise und auch vom
Bibliothekssterben gesprochen. In Wirklichkeit haben wir aber seit
Jahrhunderten ein ungebrochenes Wachstum von etwa 3,5 % (20 Jahre
Verdopplung – höher als die Verdopplung der Menschheit), das ohne den
Wechsel auf das digitale Medium nicht möglich gewesen wäre. Dass dabei die
digitalen Publikationen immer wichtiger werden, ist schon darum
unausweichlich, weil Papier ein stark limitierter Informationsträger ist
(sowohl von der Menge her, als auch in seinen Möglichkeiten).

Außerdem eröffnet die digitale Welt immer mehr neue Formen der Publikation
(Decision Support Systems, Expert S., Interaktive S., Educative S. etc.,
bei denen die Apps sicher auch nur ein kleiner Anteil sein werden, auch
wenn die Verlage sich im Moment davon viel erhoffen. Obwohl ich mit i-Pad
und Konsorten durchaus eine neue Chance für e-Books sehe, vergesse ich
nicht, dass das Verlagswesen schon vor zwanzig Jahren e-Books (möglichst
solche, bei denen man nichts kopieren konnte) auf dem Markt etablieren
wollte. Schon allein damit, haben sie diese Entwicklung damals blockiert.

Das Problem ist einfach, alle wollen auf herkömmliche Weise möglichst
rasch (im Internet automatisch) viel Geld verdienen und wundern sich dann,
dass sich im Web 2.0 die Welt schon wieder verändert.

MfG

W. Umstätter



Am 15.02.11 11:42 schrieb Wolfgang Sander-Beuermann:

Von Kollegen, die Lehrveranstaltungen machen, kenne ich den Satz:
"KEINER meiner Studenten hat je eine Tageszeitung abonniert oder würde
sowas tun. Die lesen ALLE nur im Internet".

Der andersartige subjektive Eindruck wird daran liegen, dass Sie
vermutlich - ebenso wie ich - noch der "zeitunglesenden Generation"
angehören? Auch meine eigenen Kinder lesen nie Zeitung (aber durchaus
viele Bücher).

Man wird differenzieren müssen:

* Die BILD-Zeitung und Vergleichbares wird sich weiterhin halten -- der
Handwerker oder der Busfahrer ist keine Zielgruppe für das iPad.

* Auch die großen Wirtschaftszeitungen werden weiterhin bis in die
hinterletzte Bankfiliale geliefert.

* Was immer mehr fehlt, sind dagegen kritische Zeitungen. Die letzte,
die mainstreamtauglich weichgespült wurde, war der "Freitag", der
dadurch übrigens viele, viele Abonnenten und Kioskkäufer verloren hat --
so viele, daß er auch an der IVW-Erhebung schon lange nicht mehr
teilnimmt. Wer sich für kritische aktuelle Texte interessiert, liest
heute Blogs.

* Und das politische Sachbuch boomt, es ist wahr (Foer, Schirrmacher,
Sloterdijk, Leggewie/Welzer, Ziegler, Judt, Hessel...).

Jürgen Fenn.

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http://www.inetbib.de



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