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Re: [InetBib] Stellungnahme Anfrage K. Graf / Inetbib



On Wed, 28 Aug 2013 10:46:56 +0200
 "Bayerische Staatsbibliothek" <bsbsl@xxxxxxxxxxxxxxx>
wrote:
In Bezugnahme auf die Anfrage von Herrn Klaus Graf zum
Thema "Copyrightangabe in der Europeana" darf die
Bayerische Staatsbibliothek folgendes mitteilen:

Der Hinweis auf Rechteinformationen in der Europeana ist
ein iterativer Prozess. Bei der ersten Lieferung an
Europeana im Jahr 2010 hat die Bayerische
Staatsbibliothek – wie von der Europeana vorgegeben -
ausschließlich die Rechteangabe zu den Metadaten
geliefert, konkret: CC0. Diese Rechteangabe wurde für
eine gewisse Zeit direkt unter den Thumbnails angezeigt,
was ggf. Missverständnisse induziert, da es den Schluss
nahelegt, dass es sich um eine Rechteangabe für das
Digitalisat selbst handelt.

Mit einer Neulieferung der Metadaten im Juli 2013 wurde
in den Metadatensätzen, wie von der Europeana nun
gefordert, eine Rechteangabe für das digitale Objekt
selbst eingetragen, konkret: Unknown, in Europeana
angezeigt als Unknown copyright status. Angesichts der
Vielzahl und Heterogenität der von der Bayerischen
Staatsbibliothek in die Europeana eingebrachten Werke ist
dies ein notwendiger Zwischenschritt, um erforderliche
urheberrechtliche Prüfungen vornehmen zu können. Eine
differenzierte Angabe ist in Vorbereitung.

In Europeana wurden keine Metadatensätze für Digitalisate
der Bayerischen Staatsbibliothek gelöscht. Wenn bereits
in Europeana vorhandene Metadatensätze mit den bisher
verwendeten Suchbegriffen nicht mehr zu finden sind,
hängt das mit einer geänderten Indexierung in Europeana
zusammen, auf die die Bayerische Staatsbibliothek keinen
Einfluss hat. Die Rechteangabe CC0 für die Metadaten gilt
selbstverständlich unverändert. Der gesamte
Metadatenbestand der Bayerischen Staatsbibliothek steht
im Übrigen als Open Data und als Linked Open Data zur
Verfügung.

Peter Schnitzlein
Leiter Öffentlichkeitsarbeit | Pressesprecher
Bayerische Staatsbibliothek
Ludwigstr. 16, 80539 München
presse@xxxxxxxxxxxxxxx
Tel. 089-28638-2429

"Fadenscheinig" wäre da ein Euphemismus. Man kann auch
sagen: falsch und irreführend.

Dass einer der TOP-Lieferanten der Europeana nicht zwischen
den Rechteangaben für das Digitalisat und den Metadaten
unterscheiden kann, ist nicht glaubhaft. Sobald ein
Rechteinhaber sieht, dass es zu einem Missverständnis
kommt, muss er unverzüglich eine Änderung veranlassen und
nicht erst drei Jahre später. Bei den anderen Anbietern
beziehen sich die Rechteangaben ersichtlich auf das
Digitalisat. Das gilt auch für die
Europeana-Verantwortlichen, die, wie ich und Kommentatoren
auf

http://archiv.twoday.net/stories/453146154/

gezeigt haben, die Rechteangaben ebenfalls "missverstanden"
haben.

Die jetzige Stellungnahme der BSB ändert nichts daran, dass
die mit dem Etikett CC0 veröffentlichten Medien tatsächlich
nach wie vor CC0 sind. Bei Medien veröffentlichte
CC-Lizenzen gehören selbst zu den Metadaten nach § 95c
UrhG. Die CC-Lizenzen stellen ein Vertragsangebot als AGB
dar. Unklarheiten bei AGB gehen nach der Rechtsprechung
grundsätzlich zu Lasten des Verwenders. Die Nutzung der
Digitalisate nach CC0 ist legal und kann nicht als
Missverständnis bezeichnet werden. Da es um über 600.000
Medien geht, die vor dem Juni 2013 mit CC0 ausgezeichnet
waren, läge die Beweislast bei einem Prozess angesichts
dieses Tatbestands aus meiner Sicht bei der BSB. Diese
müsste also nachweisen, dass ein genutztes Medium nicht vor
dem Juli 2013 eingestellt war.

Die Metadatensätze wurden zwar nicht gelöscht, haben jedoch
andere Europeana-IDs erhalten, wie man sich an dem von mir
dokumentierten Beispiel des Cgm überzeugen kann. Es ist ein
Witz, dass die Europeana ein Wikipedia-Zitatmuster

Copy and paste the wiki-markup below:
{{cite web |
url=http://www.europeana.eu/resolve/record/03486/B383E8D29539044B50ADDEF8564D464D15C9EADB|title=Parzival
- BSB Cgm 61|author=Wolfram ; von Eschenbach ;
1170-1220|accessdate=2013-07-23 |publisher=Europeana}}

anbietet, aber zulässt, dass einer der TOP-Provider
mirnichtsdirnichts die Links ändert, unter denen die Stücke
aufgefunden bzw. verlinkt werden können. Damit wird die
schändliche Praxis der BSB, wichtige Links zu Digitalisaten
zu ändern, nun auch in die Europeana importiert.

Es ist auch FALSCH, dass die Medien der BSB jetzt Unknown
Copyright-Status haben. Richtig ist, dass die
Europeana-Murks-Suche für ALLE gut 700.000 Medien diesen
Status anzeigt. Nicht wenige dürften aber wie

http://www.europeana.eu/portal/record/9200112/296C43ED18B49833273B9C950D1C9EE95E316A0D.html
bzw.
http://www.flickr.com/photos/34028941@N00/9614012969/

den Copyfraud-Tag "Rights reserved" führen.

Wenn Talke die Schutzlosigkeit originalgetreuer
Reproduktionen einschränkt "Keinem Lichtbildschutz nach
§ 72 oder § 2 UrhG unterliegen originalgetreue Digitalisate
von im Massenverfahren hergestellten Büchern", 
http://archiv.twoday.net/stories/11581094/
so ist das eine inkompetente Mindermeinung. Auch
Handschriftendigitalisate sind nach herrschender Meinung
nicht von § 72 UrhG geschützt, so der angesehenste
Urheberrechtskommentar Schricker/Loewenheim, UrhG 4.
Auflage 2010, § 72 Rz. 23 unter anderem mit Hinweis auf die
eine BSB-Handschrift und einen Faksimiledruck betreffende
RGZ-Entscheidung Codex Aureus, die abgelehnt wird.

Die EU-Kommission hat wiederholt betont, dass Gemeinfreies
nach der Digitalisierung gemeinfrei bleiben soll. Den
"Grundsatz, dass gemeinfreies Material nach seiner 
Digitalisierung gemeinfrei bleiben sollte" hat der
europäische Gesetzgeber (EU-Parlament und Rat) in den
Erwägungsgründen zur PSI-Richtlinie vom Juni 2013

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:175:0001:0008:DE:PDF

klar ausgesprochen. Das Verhalten der BSB, bei
Digitalisaten gemeinfreier Vorlagen eigene Rechte zu
behaupten (durch den oben angegebenen Screenshot eines
Handschriften-Digitalisats bewiesen), schlägt nicht nur
diesem Grundsatz ins Gesicht, sondern auch der
Europeana-Charta, an die sich ein TOP-Lieferant der
Europeana gebunden fühlen sollte.

Klaus Graf

   




    

-- 
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