Das deutsche Bibliothekswesen ist offenbar so eingerichtet, dass im digitalen Bereich maximale Ineffizienz angestrebt wird ...
Schon vor laengerer Zeit habe ich hier mehrfach und ohne jeden Erfolg dafuer plaediert, urheberrechtlich nicht mehr geschuetzte Aufsaetze, die in einer Bibliothek fuer einen Benutzer (z.B. fuer den Fernleihversand oder fuer SUBITO) gescannt werden, in dezentralen digitalen Bibliotheken einzustellen, damit jegliche Doppelerfassung vermieden wird und die Aufsaetze der wiss. Oeffentlichkeit zur Verfuegung stehen.
An sich eine gute Idee, werden viele denken. Aber nicht die BeamtInnen in deutschen Hochschulbibliotheken: Ich wandte mich neulich an die Sachbearbeiterin fuer den Tuebinger Aufsatzdienst
http://www.uni-tuebingen.de/ub/serv/tad.htm
mit der Bitte, sicherzustellen "dass vor 1900 erschienene und daher fast immer urheberrechtlich nicht mehr geschuetzte Aufsaetze, wenn diese denn ueber Sie bestellt werden, NICHT geloescht, sondern in einer digitalen Bibliothek fuer den freien WWW-Zugang dauerhaft bereitgehalten werden"
Erstes Gegenargument: Das gehe aus Datenschutzgruenden nicht, die Daten seien ja mit den Nutzerdaten verknuepft.
Laecherlich! Das mag fuer die PDFs zutreffen, aber doch nicht fuer die gescannten TIFFs.
BTW: Weiss jemand, ob man irgendwie (am besten einfach) aus einem PDF eine Bilddatei extrahieren kann?
Zweites Gegenargument: Man haette fuer einen solchen Service keine Mittel.
Der miese Egoismus und das provinzielle Wesen der deutschen Hochschulbibliotheken wird an dieser Erwiderung besonders deutlich. Waeren sie effizient organisiert, so koennten genauso automatisiert wie der kostenlose Versand von Artikeln an Hochschulangehoerige, der die UB zur zentralen Kopierstelle der Universitaet macht, die Scans mit den bibliographischen Daten verknuepft und in die oertliche Digitale Bibliothek eingebracht werden.
Wo sollen hier finanzielle Huerden liegen?
Vermutlich koennte man das Verfahren soweit automatisieren, dass man eine Mailadresse z.B. input _at__ docster.de einrichten koennte, an die eine Mail mit bibliographischen Daten (es muesste jeweils nur der Titel und die Seitenzahl nachgetragen werden, Zeitschriftentitel und Jg. sind bereits vorgegeben) und PDF-Anhang (ohne Nutzerdaten) oder TIFF-Anhang gesandt werden koennte, und der Upload in den Archivserver und die Einstellung in die Artikeldatenbank wuerde ohne weiteres Zutun erfolgen.
Urheberrecht: Wenn man nicht im Einzelfall die Lebensdaten des Autors ermitteln moechte, kann man 1900 oder 1880 als Stichjahr nehmen. Das Risiko, dass eine UB Aerger bekaeme, ist verschwindend gering.
Beliebigkeit: Gewiss ist das eine beliebige Auswahl an aelteren Artikeln, aber ist nicht auch VOELLIG beliebig, was z.B. Wolfenbuettel an alten Buechern digitalisiert?
Qualitaet: Die gedruckten Texte sollen fuer den Benutzer ja lesbar sein, und das sind die via Mail von Bibliotheken versandten Scans ja in der Regel. Man muss sich nur mal anschauen, welche extrem schlechte Digitalisierungsqualitaet bei der Digitalisierung von Mikrofilmen (z.B. der Moerin) Wolfenbuettel via GBV offeriert, dann wird auch ein solches Argument hinfaellig.
Klaus Graf -- http://log.netbib.de mit taeglichem Jean-Paul-Zitat