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Re: Pressemitteilung "Bibliotheken und informationswissenschaftliche Verbände für faires Urheberrecht"



Lieber Herr Kaemper, lieber Herr Geisselmann,
(ordre chronologique, :-),
herzlichen Dank fuer die Pressemitteilung und den Hinweis daruf! Ich finde
es ebenfalls ausserordentlich wichtig, dass wir unsere Kunden an den Unis
ueber in Rundmails etc. den wahren Sachverhalt aufklaeren.
Besonders erfreulich scheint mir die Zusammenarbeit mit der Deutschen
Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis e.V. und
dem Hochschulverband für Informationswissenschaft e.V. zu sein. Gerade
die Unterzeichnung durch letzteren verstaerkt das Gewicht der Mitteilung
ganz erheblich.
Im Anhang ein Formulierungsversuch fuer eine Rundmail an Dozenten, bei
dem ich einfach noch ein paar Erlaeuterungen hinzugefuegt und die
Absaetze etwas umgestellt habe.
Schoene Gruesse,
Thomas Hilberer


Der Boersenverein des deutschen Buchhandels schaltet derzeit in
verschiedenen Zeitungen Anzeigen zur Novellierung des
Urheberrechtsgesetzes. Bitte erlauben Sie mir auch dazu ein paar
Klarstellungen und einige Zitate aus der entsprechenden gemeinsamen
Pressemitteilung des Hochschulverband für Informationswissenschaft e.V.
und verschiedener deutscher Bibliotheksverbaende,
http://www.bibliotheksverband.de/dbv/pressemitteilungen/presse26032003
.html

In der Anzeigenkampagne werden Behauptungen aufgestellt, die unwahr
sind und die sich auch nicht aus dem Wortlaut des Gesetzentwurfs
herleiten lassen. So wird ausgeführt:
+"die Bibliotheken brauchten dann nur noch ein Lehrbuch oder eine
Fachzeitschrift, um die Netzwerke aller Universitäten in  Deutschland mit
digitalen Kopien für Forschungszwecke versorgen zu können, und
+der digitale Dokumentenversand erlaube es den Bibliotheken, geschützte
Werke selbst zu vermarkten, indem sie die Inhalte kopierten und dann im
Wege des digitalen Dokumentenversandes an externe Endabnehmer
versendeten."
Auch von  "Enteignung von Urhebern und Verlagen" ist die Rede.

Natuerlich handelt es sich dabei um Unterstellungen und falsche
Behauptungen. Damit soll der neuen § 52 a des Urheberrechtsgesetzes,
der die öffentliche Zugänglichmachung von Werken über
Netze im Rahmen von Unterricht und wissenschaftlicher Forschung regelt,
verhindert und der 1999 durch den Bundesgerichtshof für zulässig erklärte
Kopiendirektversand durch Bibliotheken untersagt werden.

Wer Unterricht und Wissenschaft behindert, verstößt gegen das
Grundgesetz, handelt kurzsichtig und verhindert zugleich, dass in Verlagen
künftig  kompetente Autoren veröffentlichen können.

Die Thesen zum Kopiendirektversand sind schlichtweg falsch. Das
geltende Recht wird einfach negiert. Eine Vermischung von Tatbeständen
sollen den Gesetzgeber in die Irre führen.

       1.Das Urheberrechtsgesetz gestattet jedermann, zum privaten und
sonstigen eigenen Gebrauch, Kopien von geschützten Werken
herzustellen und  herstellen zu lassen.
       2.Bibliotheken stellen auf dieser Grundlage Kopien für ihre Benutzer
her. Auf Verlangen des Bestellers senden sie ihm diese direkt zu.
       3.Dies geschieht per Post, per Fax oder per Mail. In elektronischer
Form werden immer nur Bilddateien, niemals Textdateien versandt, damit
keine Weiterverbreitung in Netzen möglich ist. Der Besteller muss die
Bilddatei ausdrucken und die übermittelte Form löschen.
       4.Dafür entrichtet der Besteller eine Urhebervergütung zwischen 1,-
bis 5,- ?, die über die Verwertungsgesellschaft Wort eingezogen wird und
sowohl dem  Autor als auch dem Verleger zufließt.
       5.Soweit die Kopiervorlage aus einer elektronischen Datenbank
stammt und diese durch einen Lizenzvertrag erworben wurde, wird eine
Kopie nur versandt,  wenn der Lizenzvertrag dies erlaubt.
       6.Der Kopiendirektversand war bis zum 31.12.2002 in einem
Gesamtvertrag zwischen Bund und Ländern und den
Verwertungsgesellschaften Wort und Bild / Kunst mit Zustimmung der
Verlage geregelt. Einer Verlängerung über den 1.1.2003 hinaus versagten
bisher die Verleger ihre Zustimmung.

Bibliotheken und informationswissenschaftliche Verbände sind der
Überzeugung, dass die Interessen der Verlage, der Wissenschaftler
sowie der Bibliotheken  und Informationseinrichtungen nicht gegensätzlich
sind. Auch bei digitalen Publikationen muss das Urheberrecht gewahrt und
ein fairer Ausgleich gefunden  werden. Dies ist mit dem gegenwärtigen
Stand der Gesetzesnovelle der Fall.

Persoenlich kenne und schaetze ich die Leistungen mittelstaendischer
deutscher Verleger gerade im Bereich der Förderung der
Geisteswissenschaften ausserordentlich. Um so bedauerlich finde ich es,
wenn auch sie sich in polemische Opposition zu gesetzgeberischen
Bestrebungen begeben, die nichts als den freien Fluss wissenschaftlicher
Informationen auch im Zeitalter der grossen Wissenverwerzungskonzerne
sicherstellen wollen.

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Dr. Thomas Hilberer, Fakultaetsbibliothek Neuphilologie
Tel.: 07071  29-74325; FAX: 29-5811
Wilhelmstr. 50, 72074 Tuebingen
http://www.uni-tuebingen.de/fb-neuphil/




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