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Re: [InetBib] AW - auch: UEber Stellenausschreibungen fuer X- Informatiker/in in der Wissenswirtschaft ...



Hm, ich finde diese Idee überhaupt nicht absurd. Realität gibt es nur 
eine, persönliche Erleben - weil subjektiv - so viele, wie es Menschen 
gibt. Aber es stimmt: Ich bin auch Informatiker. Hab bis jetzt noch nie 
darüber nachgedacht, daß man Informatiker sein muß, um das so zu sehen...

Schönes Wochenende
  Bert Wendland




De :    mirofonte <mirokuster@xxxxxxxxxx>
A :     Internet in Bibliotheken <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Date :  24/04/2015 13:20
Objet : Re: [InetBib] AW - auch: UEber Stellenausschreibungen fuer X- 
Informatiker/in in der Wissenswirtschaft ...
Envoyé par :    "Inetbib" <inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>



Sehr gehrter Herr Frank,
da spicht aus Ihnen ein wahrer Informatiker. Denn nur ein Informatiker 
konnte auf die sehr absurde Idee kommen die Trennung des persönlichen 
Erlebens und der s.g. Realität zu postulieren.
Trotzdem vielen Dank für einen interessanten Beitrag.
Viele Grüße
Christoph Mai

24.04.2015, 12:32, "Michael Frank" <michael.frank@xxxxxxxxxxxxxxx>:
Sehr geehrter Herr Schnalke,
Sehr geehrter Herr Maass,
Liebe Listenabonnentinnen und -abonnenten,

ich bin nun ein Medieninformatiker, der sich u.a. intensiver mit dem
IT-Hintergrund und den Informationssystemen der Bibliotheken und
Fachinformationsdienste beschaeftigt. Und wir bilden Studentinnen und
Studenten in Medieninformatik aus, versuchen auch, fuer
Bibliotheksinformatik zu begeistern (es geht!).  (Nebenbei bin ich seit 
acht
Jahren im Studiengang "Bibliotheks- und Informationswissenschaften" 
etwas
mit engagiert.)

Wichtig ist m.E. die Grundeinstellung der Personen, die man anspricht.
Medieninformatiker sind grundsaetzlich kommunikativ und spaeter
kundenorientiert, so ist ihr Interessensgegenstand (Medien!) und so 
werden
sie ausgebildet (Schnittstellenkompetenz!). Den Kontrast habe ich immer 
in
Lehrveranstaltungen, wo beide Fraktionen drinsitzen - klassische
Informatiker und Medieninformatiker. Da beschreiben Sie einige (!)
InformatikER ganz richtig. Aber - auch die koennen noch beeinflusst /
beeindruckt werden, sie sind durchaus sozial aufmerksam in der Mehrheit. 
Und
sie bekommen sonst "Bescheid" von den KommilitonInnen.

HTWK Leipzig: Um fuer eine Studienrichtung (bei uns so, nicht: 
Studiengang)
zu werben, muessen Sie im Vorfeld die mit der richtigen Motivation 
werben
oder die Anwesenden dann begeistern. Es wird nur fuer Studiengaenge
immatrikuliert. Im ersten Fachsemester habe ich fuer zweiteres unter 
anderem
Stellenanzeigen der Bibliotheken und Fachinformationsdienste an die
Studentinnen und Studenten Medieninformatik-Bachelor (1. Fachsemester!)
gepostet. Die Reaktion nach einem Monat (!) von Seiten der Aktiven im
Immatrikulationsjahrgang war verblueffend: (i) Ich soll bitte intensiv
weiterwerben, das sei ein sehr vielfaeltiges und spannendes Arbeitsfeld 
fuer
(Medien-)Informatiker, (ii) sie selbst studieren MEDIENinformatik, sie
werden die Spezialisierung nicht annehmen (zumindest in der uebergrossen
Mehrheit). - Das kann sich aber noch aendern ...

Insofern denke ich, dass die Anzahl der seltsamen (im sozialen Sinne)
Kolleginnen und Kollegen X-InformatikerInnen stark beschraenkt ist.

Bezahlung: Im Osten (ausser Berlin, Ballungszentrumszuschlag) ist das
Einstiegsgehalt fuer X-InformatikerInnen bei etwa 2500 Euro im Monat. 
Die
Interessensgemeinschaft der IT-Betriebe "IT-Mitteldeutschland" liess 
ihren
Sprecher in der Zeitung schreiben, sie sei mit dem Lohnniveau in
Mitteldeutschland unzufrieden. (Warum steigern die nicht einfach die
Gehaelter? - Aha.) Man kann relativ schnell im Beruf auf 3000 Euro / 
Monat
kommen, dann kommt das "glaeserne Dach", oder die Migration (z.B. zu 
Ihnen
in die Gegend ;-) ).
Verglichen mit E-Stufen: Normal ist Bezahlung mit etwa E11-E12,
akkreditierte MasterabsolventInnen bekommen im oeffentlichen Dienst E13, 
in
der Wirtschaft sehr selten so viel. Der Unterschied zwischen Bachelor- 
und
Mastergrad soll statistisch bundesweit im Gehalt nur 4 Prozent sein - es
kommt also auf das Koennen bzw. Potenzial bei X-InformatikerInnen  an! 
Und
deshalb die praezisen Fachanforderungen in der Anzeige ...
Befristungen: Befristung auf zwei Jahre ist hier in Mitteldeutschland 
fuer
den Arbeitgeber von X-InformatikerInnen sehr riskant, es ist jedoch im
Berufsfeld eine vernuenftige Erprobungszeit, fuer beide Seiten.
Ansonsten - unsere AbsolventInnen wollen in grosser Mehrheit in Leipzig 
und
Umgebung bleiben, da zaehlen Lebensqualitaet und Arbeitsklima offenbar 
mehr
als Gehaltshoehen. So unsere Erfahrungen.

Insofern - die Angebote der Bibliotheken und Informationsdienste sind
durchaus lukrativ fuer AbsolventInnen der X-Informatik. Die 
Spezialisierung
bietet auch individuelle Sicherheit des Arbeitsplatzes, zumindest fuer 
die
naechsten 10 Jahre.

Soweit meine Einsichten in die angesprochenen Problematiken. Nichts fuer
ungut, falls Sie sich falsch adressiert fuehlen. Mir geht es um die
Realitaeten, nicht um Ihre persoenlichen Lebenserfahrungen und 
Ansichten.
Ich lerne gern neue Realitaeten und Welten kennen, danke fuer Ihre
Einsichten.
Und ich gehe auch nicht fuer eine Million aus Leipzig weg. No way.

Schoenes Wochenende
Mit freundlichen Gruessen
Michael Frank.

P.S.: Ein leitendes Mitglied der DMV sagte einmal: "Mathematiker sind zu
nichts zu gebrauchen, aber vielseitig zu verwenden." Koennte auch auf
X-InformatikerInnen zutreffen ...
---------------------------------------------

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von
Philipp Maass-HKT Nuertingen-Bibliothek
Gesendet: Freitag, 24. April 2015 10:42
An: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Stellenausschreibung Universitätsbibliothek
Heidelberg - Informatiker/in

Lieber Herr Schnalke,

danke für Ihren Interessanten Kommentar. Er lässt sich nahtlos auf 
andere
Bereiche im Bibliothekswesen übertragen. Ich frage mich auch oft warum 
das
so formuliert wird. Ergänzen könnte man zu ihren Ausführungen noch dass 
die
Stelle auf 2 Jahre befristet ist. zwar wird die Entfristung nicht
ausgeschlossen, aber eben nur nicht ausgeschlossen.
Ein Restrisiko bleibt nach zwei Jahren vor dem Nichts zu stehen. No Way.
Aus meiner Sicht sind manche Stellenausschreibungen letztendlich auch 
nur
eine Selbstlegitimierung und Möglichkeit der Abgrenzung für einzelne
Abteilungen um zu betonen, welch unersetzliche Leistung dort erbracht 
wird.

Aus meiner Sicht zur IT in Bibliotheken: Gäbe es im Bibliothekswesen 
mehr
Open-Source-Produkte im Einsatz, könnte man auch einfacher externe
Dienstleistungen einkaufen/zentralisieren und IT-Abteilungen und
Fachreferenten entlasten. Die könnten sich dann wichtigeren Dingen 
widmen.
Why??? Ich weiß es nicht....*:'( *

Just my 2 Cents,

Philipp Maass

Am 24.04.2015 um 09:55 schrieb markus schnalke:

 [2015-04-23 17:04] Sabine Antz <Antz@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
 gerne möchte ich Sie auf das folgende Stellenangebot aufmerksam 
machen:

 Die Universitätsbibliothek Heidelberg sucht zum nächstmöglichen
 Zeitpunkt eine/n

 Informatikerin/Informatiker (Kennz.: 3/15)

 Nähere Informationen zur Stellenausschreibung finden Sie direkt
 unter:http://adb.zuv.uni-heidelberg.de:8888/info/INFO_FDB$.startup?MO
 DUL=LS&M1=1&M2=0&M3=0&PRO=17761
 Aus der Stellenausschreibung:
 Erwartet werden:

 - ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Informatik oder eine
    vergleichbare Qualifikation,
 - Vertrautheit mit Beschreibungssprachen und Metadatenstandards in
    XML (TEI, OAI-PMH) sowie damit verbundenen Techniken, wie XSLT
    und Xquery,
 - fundierte Kenntnisse von aktuellen Webtechnologien und Erfahrung
    mit Webentwicklung,
 - versierter Umgang mit relationalen Datenbanken, XML-Datenbanken
    und Suchmaschinentechnologie,
 - fundierte Kenntnisse in den Programmiersprache Java, Python und
 PHP,
 - ausgeprägte Teamfähigkeit und einschlägige Erfahrungen in der
    Projektarbeit,
 - sehr gute Englischkenntnisse
 Das sind die *Erwartungen*, nicht die Wuensche, sondern die
 Erwartungen. Ich glaube, hier hat man den Begriff verwechselt, denn
 solche Erwartungen sind in keiner Weise realistisch. Sie sind sogar in
 doppelter Sicht unrealistisch.

 Zum einen gibt es Personen die diese Erwartungen erfuellen so gut wie
 gar nicht. Wer bitte hat schon fundierte Kenntnisse in gleich drei
 umfassenden Programmiersprachen? Und ist dazu auch noch versiert in
 zwei Arten von Datenbanken *und* auch noch bei der
 Suchmaschinentechnologie? Nebenbei natuerlich auch noch mit speziellen
 Metadatenstandards vertraut. ... und nicht zuletzt -- falls es also
 tatsaechlich jemanden gaebe, der diese umfassenden und tiefgreifenden
 Kenntnisse haette -- dann soll er auch Teamfaehig sein (also kein
 Freak)! Das ist sowas von unrealistisch! Das ist das reinste
 Wunschbild eines Bewerbers.

 Nehmen wir aber an, es gaebe Personen die das alles (zumindest
 weitestgehend) bieten koennen ... wer von denen wuerde im
 Bibliothekswesen arbeiten, fuer TV-L 13? In der freien Wirtschaft kann
 man mit derartigen Kenntnissen doppelt soviel verdienen.
 Aber das ist gar nicht mal das Wichtigste. Welcher faehige
 Informatiker (der es sich aussuchen kann) wuerde sich gegen (wirklich,
 nicht nur schein-)innovative Projekte, gegen Umfelder die ihn
 verstehen, gegen coole Programmierschuppen, gegen Google-Fridays und
 dergleichen entscheiden ... und das Bibliothekswesen waehlen? (Ihr
 habt ja keine Ahnung wie mich andere Informatiker angeschaut haben,
 wenn ich denen erzaehlt habe, dass ich eine Bibliotheksreferendariat
 mache! Als faehiger Informatiker in der Bibliothek zu arbeiten ist in
 der Wahrnehmung so ziemlich das Unterste was man sich denken kann --
 ob zurecht oder nicht, ist egal, so ist die Wahrnehmung.)

 Also, wer sollte sich also auf so eine Stellenausschreibung bewerben?
 (Ich wuerde es mich schon gar nicht trauen, weil ich mich hoffnungslos
 ungeeignet empfinden wuerde (und das geht sicher vielen Informatikern
 so, da diese tendenziell eher schuechterne Nerds und weniger die
 grossen Selbstmarketingexperten
 sind).) Mir faellt nur eine Gruppe ein, die fuer diese
 Stellenausschreibung passen wuerde: Die momentan fuehrenden Personen
 in der Bibliotheks-IT! Aber wuerden sich Leiter oder wichtigste
 Mitarbeiter von IT-Abteilungen von innovativen Bibliotheken bewerben?
 Nein.

 Fazit: Diese Stellenausschreibung ist nur ein Beispiel fuer eine Mode,
 die das Unverstehen und die absurde Einschaetzung der Lage der
 Bibliotheken zeigt, und letztlich mehr schadet als hilft.

 Ganz ehrlich: So wird das nie was mit Informatikern in den
 Bibliotheken!

 markus

 P.S.
 Es tut mir leid, dass mein Kommentar gerade diese Ausschreibung zu
 treffen scheint. Er hat vielmehr die ganze Reihe gleichartiger
 Auschreibungen zum Ziel.

--
Philipp Maass B.A.
Hochschule für Kunsttherapie Nürtingen
Staatlich anerkannte Fachhochschule der Stiftung für Kunst und 
Kunsttherapie
Nürtingen University of Applied Sciences
-Bibliothek-
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E-Mail: p.maass@xxxxxxxxxxxxxxxxx

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Exposition  Piaf  - du 14 avril 2015 au 23 août 2015 - BnF - 
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