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[InetBib] Fw: Offener Brief zur Situation der ZLB



Liebe Kolleginnen und Kollegen,
 
17.500 Leser und Freunde der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), davon 
fast 13.000 Berliner, haben die Petition für den Erhalt der ZLB, wie das 
Publikum sie schätzt, unterzeichnet.  Ein Offener Brief an den Regierenden 
Bürgermeister und Kultursenator von Berlin Michael Müller ruft zur Zeichnung 
der Petition auf. Die ZLB braucht die Unterstützung aller. Bitte unterzeichnen 
auch Sie die Online-Petition!
 
Mit freundlichen Grüßen
Peter Delin
 
Peter Delin und Ursula Müller-Schüssler †
Ringstraße 100
12203 Berlin

Tel.: 030/81305675
Mobil: 015787311689
Mail: peter.delin@xxxxxx
 
 

Gesendet: Dienstag, 09. Juni 2015 um 20:36 Uhr
Von: info@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
An: info@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Offener Brief zur Situation der ZLB
*** bitte weiterleiten ***

http://www.erhaltet-die-zlb.net

English: http://www.erhaltet-die-zlb.net/offener-brief-en/
Türkçe: http://www.erhaltet-die-zlb.net/offener-brief-tr/
Español: http://www.erhaltet-die-zlb.net/offener-brief-es/

Liebe Freund*innen,

Die Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) und die Berliner Stadtbibliothek sind
in Gefahr: Wenn die Rationalisierungspläne von Management-Direktor Volker
Heller durchgehen, werden wir unsere Bibliotheken bald nicht mehr
wiedererkennen. Die anfängliche Debatte droht ausgesessen zu werden. Daher
bitten wir Euch, diesen offenen Brief an Berlins Regierenden Bürgermeister
und Kultursenator Michael Müller zu verbreiten.

Bitte unterstützt an Stelle von Zweitunterzeichnungen die sehr bald
endende Online-Petition! Bis zum 12.06.2015 müssen dort 15.000
Unterschriften aus Berlin zusammenkommen, damit das Quorum erreicht ist!
http://www.openpetition.de/petition/online/buechervernichten-in-berlin-bibliotheken-werden-kaputt-rationalisiert
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Ein kultur- und bildungspolitischer Skandal
Die grund- und sinnlose Demontage der Zentral- und Landesbibliothek Berlin
muss verhindert werden!

„Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) ist die größte öffentliche
Bibliothek in Deutschland“, so kann man es unmissverständlich auf der
Webseite der ZLB lesen. Und weiter: „Die ZLB ist die am besten besuchte
Kultur- und Bildungseinrichtung Berlins.“

Diese großartige Bibliothek ist in Gefahr: Ihr vielfältiger Buchbestand
soll nach dem Willen des Managementdirektors Volker Heller und des
Stiftungsrats der ZLB abgeschafft werden. In einem nicht öffentlichen
Verfahren wurde entschieden:
Einen Großteil der Bücher in den meisten Fachgebieten, die nun als
„Massengeschäft“ bezeichnet werden, darf die ZLB künftig nicht mehr selbst
auswählen. Sie muss stattdessen die fertige Auswahl externer Dienstleister
übernehmen, vor allem der ekz-bibliotheksservice GmbH aus Reutlingen.

Diese Entscheidung wird das Profil der ZLB radikal verändern:

Die ekz liefert nur ein beschränktes Angebot. Es besteht aus einer
einheitlichen Standardauswahl, die für alle deutschen Öffentlichen
Bibliotheken passen muss, von der kleinsten Dorfbibliothek bis zur
mittleren Großstadtbibliothek. In Berlin ist davon bereits fast alles in
den ca. 80 Bezirksbibliotheken und 12 Bezirkshauptbibliotheken vorhanden.
Die ZLB ergänzte dieses Angebot bisher in ihrer übergeordneten Funktion,
indem sie mehr und spezifischere Medien bereitstellte.

Durch die Übernahme standardisierter Medienpakete wird sich die
Buchauswahl in vielen Fachgebieten nun stark verkleinern, z.B. in Politik,
Geschichte und Sozialwissenschaften. Auch Sprachkurse in Deutsch und
vielen anderen Sprachen, „fremdsprachige Literatur“, sowie Fachliteratur
für die Aus- und Weiterbildung (v.a. medizinische Berufe und Pädagogik)
werden in ihrer qualitativen Breite empfindlich beschnitten.

Gleichzeitig soll der vorhandene Ankaufsetat zukünftig nach rein
marktwirtschaftlichen Kriterien ausgegeben werden: nach
kennzahlengestützten Beschaffungsmodellen, in denen einzelne Fachgebiete
in Konkurrenz zueinander treten.

Diese als Rationalisierung bemäntelte Beschneidung intellektueller
Diversität verschwendet öffentliche Mittel, die eigentlich dafür gedacht
sind, die einmalige Bildungs- und Kulturinstitution ZLB auf ihrem
qualitativ hohen Niveau weiter zu führen. Auch die vielfältige Berliner
Verlags- und Buchhandelslandschaft wird nachhaltig in Mitleidenschaft
gezogen, wenn Aufträge in Millionenhöhe durch einen zentralisierten
Einkauf monopolisiert werden. Den Schaden hat nicht zuletzt das Land
Berlin.

(1) Ein weiterer Angriff auf eine besondere öffentliche Einrichtung?

Die Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) wurde nach dem Vorbild der
US-amerikanischen Public Libraries gegründet. In dieser Tradition ist die
ZLB als Zusammenschluss von AGB und Berliner Stadtbibliothek auch heute
noch eine Universalbibliothek für die ganze Breite der Gesellschaft. Hier
gehören Wissenschaft und Populäres, Alltägliches wie Besonderes zusammen –
in dieser Art einmalig in Deutschland. Mit 3,5 Millionen Medien, davon ca.
2,5 Millionen Büchern aus den letzten 100 Jahren, gehört sie zu den
ausleihstärksten Bibliotheken in Deutschland. Sie ist keineswegs mit den
von Volker Heller zu Vorbildern erklärten zentralen Stadtbibliotheken von
Hamburg und Bremen zu vergleichen, die ein sehr eingeschränktes
Buchangebot mit ausschließlich aktueller Literatur der letzten 10 Jahre
vorhalten. Beide Bibliotheken sind sogenannte Verbrauchsbibliotheken mit
wenigen 100.000 Bänden, in denen jedes Jahr so viele ältere Bücher
ausgesondert werden wie neue hinzukommen. Eine Archivierung gibt es nicht.
Soll so die Zukunft der ZLB aussehen? Lediglich die Sondersammlungen und
Spezialbereiche der Landesbibliothek sollen geschützt werden. Damit wird
aber eben jene spezifische Vielfalt dieser einzigartigen
Universalbibliothek zugunsten einer Trennung in Hochkultur und
Massenkultur zunichte gemacht.

Es ist klar: mit der Umstrukturierung der ZLB wird deren besondere
Öffentlichkeit – egalitär, leicht zugänglich, vielfältig – abgeschafft
werden. Das neue Konzept degradiert die breite NutzerInnenvielfalt der ZLB
zum erklärten „Massengeschäft“, für das ein Sortiment an Bestsellern und
(vor allem deutschsprachiger) Gegenwartsliteratur für völlig ausreichend
erklärt wird. Dies in Zeiten, in denen Berlin sich zu einer
internationalen Metropole entwickelt, ist kurzsichtig und kontraproduktiv.

(2) Komplette Anlasslosigkeit?

Offen bleibt dabei die Frage: warum das alles? Es gibt von Seiten der
Politik keine Etatkürzungen für die ZLB, die Bilanz Ende 2014 war positiv.
Angeblich soll durch die Umstrukturierung die Arbeitszeit der
FachlektorInnen für wichtige Zukunftsaufgaben wie die Vermittlung
digitaler Medien frei gesetzt werden. Konkrete Planungen dazu existieren
jedoch gar nicht und Alternativen wurden nicht geprüft. Es ist zudem mehr
als fraglich, ob der Einsatz von inhaltlich spezialisierten
FachlektorInnen im technischen Auskunftsdienst für ein modernes
Bibliothekskonzept steht.

Dennoch versuchte der Kulturstaatssekretär Tim Renner bei einer
öffentlichen Anhörung im Abgeordnetenhaus im März 2015 die KritikerInnen
des Umbaus als Ewiggestrige zu diskreditieren: sie seien von der „nackten
Angst vor der Digitalisierung“ getrieben. Wir, als digitale LiteratInnen,
fragen: Wie soll die ZLB der Zukunft eigentlich aussehen? Es ist
offensichtlich, dass die aktuellen Planungen eine gut funktionierende
Bibliothek um den Preis ihrer inhaltlichen Substanz zur
„Hochleistungsdienstleistung“ aufputschen sollen.

(3) Unsere Forderungen

Wir sind Kulturschaffende, AutorInnen, RentnerInnen, FilmemacherInnen,
KuratorInnen, WissenschaftlerInnen, Eltern, KünstlerInnen, NachbarInnen,
PublizistInnen, BuchhändlerInnen, TheatermacherInnen, Intellektuelle,
Lesewütige, wir sind NutzerInnen der ZLB und befürchten den dramatischen
Qualitätsverlust einer Berliner Institution, die für uns eine einzigartige
Ressource und Arbeitsgrundlage darstellt.

Wir fordern den Regierenden Bürgermeister und Kultursenator von Berlin
Michael Müller auf, dafür zu sorgen, dass sämtliche Pläne sofort und
unverschleiert der Öffentlichkeit dargelegt werden. Nach ersten Protesten
scheinen aktuell kosmetische Veränderungen an den konkreten Zahlen
vorgenommen zu werden, ohne dass sich etwas am Grundkonzept einer
inhaltlichen Verflachung der ZLB ändert. Sowohl das bibliothekarische
Fachpersonal der ZLB als auch die Berliner Öffentlichkeit müssen hierüber
informiert und in alle weiteren Entscheidungen eingebunden werden. Die
meistbesuchte Kultureinrichtung Berlins darf nicht hinter verschlossenen
Türen demontiert werden! Bildung muss weiterhin unabhängig vom
sprachlichen und sozialen Hintergrund möglich sein!

Als NutzerInnen der ZLB und Kulturschaffende Berlins fordern wir, dass
dieser sinn- und planlosen, geschichtsvergessenen, undemokratischen und
kleingeistigen „Umstrukturierung“ Einhalt geboten wird. Mit ihr würde eine
der wichtigsten Bildungs- und Kulturinstitutionen Deutschlands zu einem
belanglosen Bestsellerregal degradiert.
Zukunftsgerichtete Planung sieht anders aus!

Liste der Erstunterzeicher*innen auf http://www.erhaltet-die-zlb.net

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Bitte unterstützt an Stelle von Zweitunterzeichnungen die sehr bald
endende Online-Petition! Bis zum 12.06.2015 müssen dort 15.000
Unterschriften aus Berlin zusammenkommen, damit das Quorum erreicht wird.
http://www.openpetition.de/petition/online/buechervernichten-in-berlin-bibliotheken-werden-kaputt-rationalisiert

 

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http://www.inetbib.de

Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.