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Re: [InetBib] VDM-Verlag unter neuem Namen



Liebe Liste,

ausgehend von dem Zitat 

"Zum anderen ist VDM kein Verlag sondern ein absurdes Geschäftsmodell, das 
sowohl uns Verlegern die Schamesröte ins Gesicht treibt als auch den 
Bibliotheken, deren Gelder die Taschen von VDM füllt." (Matthias Ulmer)

möchte ich ein paar Überlegungen ergänzen:

1.) Auf der Frankfurter Buchmesse besuchte ich den Vortrag von Gunnar Siewert 
(BookRix) mit dem Titel "2011: Jeder ist ein Autor – Jetzt haben wir den 
Scheiß!" (13.10.2011, Hot Spot Digital Relations). Der sozialrevolutionäre 
Gestus war sehens- und hörenswert: Der Autor nimmt sein Schicksal jetzt selbst 
in die Hand. Er wartet nicht mehr darauf, dass ein Verlag ihn auswählt. Heute 
bestimme nicht mehr der Verlag, wer sich Autor nennen dürfe und wer nicht. 
Schreiben wird (zumindest bei BookRix) zur Popkultur.

In der Tat gibt es bei einer großen Menge Menschen das Bedürfnis zu 
publizieren. Die PoD-Verlage florieren und finden Autoren und zwar sehr viele.


2.) Was VDM betrifft kaufe ich regelmäßig für das von mir betreute 
Sondersammelgebiet Afrika südlich der Sahara einzelne Bücher des VDM-Verlags, 
z.B.
Third scramble for Africa : power petrodollars and challenge of good governance 
/ Olympio, Francisco K. N. . - Saarbrücken : VDM Verl. Dr. Müller, 2011 
==> Zugl.: Trier, Univ., Habil.schrift, 2011

Die Dämonisierung Afrikas : zum Despotiebegriff und zur Geschichte der 
afrikanischen Despotie / Sonderegger, Arno . - Saarbrücken : VDM Verlag Dr. 
Müller, 2008 
==> Zugl.: Wien, Univ., Diss., 2005

Environmental sanitation and gender among the urban poor : a case study of the 
Kibera slums, Kenya / Lusambili, Adelaide . - Saarbrücken : VDM Verlag Dr. 
Müller, 2008
==> Zugl.: Washington DC, American Univ., Diss., 2007

Klar seit der großen Plagiatsdiskussion ist auch der Hochschulschriftenvermerk 
keine Garantie mehr für hohe Qualität. Aber für mich als Erwerbungsentscheider 
reicht das Kriterium. Außerdem bekommen wir einige Anschaffungsvorschläge zu 
VDM-Titeln.

Und das bringt mich zu meinem Punkt: Sowohl für Studierende (als Leser) als 
auch für junge Wissenschaftler (als Autoren) scheint VDM attraktiv zu sein und 
erfüllt deren - wie auch immer gearteten - Bedürfnisse. 


3.) Und noch ein letzter Gedanke: alle Wikipedianer kämpfen für und betonen 
immer wieder die hohe Qualität der Wikipedia-Inhalte. Insofern ist es nicht 
verwunderlich, wenn ein Verlag versucht, auch mit diesen Inhalten Geld zu 
verdienen. Beim Geld verdienen steigt uns allen leider viel zu selten die 
"Schamesröte" ins Gesicht. Und ich könnte mir wahrlich schlechtere Inhalte 
vorstellen.


Verstehen Sie das bitte nicht als Verteidigung von VDM und deren 
Geschäftsmodelle. In meiner täglichen Erwerbungsarbeit leide ich mehr als genug 
etwa unter der Vielfalt der VDM-Verlagsnamen (Danke an Lambert Heller für den 
Hinweis auf den VDM-Wikipedia-Artikel, vielleicht erscheint der Artikel ja auch 
bald als Buch bei Crypt Publishing).

Daher stellen sich für mich abschließend die folgenden Fragen: Warum schaffen 
es die (nicht-absurden) Verlage nicht, die offensichtlich vorhandenen 
Bedürfnisse der Menschen auf Autorschaft zu befriedigen? Warum schaffen es wir 
Bibliothekare nicht, dass alle VDM-Autoren mit halbwegs wissenschaftlichem 
Hintergrund auf unseren Hochschulschriftenservern publizieren (z.B. ihre 
Dissertationen)? Warum schaffen die Hochschullehrer und wir Bibliothekare es 
nicht, ausreichend Verlags- und Publikationskompetenz zu vermitteln, so dass 
sich das VDM-Modell mangels Nachfrage von selbst erledigt?


Ein schönes Wochenende wünscht

Hartmut Bergenthum


http://www.ub.uni-frankfurt.de/afrika


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