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Bonner Kunsthistorikerstreit, 2. Teil



Sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Namen der EDBI-Rechtskommission danke ich zunächst für die
zahlreichen Rückmeldungen zu meiner Anfrage.

Ansonsten möchte ich alle Bibliotheken vor überhasteten
Panikreaktionen warnen. Je länger ich mich mit dem Fall
beschäftige, desto umfangreicher wird er. Für einen Anspruch des
Verletzten auf Vernichtung der fraglichen Dissertation (bzw. eines
Teiles) sehe ich überhaupt noch keinen überzeugenden
Ansatzpunkt.

Je länger man in dem Fall herumrührt, desto mehr Fragen
entstehen, auf die es noch keine Antwort gibt.

Was steht eigentlich in den Urteilen des LG bzw. OLG Köln? War
der plagiierte Text des Verletzten bereits veröffentlicht? Warum hat
er keine vollständigen Kopien der Urteile verschickt?
Warum existiert bisher kein Urteil, in dem eine Bibliothek
tatsächlich zur Vernichtung eines Werkes verurteilt worden ist?
Begründet § 98 UrhG wirklich einen Vernichtungsanspruch gegen
eine Bibliothek, die weder tatbestandlich noch schuldhaft an der
Herstellung und Verbreitung des Plagiats beteilt war? Was ist mit §
98 Abs. 3 UrhG? Wie ist dasVerhältnis von § 98 UrhG und § 69f
UrhG, und welche Folgerungen sind daraus zu ziehen? Warum
wird der angebliche Vernichtungsanspruch gegen unbeteiligte Dritte
in der juristischen Literatur höchst unterschiedlich gesehen? Was
sagen die Gesetzgebungsmaterialien zu § 98 UrhG? Wie ist die
Rechslage hinsichtlich des Promotionsrechts? Hat die Universität
Bonn die Dissertation zurückgerufen? Wie steht es mit dem
Pflichtexemplarrecht?

Weitere Fragen erspare ich mir lieber, um nicht der juristischen
Geschwätzigkeit gescholten zu werden. Man sieht aber doch wohl,
daß der Fall nicht so einfach zu lösen ist, wie es auf den ersten
Blick vielleicht scheinen mag. Die EDBI-Rechtskommission wird
sich weiter um eine Klärung bemühen.

Mit freundlichen Rechtsgrüßen


Harald Müller

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Max-Planck-Institut fuer Auslaendisches Oeffentliches Recht
und Voelkerrecht / Bibliothek
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