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[InetBib] Bild contra Text / Action contra Text



In der Süddeutschen Zeitung 
http://www.sueddeutsche.de/digital/hossein-derakhshan-facebook-ist-das-neue-fernsehen-und-macht-uns-zu-analphabeten-1.3068955
 diagnostiziert Hossein Derakhshan eine s. E. gefährliche Verwandlung des Webs 
vom Text- zum Bildmedium. Das ist sicherlich übertrieben, aber immerhin eine 
starker Trend, den er wohl umso härter spürte, als er in einem iranischen 
Gefängnis zwischenzeitlich lange vom Web abgeschnitten war.

Die im Artikel zitierte Untersuchung der Oxford University über Journalismus im 
Web sieht das allerdings differenzierter: 
"Overall, the report is cautious about the long-term dynamics for video news. 
Video that adds drama and immediacy is valued and expected by consumers on news 
websites, but only up to a point and in certain circumstances - with both young 
and old still valuing the control and flexibility of text." ...
"Online video news provides a powerful and popular way of covering compelling 
stories, but not all everyday news coverage is equally compelling. So far, the 
growth around online video news seems to be largely driven by technology, 
platforms, and publishers rather than by strong consumer demand."
http://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/news/online-video-news-driven-technology-publishers-and-platforms-not-consumers-new-report

Dazu passt, was das Zurückdrängen von Texten, bzw. Büchern angeht, ein Bericht 
aus dem Bundesstaat Kansas/USA, wo offenbar Schulbibliotheken im großen Stil 
von sog. "Spacemakern" abgewickelt werden und in sog."Makerspaces" umgewandelt 
werden:
"Instead of librarians, or even people remotely interested in reading and 
literacy, some schools are hiring “innovation specialists.” When that 
“innovation” turns out to be a wrong turn in a few years, those with the title 
“innovation specialist” will probably feel a little sheepish. They should feel 
embarrassed anyway with a goofy title like that."
 
http://lj.libraryjournal.com/blogs/annoyedlibrarian/2016/07/11/spacemakers-invade-kansas-schools/

Den Trend gegen Texte kann man auch in großen öffentlichen Zentralbibliotheken 
in Deutschland beobachten, die beim Bestandsaufbau fast ganz auf 
Fremddienstleister setzen, was meist standardisierte, langweiligere und weniger 
aktuelle Bestände hervorbringt. So soll die Zentralbibliothek der Hamburger 
Öffentlichen Bücherhallen angeblich 40% ihrer sehr guten Ausleihzahlen mit 
Nonbooks machen. Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin hat ihren 
Buch-Bestandsaufbau weitgehend an zwei Dienstleister outgesourct, um für neue 
Zukunftsaufgaben gerüstet zu sein. Die Bibliothek bietet jetzt Tai-Chi-Kurse 
für das Publikum an. Der bereits um ein Drittel reduzierte und deshalb 
dysfunktionale Freihandbereich für Bücher soll weiter reduziert werden, um 
Platz für die Ausleihe von Nähmaschinen, Schlagbohrern, Federballspielen und 
Gopro-Kameras zu schaffen (sog. "Shareconomy").

Schöne Grüße
Peter Delin


Peter Delin
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