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AW: internationale cultural observatories



Vielleicht bringt Sie der Artikel aus der FAZ v. 5.2.2003 auf die Fährte?
Oder fragen Sie mal bei EBLIDA oder UNESCO (wird im Artikel erwähnt) ?
Beste Grüße, 
Luise von Löw
Goethe-Institut Inter Nationes
München

Die Kulturindustrie probt den Aufstand 
Aber Deutschland fehlte: Chirac will die Kultur schützen

PARIS, 5. Februar

Der Kreis der Akteure hat sich erheblich erweitert, nur Deutschland ist
ferner denn je. Als bei den Gatt-Verhandlungen über die kommerzielle
Liberalisierung der Kulturindustrie vor neun Jahren Frankreich praktisch im
Alleingang für die "exception culturelle" kämpfte - mit dem Argument, Filme
und Musikwerke seien keine Marktware wie Autos und Telekomdienste -,
herrschte wohlwollende Skepsis. Frankreich wolle im Namen der Universalität
nur sein eigenes System der Kulturförderung sichern, war zu hören, und der
Verdacht war nicht ganz falsch. Richtig ist aber auch, daß die französische
Film- und Musikproduktion als praktisch einzige vom internationalen
Weltstandard nicht erdrückt wurde. Mehr noch: Länder, die sich damals
bereitwillig der Marktliberalisierung im audiovisuellen Bereich verschrieben
wie etwa Neuseeland, würden heute diesen Bereich gern wieder aus den
Handelsabkommen ausklammern. Aber die zuständige Welthandelsorganisation
läßt dies praktisch nicht mehr zu.

In seinem Bestreben, Kulturprodukte von der im Rahmen der WHO ausgehandelten
Marktliberalisierung fernzuhalten, steht Frankreich nicht mehr allein.
Kanada, getrieben von der rührigen Ministerin Sheila Copps, ist besonders
aktiv und hat schon im September 2001 zu einem internationalen Treffen für
die Sicherung der "kulturellen Vielfalt" eingeladen. Dieser Begriff hat
übrigens im Lauf der Jahre jenen der "exception culturelle" verdrängt, der
sich bei den Gatt-Verhandlungen 1994 nicht durchsetzen konnte und
international keine Aussicht auf eine juristische Verankerung mehr hat. Eine
solche gibt es zwar auch für das Prinzip der "diversité culturelle" nicht.
Sie soll aber entstehen: Das war das Anliegen eines Treffens unter dem Titel
"Die Kultur steht nicht zum Verkauf", das Berufsverbände, Kulturschaffende
und Politiker aus über dreißig Ländern in Paris zusammenbrachte.

Neben Frankreich und Kanada haben sich inzwischen auch in Neuseeland,
Australien, Südkorea, Chile, Argentinien und Mexiko die Berufsverbände aller
Kultursparten zu landesweiten Koalitionen zusammengeschlossen, um ihre
Regierungen zum Schutz der Kultur vor der kommerziellen Nivellierung zu
bewegen. In Frankreich herrscht in dieser Frage ein Konsens bis hinauf zum
Staatspräsidenten. "Die Kultur darf vor dem Kommerz nicht einknicken", sagte
Jacques Chirac auf dem Pariser Treffen und wandte sich demonstrativ an den
Generaldirektor der Unesco: Dieser Organisation stehe es zu, möglichst bis
zum Jahr 2005 ein internationales Abkommen zur Sicherung der
Kulturenvielfalt auszuarbeiten, mit dem Kulturgüter endgültig vor dem
Zugriff der in der WHO herrschenden reinen Marktlogik bewahrt werden können.

Das Jahr 2005 ist nicht zufällig gewählt. Bis dahin wollen die WHO-Staaten
ihre Verhandlungen über weitere Marktliberalisierung abgeschlossen haben.
Noch näher liegt aber das Datum des kommenden 31. März, bis zu dem die
WHO-Mitglieder Angebote der Marktliberalisierung für Produkte und
Dienstleistungen machen können. Über hundert Gesuche dieser Art sollen
allein bei der Europäischen Union vorliegen. Die Teilnehmer des Pariser
Treffens fordern in ihrer Schlußerklärung alle Länder und auch die
Europäische Kommission auf, im Kultursektor keinem dieser Gesuche
stattzugeben und gegen den Druck der WHO eine aktive Politik
landesspezifischer Kulturförderung ins Werk zu setzen.

Rechtsexperten legten in Paris dar, daß die verbindliche Festschreibung der
kulturellen Vielfalt, jenseits aller Rufe nach weltweiter
Marktliberalisierung, in der Unesco vielleicht nicht das ideale, aber doch
das gegenwärtig beste Forum hat. Voraussetzung ist, daß der Text mit klaren,
bindenden Bestimmungen über die allgemein gehaltene Unesco-Erklärung zur
Kulturenvielfalt als Bestandteil der Menschenrechte vom November 2001
hinausgeht und von einer genügend großen Zahl der Mitgliedstaaten getragen
wird. Das dürfte indessen schwierig werden. Wie weit die Ansichten schon
über den Kulturbegriff auseinandergehen und Kunsthandwerk oder
Unterhaltungsindustrie bald ein-, bald ausschließen, zeigten die Pariser
Diskussionen. Bei den stark südpazifisch, südamerikanisch, frankokanadisch
und schwarzafrikanisch geprägten Debatten glänzte Europa, abgesehen von den
Kommissaren für Kultur und für Handel, durch Abwesenheit.

Besonders augenfällig war das Fehlen der Deutschen: Von den fünfzehn
eingeladenen Berufsverbänden waren einzig die Film- und Fernsehregisseure
vertreten. Die Einsicht in die Notwendigkeit einer zielstrebigen
Kulturpolitik mit der erforderlichen kritischen Einflußmasse hat sich im
Bundesföderalismus der tausend Nuancen offenbar noch nicht durchgesetzt.
Zielstrebigkeit findet man eher bei den Anwälten des freien Marktes. Die
Vereinigten Staaten, die bisher besonders eifrig gegen die marktverzerrenden
europäischen Kulturförderungssysteme ankämpften, fordern heute nicht mehr
deren Abschaffung, sondern nur noch die Beibehaltung des Status quo, also
keine neue Reglementierung. Konkret heißt das: Quoten und Zuschüsse für die
alten Kulturträger, völlige Marktfreiheit für alle neuen Medien. Das liefe
denn doch auf dasselbe hinaus, sagte ein Redner in Paris - etwa so, als
hätte man nach dem Zweiten Weltkrieg verkündet: Staatsobhut für Museen und
Theater, freier Markt für Rundfunk und Fernsehen. Wo die Röhrenleger der
neuen Medien allein bestimmen, was daraus fließen soll, darf man sich nicht
nur von der Vielfalt, sondern auch von der Kultur verabschieden.

JOSEPH HANIMANN   

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: CaeptnB [mailto:caeptn _at__ gmx.de] 
Gesendet: Freitag, 7. Februar 2003 11:29
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: internationale cultural observatories


wer weiss was darueber?
vor allem in den zukuenftigen eu mitgliedsstaaten
 
brauche web addressen.

danke
bernhard


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