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Re: [InetBib] DSP - Schleichende Bibliotheksenteignung



Am 21.09.2012 09:08, schrieb bernd.rohde@xxxxxxxxxxx:
Liebe Kollegen/innen,

Walther Umstätter schrieb:
Hinzu kommt, dass die Gefahr bei heutigen Freihandbibliotheken,
insbesondere bei alten teuren Rara, besonders stark wächst, [...]

Naja, Rara in Freihand ist doch irgendwie schon mutwillig fahrlässig!

Das ist richtig. Ich wollte mit der Wortwahl nur andeuten, dass wir 
zunehmend Rara haben, von denen wir noch nicht wissen.

Ansonsten kann ich Ihren Vorschlag nur unterstützen. Sowohl die Nutzer 
als auch die Bibliotheken (SFX) müssen transparent wissen, welche 
Publikationen wie lange wo verfügbar sind. Das ist genau genommen Teil 
eines jeden heutigen Katalogs. Aufgabe des Katalogs: "Information über 
Nutzungsrechte vermitteln" www.allegro-c.de/formate/aacr-pr.htm

Durch die schleichende Enteignung der Bibliotheken, werden im Moment 
die Weichen für die rechtlichen Grundlagen gestellt, ob (damit) die 
Verlage (Google mit eingeschlossen) die Funktion der Digitalen 
Bibliothek übernehmen.

Dabei sind die größten Hürden
1. die Archivierung, wenn ein Verlag stirbt, und
2. die Informationsfreiheit ohne zu hohe Kostenbarrieren.
Die Verlage sind an (archivierter) Information nur so lange 
interessiert, solange es sich finaziell trägt. Darum war das bisher 
Aufgabe der öffentlichen Hand.

Als Gegenmaßnahme gegen diese Entwicklung können Bibliotheken zur 
Erfüllung ihrer Aufgaben Verlagsfunktionen mit ihren Verwertungsrechten 
(Open Access) übernehmen. Jeder der publiziert, kann sein Werk einer 
Bibliothek übergeben, die es mit anderen Werken sammelt, allgemein 
verfügbar macht und archiviert, um so eine Synopse des Weltwissens 
herzustellen. Google hat diese Funktion in gewisser hinsicht längst 
weltweit übernommen - und dafür wissen die amerikanischen Militärrechner 
mehr als sonst jemand in der Welt - und Wissen ist Macht.

MfG Walther Umstätter

Annette Kustos schrieb:
Die elektronischen Dokumente sind flüchtig. Wenn wir sie im Sinne 
von "Bestand"
erhalten wollen, müssen wir sie archivieren und wenn sie dann noch 
benutzbar
bleiben sollen, brauchen wir eine Performance dafür. Wer eigene 
Hochschulserver
betreibt, weiß was das für eigene Dokumente heißt und man hat dann 
sicherlich
einen Workflow entwickelt, der auch die Aufgabe der 
Langzeitarchivierung nicht
außer Acht lässt. Aber wer archiviert elektronische Zeitschriften 
oder E-Books?
Im Moment die Anbieter, die aber keine Verpflichtung der 
Langzeitarchivierung haben.

Denken wir mal nicht "Bibliotheken sind Archive", sondern denken wir
mal klassisch "ein Bibliothekskatalog weist den Besitz einer
Bibliothek nach" - was wohl auch die meisten unserer Benutzer tun.
Wenn ein Buch, das sich im Besitz der Bibliothek befindet, als
vermisst gilt, wird dieser Status im Katalog verzeichnet - bei
vermutetem Diebstahl verbunden mit der vagen Hoffnung, es könnte etv.
mal wieder auftauchen. Hier gilt der Besitznachweis als derjenigen 
des
ehemaligen Besitzes. Inzwischen weisen unsere Kataloge aber durch die
E-Medien eben nicht mehr nur den Besitz nach, sondern auch das reine
und möglicherweise zeitlich limitierte Zugriffsrecht. Lizensierte
E-Medien sind ja unter Umständen schon zum Zeitpunkt, wo ihr Nachweis
in den Katalog gelangt, mit einem Ablaufdatum versehen.
Konsequenterweise sollte also z.B. die Dauer der Lizensierung auch im
Katalog nachgewiesen werden. Ich plädiere dafür, dass der eine
Katalogrecherche durchführende Benutzer hingewiesen wird: "Der 
Zugriff
auf dieses Angebot ist (bzw. war) lizensiert bis zum 31. Dezember
2024. Nach diesem Zeitpunkt ist das Angebot nicht mehr vorhanden".
Gerne darf dann von mir aus auch noch dazu geschrieben werden, dass
das Nichtvorhandensein auf den Verlag etc. zurückgeht, der das 
Angebot
von seinem Server genommen hat. Das ist transparent! Wenn unsere
Benutzer später mal darüber klagen "In ihrem Katalog steht doch, dass
sie jenes E-book besitzen!" sollen dann etwa wir Bibliotheken
gegenüber unseren Benutzern uns von den Verlagen den Schwarzen Peter
zuschieben lassen?

Schöne Grüsse
Bernd Martin Rohde
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Bernd Martin Rohde, Dipl.-Bibl. (FH), UP in Rare Book Librarianship

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