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Re: [InetBib] Von Arbeitsgemeinschaften, Trotteln und Calls for Papers



Sehr geehrter Herr Pannier,

ich bin mir wirklich nicht sicher, worin die Besonderheiten der
"kleinen Arbeitsgemeinschaften (AG)" bestehen sollen, die Sie sie in
Ihrer Ausgangsmail gemeint hatten. Wenn Sie einwenden: Ja, der Jürgen
Plieninger, ja, der Edlef Stabenau (bzw. ja, die vielen kleinen
BloggerInnen), dann muß ich unweigerlich entgegnen: Das sind doch
nicht die Ausnahmen, sondern das sind *für die Art Engagement*, über
die wir hier reden, die typischen Fälle. Typisch im Sinne von: Wenige
Einzelne, die mit ziemlich viel Engagement etwas voranbringen, um die
drumherum es nochmal einen Haufen weiterer Personen gibt, die
vielleicht nicht ganz so viel machen, aber hier und da nach
Möglichkeit ein bißchen Aktivität beisteuern. So läuft's, behaupte
ich, unter den bibliothekarischen BlogautorInnen, den BeiträgerInnen
zur OPL-Checkliste, und - so meine Behauptung - letztlich auch im
"traditionell" organisierten Arbeitrgruppenwesen der Bibliotheken und
Ihrer Berufsverbände. Liege ich da falsch?

Wenn ich recht habe, dann wäre für diese "Engagierten" das, was an
Aufwandsentschädigung durch Abogebühren von Vereinsblättern etc.
reinkommt, mickrig. Ich bleibe bei genau diesem Wort: Mickrig. Die
Mickrigkeit bemerkt man z.B. daran, daß diese Einnahmen den
"Engagierten" doch nie eine typische, schwierige Alternative abnehmen:
Entweder, sie opfern dem Engagement einen Teil ihrer Freizeit. Oder
Sie holen sich Rückendeckung bei Ihrer Einrichtung. (Man einigt sich
mit der Bibliotheksleitung darauf, daß das Veranstalten von Barcamps
ein ganz schön nützlicher Ersatz für einen Haufen
Weiterbildungsmaßnahmen sein kann - um mal ein Beispiel zu nennen.)
Meistens tun sie beides: Bißchen Freizeit opfern, bißchen
Rückendeckung für Engagement in der Arbeitszeit holen.

Nochmal: Wo hilft da die Abogebühr? Das, und nicht die Beispiele, war
die Hauptfrage in meiner letzten Mail.

Ihre These war: "Die kleinen Gruppierungen würden sich also selbst den
Boden unter den Füßen wegziehen, wenn sie open-access vollständig
einsetzen würden." - Meine Gegenthese lautet: Von X realen "kleinen
Gruppierungen", die seit Jahren wichtige neue Impulse in die
bibliothekarische Fachöffentlichkeit bringen, hätte man ohne freie
Medien im Internet kaum etwas gehört.

Wie ich in meinem Vortrag bei der letzten DGI-Konferenz meinte: Würden
Außerirdische auf der Erde landen, und sich allein auf Grundlage
dessen, was in gedruckten Fachpublikationen steht, eine Meinung über
vascoda bilden, sie müßten denken, das sei eine lange
Erfolgsgeschichte gewesen, die aus unerklärlichen Gründen irgendwann
abrupt endete. Kritik, Außenperspektiven, das Thematisieren von
Problemen etc. haben in Publikationen, die sich seitenweise wie Briefe
von Drittmittel-Nehmern an -Geber lesen, offenbar kaum Platz.

Ein anderes Beispiel: Daß Bibliotheken heute ihre Bibliothekskataloge
als Linked Open Data freigeben - das hat eine Menge damit zu tun, daß
ein paar Einzelpersonen  dieses Thema engagiert vorangebracht haben,
und dabei haben selbständig genutzte, frei zugängliche Webmedien eine
Rolle gespielt. Zumindest als ganz wesentliche "Schrittmacher" und
Medien der ExpertInnendiskussion.

Viele Grüße,
Lambert Heller


Am 11. Oktober 2011 23:03 schrieb Dietrich Pannier <dietrich.pannier@xxxxxx>:
Sehr geehrter Herr Heller,

ich hatte den gewünscht schönen Tag, daher erst jetzt.

Leider reicht die Behauptung "empirisch leicht widerlegbar" nicht, wenn
man die falschen Belege dafür anführt.

Ich sprach von "kleinen Arbeitsgemeinschaften (AG)". Dazu wollen Sie den
"VOeB" mit "derzeit rund 1.200 Mitglieder" doch wohl nicht herabstufen,
oder? Sein Internetauftritt läuft zudem auf "www.univie.ac.at", was ich
lese als "auf huckepack und ohne Kosten". Meinen österreichischen
Kollegen in der kleinen AjBD (166 Mitglieder inkl. solchen aus A und
CH), Josef Pauser, finden Sie dort im Redaktionsteam. Er mag uns sicher
aufklären, öffentlich oder privat.

Der BIB ist auch ein größerer Berufsverband (6300 Mitglieder)und keine
kleine AG, er erhebt natürlich auch Mitgliedsbeiträge, gestaffelt nach
Einkommen.
Die von Ihnen als Link angeführten Checklisten sind ganz überwiegend die
zugegeben beeindruckende One-Man-Show-Plieninger. Herrn Motzko ist nicht
so preiswert zu haben, daher kann man getrost davon ausgehen, dass seine
Checkliste jemand anläßlich einer Veranstaltung mit dem Recht zur
Aufnahme in die Liste gegen Geld erkauft hat.

Auch plan3t ist keine Arbeitsgemeinschaft in dem von mir genannten Sinn.
Zwar findet man unter "wer macht was hier" neben Edlef Stabenau auch
Lambert Heller, im Impressum steht aber Herr Stabenau allein und
unter"was ist das hier" findet sich die schöne Angabe "Die ganzen
Postings stammen also nicht von uns, sondern werden hier nur gebündelt."
Da findet etwas völlig anderes statt als die Förderung von
spezialbibliothekarischen Gruppen, wie sie in den AG'n erfolgt. Fast
keiner hat etwas  gegen solche Aktivitäten, sie sind nur nicht vergleichbar.

Ich habe zwar nie an einem bibcamp teilgenommen, aber auch wenn das
einmal im Jahr von einer Gruppe Gleichgesinnter veranstaltet wird, ist
das keine AG, die ganzjährlich ihre Mitglieder und Interessierte
betreut. Das spricht alles nicht gegen die Kreativität und Einsatzfreude
der Veranstalter, macht die Sache aber auch nicht vergleichbar.

Die Mitgliedsbeiträge wollte ich auch nicht diskutieren. Wir wollen mal
hoffen, dass an anderer Stelle die von Ihnen als mickrig bezeichnete
Höhe nicht zum Anlass für Erhöhungsgedanken genommen wird.

Ich habe daher leider mit Ihrer Argumentation kein Problem, sie liegt
einfach nur neben der Sache, schade.

Gute Nacht und den Lesern einen guten Morgen,

Dietrich Pannier


 Am 11.10.2011 10:38, schrieb Lambert Heller:
Sehr geehrter Herr Pannier, liebe Liste,

wie erklären Sie sich dann so etwas:

http://www.univie.ac.at/voeb/publikationen/voeb-mitteilungen/

oder

http://www.bib-info.de/kommissionen/kopl/publikationen/checklisten.html

oder

http://plan3t.info/

oder so etwas

http://bibcamp.wordpress.com/

?

Aber mein größtes Problem mit Ihrer Argumentation ist noch nicht
einmal, daß sie empirisch leicht widerlegbar ist. Mein größtes Problem
ist vielmehr die hoffnungslose Überbewertung von Toll Access, die
darin impliziert ist.

Gehen Sie tatsächlich davon aus, daß verhältnismäßig mickrige
Mitgliedsbeiträge und Subskriptionsgebühren (gezahlt von denjenigen
KollegInnen, die immer noch damit fremdeln, Branchenneuigkeiten online
zur Kenntnis zu nehmen - sowie von Bibliotheken...) die widrigen
Bedingungen des ehrenamtlichen Engagements vieler BerufskollegInnen zu
kompensieren helfen? Darauf kann ich mir keinen Reim machen.

Die Werkzeuge und Praktiken des Online-Kostenlos-Zurverfügungstellens
(ich will's noch nicht mal Open Access nennen, es ist eigentlich viel
simpler) scheinen mir für die bibliothekarische Fachöfffentlichkeit
vielmehr ein Segen zu sein - weil gerade sie neue, ungewohnte,
ungehörte und kritische Sichtweisen zur Geltung bringen können.

Viele Grüße und schönen Tag noch,
Lambert Heller


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Dietrich Pannier
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