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Re: [InetBib] FYI: Könnte ich dann bitte ein paar Inkunabeln zum Heizen haben? Es ist kalt hier!



Sie, verehrter Prof. Umstätter,
haben sooo recht - und, wie immer, das Hintergrundwissen, das mir
fehlt oder ich nicht rechtzeitig beisammenbekomme...

Wo soll das nur alles enden?!

Ich BIN besorgt.
Aber bestimmt nicht an sich digital(isierungs)feindlich!

Ihre Silke Ecks

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Am 17. Januar 2013 19:56 schrieb h0228kdm <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>:
Liebe Frau Ecks,

es ist völlig richtig, bei diesem Thema braucht man inzwischen viel Humor.
Apropos „das Dings vom Bett wälzt?“ Haben Sie auch schon festgestellt, dass
sich e-Books viel besser (und kuschlig warm) unter der Bettdecke lesen
lassen als P-Books? Da war der Batterieverbrauch in meiner Schulzeit höchst
ärgerlich. Außerdem musste man zum umblättern die Taschenlampe mit dem Mund
festhalten ;-)

Ansonsten:  Humor ist bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Gerade darum
wird er am dringendsten als Galgenhumor gebraucht. Ein solcher scheint nun,
nachdem wir ein halbes Jahrhundert Digitalisierung in den Bibliotheken
feiern (s. Weinbergreport 1963), auch deutsche Bibliothekare/innen erreicht
zu haben ;-).

Nun muss man historisch zwei Entwicklungen unterscheiden. 1. die
unausweichlichen, wie die Verdopplungsrate der Literatur von 20 Jahren
(Lehrbuch des Bibliotheksmanagements 2011), mit der die Digitalisierung
einher geht und 2. die durch den freien Willen von Menschen beliebig
beeinflussbare Versorgung der Menschheit mit Wissen durch Bibliotheken
(insbesondere die Digitale Bibliothek), durch reine Wirtschaftsinteressen
oder einen optimalen Mix beider.

Wenn manche Bibliothekare gegen die Digitalisierung kämpfen legt das die
Metapher von Don Quichotte und seinen Windmühlenflügeln nah. Sie geraten in
die Gefahr ihre Ahnungslosigkeit über eine Jahrhunderte alte
bibliothekarische Entwicklungen zu Markte zu tragen. Das ist insofern
gefährlich, weil die Bibliothekswissenschaft damit in ihrem durchaus
berechtigten Kampf um den freien Zugang zum Wissen der Welt und zur
Reduktion der Dummheit in dieser Welt, sich selbst desavouiert. Immerhin hat
Henri La Fontaine 1913 noch einen Friedensnobelpreis erhalten. Ein Mann der
damaligen Dokumentation. Insofern haben Bibliothekare eine Verantwortung für
sich selbst, aber auch eine solche für ihren Berufsstand.
Als F.W. Lancaster mit Hilfe einer Delphi-Studie 1978 die Digitalisierung
voraussagte, waren etliche Bibliotheken bereits online, da können wir doch
heute nicht anfangen über BiblioTech zu staunen. Im Gegenteil, durch den
Kampf derer, die seit Jahrzehnten die Digitalisierung  verhindern wollten
(wer das war ist in Bibliotheken nachlesbar), hat sich die unausweichlichen
Entwicklung nur etwas verzögert.

Dass die Bedeutung von gedruckten Bibliografien, Büchern Zeitschriften und
Zeitungen sinkt, wissen wir seit langem, dass sie nicht auf Null sinkt, ist
auch klar, solange wir nicht alle Inkunabeln verheizen ;-)

Wie das Beispiel von BiblioTech oder auch das von Amazons lending library
zeigt, wird es nun aber wirklich ernst für die Bibliotheken. Die
internationale Staatengemeinschaft hat bei der Pleite von Elsevier (als fast
alle Bibliotheken die gedruckten Excerpta Medica Bibliografien abbestellten)
zu stark auf die Verlage Rücksicht genommen, und die Bibliotheken bezüglich
elektronischer Dokumente weitgehend enteignet, so dass Leser (und
Bibliotheken) nur noch Nutzungsrechte erhalten. Das in Verbindung mit Tablet
PCs, bei denen die Verlage über die Apps jederzeit Geld abbuchen können, ist
höchst gefährlich, und so entsteht die Frage, wie groß muss das Desaster
werden, bis Juristen, Politiker und Wirtschaftswissenschaftler merken, dass
sie in der mangelhaften Unterscheidung von Information und Redundanz einen
fundamentalen Fehler gemacht haben. .

Mit besorgten Grüßen

Walther Umstätter


Am 17.01.2013 18:59, schrieb Silke Ecks:

Hallo, Herr Spließ - oder falls hier noch irgendwer mitliest -

wir können auf einer sachlichen Ebene darüber diskutieren was es bedeutet


Das können wir alles gerne, sollten wir dringend; auch wenn ich rein
positive, unsystematische Zukunftsspekulationen eher müßig finde und
es ein ganz schlechter Anfang für eine Diskussion ist, ein Gegenüber
erstmal abzukanzeln.

Natürlich war die Überschrift nicht "ernst gemeint" - das war
Sarkasmus (nennt man heute sowas auf Neudeutsch "rant"? Na,
meinswegen!), und das dürfte vermutlich auch so ziemlich jedem/ jeder
sonst klargewesen sein.
(Es hat mir tatsächlich bisher auch leider niemand Inkunabeln
geschickt! Mal abgesehen davon, dass hier im Haus ne Ölheizung ist -
vermutlich bzw. hoffentlich nimmt doch niemand ernsthaft an, dass ich
die dann tatsächlich verfeuert hätte?! Post ist weiterhin erwünscht!
Ich bin gut zu Büchern!)

Mir ging es mit diesem Thread erstmal nicht um Diskussion, sondern um
schlichte Weitergabe von Infos- der Betreff sagt ja schon: FYI - da
kann dann jede/r mit machen, was er oder sie will. Soweit, so gut.
Aber eben: wie?

In jedem Falle halte ich die >kritische< Betrachtung all der neuen
Technik und Möglichkeiten für mehr als nötig.
Polemik kann da offensichtlich mitunter was lostreten, auch finde ich
(persönlich) sie oft unterhaltsam, sogar entspannend... Kann den Kopf
aufmachen...

Ein praktisches Beispiel: eBooks sind wunderschön und handlich- aber
was, wenn man drüber einschläft und sich auf sie bzw. das Dings vom
Bett wälzt?

Und zum Beispiel (sehr unpraktisch) treibt mich doch tatsächlich immer
wieder die natürlich völlig unbegründete, irrationale Angst vor dem
totalen Stromausfall/ einer richtigen Energiekrise um. Ich hab sogar
ne gute USV hier. Oder vielleicht Zensur. Der Netzzugang, ob nun
Inter- oder Deep-, wird abgeschaltet oder stark eingeschränkt. Einfach
nur wegen Saftmangel.
Was wäre denn dann?

Das würde - wenn nicht jetzt schon, so doch in Bälde -, vermutlich
sowas wie den fast totalen Verlust des kulturellen Gedächnisses "des
Westens" bedeuten, oder? Zumindest/ v.a. aktuellerer, wissenschaftlich
wichtiger Teile? Polemisch dargestellt?

Das Papier ist vernichtet, die Karteien, die sowieso niemand unter 55
mehr interpretieren kann (sofern sie denn in irgendeinem feuchten
Keller überlebt haben), verweisen auf nichts mehr. Von Film und
Popmusik brauchen wir gleich fast gar nicht zu reden - und was dann?

Oder was ist mit der Fälschungssicherheit von elektronischen Inhalten?
Na gut, aus einem Buch kann man Seiten rausreißen, sie schwärzen, oder
gleich das ganze Ding verbrennen, in den Giftschrank packen oder
geschickt verhökern, aber davon gibt es meist deutliche Spuren...

Gut: was davon ist wirklich sachlich und/ oder begründet?

Ich gebe hier vielleicht die Spielverderberin (vulg. party pooper,
obs. Cassandra), aber das muss doch jemand machen! Und ich mach das
gratis!

Mir scheint jedenfalls Kritik, polemische oder übertriebene wie auch
die kleine, an der Praxis auf den Punkt gebrachte, tatsächlich weithin
fast tabuisiert.
Kritik und ehrliche Folgenabschätzung kommen bisher auch hier, in
diesem sehr guten Forum, auf weite Strecken zu kurz.

M.E. ist die Diskussion weithin reichlich unkritisch v.a. den sozialen
und das Berufsfeld betreffenden Veränderungen gegenüber, vielleicht
auch aus Angst vor einem klaren Blick auf die persönliche/ berufliche
Zukunft; oder mitunter gar am Thema vorbei. Es fehlen Perspektiven,
klare Wünsche und Willensäußerungen. Alle haben ihre kleinen Nischen
und Fluchtplätze... noch.

Natürlich woll(t)en wohl die meisten das papierlose Büro - und wo sind
wir bei all dem rausgekommen? Bei mehr Müll als je zuvor, oder?
Aber ein Büro ist eben nicht eine Bibliothek, das ist schlicht ein
falscher Vergleich an dem Punkt, auf mehreren Ebenen!
Sonst wäre das Handeln der Stadt Stralsund in Bezug auf ihr Archiv ja
ein voller Erfolg gewesen! Und ich hätte bestimmt Brennstoff geschickt
bekommen... Da war der Bezug.

So, Witz bzw. dummer Spruch ist hiermit wirklich absolut toterklärt,
alle zufrieden?

Ich bin mir jedenfalls nicht bewusst, etwas geschrieben zu haben, das
Sie, Herr Spließ, oder jemand anderes, hätten persönlich nehmen
müssen, um mir dann vorschreiben zu wollen, >wie< ich zu diskutieren
habe! Ist eine Egal-Haltung eBooks gegenüber wirklich Grund genug?
(Nebenbei, ich hatte sogar schon mal eins, ein superbilliges,
irgendwie hübsches von Netto, mit einer anscheinend echt DOS-basierten
Oberfläche, aber leider war es gar nicht kommunikationsfähig. So ein
Tekkie bin ich nicht, dass ich da was dran skripten oder löten könnte,
auch nicht nach über 25 Jahren Computer mit teilweisem Selberbasteln.
Ich hab auch übrigens schon mal einen iPad in der Hand gehabt.)

Also wenn da was war, kann man das anders mitteilen. Man muss nicht
unbedingt zurechtweisen, den Stil von (nicht an sich beleidigenden)
Äußerungen einfach abtun, und den Oberlehrer spielen. Ich finde sogar,
dass man das nicht darf.

Jedenfalls nicht, ohne auch nur einen Moment zu hinterfragen, ob die
Diskussion überhaupt dieselbe, die eigene, ist.
Nehmen wir die realistischen Brocken und reden wir!

Es könnte z.B. interessant sein, zu untersuchen, was weiland die
Leihbüchereien getötet hat, oder warum es mit VHS nicht geklappt hat
in den ÖBs, und was uns das lernt. Vermutlich, ach bestimmt, gibt es
dazu was... im Web.
Wenn ich Pech habe, ist das sogar bibliothekarisches Allgemeinwissen,
das ich schlicht verpennt habe.

Aber egal. Meine Ausdrucks- und Meinungsfreiheit kann Ihnen natürlich
wurst sein, meine Art muss Ihnen nicht gefallen - ebensowenig mir die
Ihre.
Vermutlich sind es eh ganz verschiedene Baustellen und kommt das hier
ja bei Ihnen sowieso schon gar nicht mehr an, da Sie sich ja
praktischerweise bereits ausgeklinkt haben, um nichts mehr mitkriegen
zu müssen. Was jeglicher Diskussion nicht hilft.

Los, alle jetzt, LACHEN!!!

Einen schönen Abend-

Silke Ecks

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Am 17. Januar 2013 16:08 schrieb Christian Spließ
<christian.spliess@xxxxxxxxx>:

Guten Tag,

wir können auf einer sachlichen Ebene darüber diskutieren was es bedeutet
wenn elektronische Bücher bei Amazon die gedruckten Verkäufe überholen,
was
der Einsatz von Tablets oder eBook-Readern in Bibliotheken generell
bedeutet oder ob der Versuch einer "papierlosen" Bibliothek - hmm, haben
wir nicht alle mal das papierlose Büro angestebt? ;-) - scheitern wird
oder
nicht und ob das vielleicht nur eine neue Form sein könnte so wie es eben
auch mal Leihbüchereien gab und wie es verschiedene Ausprägungen von
Büchereien immer noch gibt.

Gut, wir können uns auch auf polemische Art und Weise in die Haare
bekommen, aber das bringt weder mich noch andere Diskutanten hier weiter.
Daher verzeihen Sie mir bitte, wenn ich - der aufgrund der Überschrift
der
eigentlichen Mail schon für mich das als amüsanten "Rant" identifizierte
und dementsprechend auch antwortete - mich daher jetzt aus diesem Strang
ausklinke.

Christian Spließ


Am 17. Januar 2013 15:37 schrieb Silke Ecks <furious.sun@xxxxxxxxx>:

Danke, Frau Weiss!

Es kommt (hoffentlich) noch was nach, ich muss mich etwas sammeln.

Erstmal dies:
Meiner Meinung nach haben nicht nur Bibliothekarinnen, sondern die
ganze "Branche" und ihre Verbände mit zuviel, und keineswegs zuwenig,
Zurückhaltung (ist das tatsächlich Gelassenheit? Das würde Verkennung
der Realität und einen großen Mangel an Neugier bedeuten) in Fragen
immerhin ihrer EIGENEN Zukunft zu kämpfen, ob nun in Sachen
Urheberrecht mit oder gegen Verlage, oder um das, was den Beruf als
solchen ausmacht, historisch ausmachte, in Zukunft ausmachen kann in
all der fundamentalen Veränderung.

Das/ diese einfach zu schlucken und Caféhaus und Leseförderung
nachzubeten, um, von den restlichen Papierbüchern und Optimismus
umgeben in Gelassenheit darauf zu hoffen, dass man das Rentenalter
auch berufstätig erreichen wird, ist m.E. überhaupt kein Weg, und
meiner schon aus technischen Gründen nicht.

In jedem Fall ist die Gönnerhaftigkeit einiger Kollegen hier doch
unerfreulich.

Sehr gelassen, wirklich -

Silke Ecks

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Am 17. Januar 2013 11:55 schrieb  <Marion.Weiss@xxxxxxxxxx>:
Sehr geehrter Herr Spließ,

1. bei dem Beispiel, auf das Frau Ecks sich bezieht, geht es nicht um
eine
Ergänzung von Buchbeständen durch eBooks. Es geht an dieser Stelle um
Entweder - und nicht einmal "-Oder".
2. Frau Ecks macht auf mich gar nicht den Eindruck, als benötige sie
pädagogische Ratschläge irgendwelcher Art. Ihre Beiträge als „rant“ zu
klassifizieren -  naja, ich würde sagen, da hat es hier schon andere
Beiträge gegeben, die dieser Definition (z.B.
http://www.thefreedictionary.com/rant) weit mehr entsprechen. So ein
knusperzarter Hauch von Polemik ist doch nicht so schlimm.

Freundliche Grüße,
Marion Weiß


An:
Internet in Bibliotheken <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Thema:
Re: [InetBib] FYI: Könnte ich dann bitte ein paar Inkunabeln zum
Heizen
haben? Es ist kalt hier!

Guten Tag,

Am 15. Januar 2013 13:15 schrieb Silke Ecks <furious.sun@xxxxxxxxx>:

Und Pergament hat ja auch gute Brennwerte.






http://www.gizmodo.de/2013/01/14/offentliche-bibliothek-ohne-bucher.html#comment-920907

Nur, um hier ein paar verstummte, festgefahrene Diskussionen mal
wieder loszutreten :-)


Vielleicht sollte man das Thema mal mit einer "eBooks werden
Papierbücher
nicht ersetzen, sondern sind eine Ergänzungs"-Haltung angehen. Nichts
gegen
Rants, aber bei dem Thema kann ein wenig Gelassenheit nicht schaden.

Grüße aus dem verschneiten Duisburg,
Christian Spließ
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