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Re: [InetBib] Bibliometrie: Das Leidener Manifest zu Forschungsmetriken



Es ist nur zu begrüßen, dass das Leidener Manifest nun auch mit aller Klarheit feststellt: “Als Szientometriker, Sozialwissenschaftler und Forschungsmanager haben wir mit wachsender Beunruhigung den allgegenwärtigen Missbrauch der Indikatoren zur Evaluation wissenschaftlicher Leistungen beobachtet.” und noch wichtiger:

“Indikatoren sind kein Ersatz für fundierte Beurteilung.”

Etwas beunruhigend ist dagegen, dass die zehn Grundsätze trotzdem erkennen lassen, dass die Metriken geeignet sein sollen, die Qualifikation von Wissenschaftlern einzuschätzen. Bzw. wie Sie Herr McLeish schreiben, "Forschungsleistung mithilfe von (Biblio)Metriken bewertet werden kann". Nehmen wir z. B. Grundsatz 7, der zwar den h-Index ansatzweise kritisch hinterfragt, aber nicht klar und deutlich macht, dass der Hirsch-Index etwas über die Bekanntheit von Autoren aussagt, aber nichts, über deren Qualifikation. Bekannt ist z. B. dass kein Geringerer als der Nobelpreisträger P. W. Higgs eine vergleichsweise niedrigen h-Index aufwies, während der populäre aber äußerst fragwürdige Richard Dawkins einen höheren h-Index erreicht.

Szientometrie ist die Wissenschaft, die mit statistischen Methoden das Publikationsaufkommen, wichtige bibliometrische Informationsflüsse u. ä. analysiert, sie ist völlig ungeeignet, die Qualifikation einzelner Wissenschaftler/innen zu beurteilen. Um zu verstehen, warum das “egoistische Gen” unsinn ist, muss man die Ausführungen von Dawkins (Das egoistische Gen. Springer Verlag 1978) genau gelesen haben. Dort (S. 39) definiert er “das Gen als die grundlegende Einheit der natürlichen Auslese”, was schon darum unsinn ist, weil einzelne Gene allein in der Natur nicht vererbt werden können. Er schreibt dann noch: "Ich habe nunmehr das Gen so definiert, daß es wirklich kaum möglich ist, daß ich nicht recht habe!" Als könnte man durch eine beliebige Definition die Realität bestimmen. Es mag für die Szientometrie erschreckend (aber auch höchst interessant) sein, wie viele Menschen diese Arbeit schon völlig unkritisch zitiert haben. Mit Qualifikation hat das nichts zu tun.

MfG

Walther Umstätter


Am 2015-09-09 17:20, schrieb Ben McLeish:
Hallo Herr Langhanke und Inetbib-Leser

Das Manifesto gibt es nun auch in Video Form, was fuer manche leichter
ist, als die schriftliche Form (darunter ich selbst!)

https://vimeo.com/133683418

Es gruesst bei der Altmetricon Kongress

Ben McLeish
Product Sales Manager
Ben@xxxxxxxxxxxxx
+447506543635


Altmetric is now tracking scholarly references in Wikipedia! Ask us
for more information.

On 9 Sep 2015, at 15:54, Gerald Langhanke <gerald.langhanke@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx> wrote:


Liebe Inetbib-Leser,

im April 2015 veröffenlichte eine Gruppe renommierter Wissenschaftsforscher um Diana Hicks and Paul Wouters in Nature (dx.doi. <dx.doi.org/10.1038/520429a>org/10.1038/520429a <dx.doi.org/10.1038/520429a>) das "Leiden manifesto for research metrics" (http://www.leidenmanifesto.org/) um dem Umstand fehlgeleiterer Forschungsevaluation auf Basis von Forschungsmetriken entgegenzuwirken. Die Autoren möchten Schaden vom System Wissenschaft abwenden, der durch die unbedachte oder auch grob falsche Anwendung von bibliometrischen Methoden entsteht.

Sie schlagen daher 10 Grundsätze vor wie Forschungsleistung mithilfe von (Biblio)Metriken bewertet werden kann. Ich habe - in Absprache mit den Autoren - eine deutsche Übersetzung angefertigt, nachdem das Manifest bereits auch in zahlreiche andere Weltsprachen übersetzt war (u.a. Chinesisch, Französisch, Spanisch) und hoffe, dass es so weite Verbreitung und seine 10 Grundsätze breite Anwendung finden. Es handelt sich um eine kurze, aber sehr lohnenswerte Lektüre, nicht nur für Bibliothekare, sondern vor allem auch für alle in der Wissenschaftsverwaltung Beschäftigten. Streuen Sie den Text gerne auch in die Forschungsdezernate ihrer Hochsculen etc.

Direktlink:

http://www.leidenmanifesto.org/uploads/4/1/6/0/41603901/leiden_manifesto_german__leidener_manifest.pdf

Ich freue mich sowohl über Anmerkungen zur Übersetzung als auch über allg. Rückfragen.

Viele Grüße,
Gerald Langhanke

--
Dipl.-Phys. Gerald Langhanke
Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
Bibliotheksreferendar
ab 10/2015:
Koordinator für elektronisches Publizieren und Forschungsdaten
Fachreferent für Maschinenbau
gerald.langhanke@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Tel +49 6151 16-76417

ULB Lichtwiese (im Hörsaal- und Medienzentrum)
Gebäude L4|02, Raum 103
Franziska-Braun-Straße 10
64287 Darmstadt

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http://www.inetbib.de

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