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Re: Entgegnung Der Deutschen Bibliothek Rahmenvereinbarung Netzpublikationen



Walther wrote:

Es handelt sich um einen Beitrag des allseits geschaetzten Prof.
Umstaetter, an den unnoetigerweise der vorherige Beitrag von Prof. Hilf
angehaengt war (siehe http://learn.to/quote).


> Die zunehmende Praxis, Dokumente aus dem Internet zu zitieren, die schon
> nach Tagen verändert oder verschwunden sein können,
> ist wissenschaftlich eigentlich inakzeptabel, weil nicht nachprüfbar.

Das ist wieder einmal Unsinn. Zahlreiche Ethik-Codes diverser
Wissenschaften (und die angebliche Bibliothekswissenschaft sollte da
keine Ausnahme machen) schreiben vor, dass Quellen anzugeben sind. Bei
woertlichen Zitaten besteht bei urheberrechtlich geschuetzten
Schriftstuecken sogar eine Pflicht zur Quellenangabe.

Wenn Angaben im WWW wichtig genug sind, dann werden sie auch verwertet.  
Diese Quelle ist dann auch zu zitieren, so einfach ist das.

"Zitierfaehig" ist uebrigens auch im Printsektor relativ: Wer etwas in
den - fiktives Beispiel - Heimatblaettern des Erftkreises publiziert,
wird vor Ort sehr wohl wahrgenommen, aber nicht in den heiligen Hallen
des Universitaetsbetriebs.

Es gibt im uebrigen eine Fuelle von sozialwissenschaftlichen Quellen
(z.B. muendliche Befragungen), die sich grundsaetzlich einer
Ueberpruefung entziehen. Und eine maschinenschriftliche Magisterarbeit
in Honolulu ist auch perdu, wenn das einzige Exemplar geklaut ist ...

Was das Verschwinden von Webseiten angeht, so ist das allerdings in der
Tat ein gravierendes Problem.

Dazu auch ein Zitat aus Subers neuestem FOS-Newsletter:

* In the April 10 _Chronicle of Higher Education_, Vincent Kiernan
reports 
on how link rot (the death of web links over time) undermines online 
education.  Two researchers at the University of Nebraska have studied
this 
problem and conclude that links on course sites have a half-life of 55 
months.  That means that about half will die in the first 55 months,
half 
of the survivors in the next 55 months, and so on.  One remedy the
authors 
propose is for scholarly societies to host permanent archives of
commonly 
used course materials.
http://chronicle.com/free/2002/04/2002041001u.htm

Immerhin kann auf web.archive.org hingewiesen werden (in der Hoffnung,
dass dieser Dienst laengerfristig besteht ...)

Natuerlich koennten die deutschen Bibliotheken wissenschaftlich
hochwertige Webinhalte auf freiwilliger Basis einsammeln, aber lieber
paktiert die DEUTSCHE BIBLIOTHEK mit dem Boersenverein und wirft damit
die Forschung um Jahrhunderte zurueck, in die Zeit der reisenden
Historiker, die vor Ort Quellen aufspueren mussten.

Es waere an der Zeit, digitales Pflichtexemplar und
Urheberrechts-Novelle in einer Gesetzgebung und einem Aufwasch zu
regeln, aber so weit denken kann und will DIE DEUTSCHE BIBLIOTHEK in
ihrem masslosen Duenkel nicht.

Klaus Graf
http://www.uni-koblenz.de/~graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.