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Katalogsituation der Stabi (war: Bibliothek von Bagdad)



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Am Dienstag resuemierte dieselbe Zeitung in einem skeptischen Beitrag zur
Berliner Staatsbibliothek, sie sei ein "Teilungsmuseum".

Ich habe besagten FAZ-Artikel von Gustav Falke ("Leser brauchen starke Nerven und festes Schuhwerk", 22. April, S. 46) gerade auf dem Tisch. Beklagt wird insbesondere die Katalogsituation. Zitat (muehsam abtipp...):


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Der StaBiKat suggeriert Vollstaendigkeit. Die Uebung mit oder auch nur das Wissen von den siebzig unterschiedlichen Katalogen, die obendrein immer in dem Haus stehen, in dem man gerade nicht ist, geht verloren. Auch beim haeufig wechselnden Auskunftspersonal. Dabei ist einerseits das kompliziertere Drittel der Titel noch nicht erfasst (...). Die Sacherschliessung ist ohnehin schlecht, denn die Retrokonversion der Realkataloge gilt als nachrangig, selbst beim Neuerwerb werden etwa zwanzig Prozent ohne Sacherschliessung magaziniert. Andererseits gibt der StabiKat weder ueber die Vorhandenheit noch ueber den Standort zuverlaessig Auskunft. "Der bei sehr vielen Titel im StaBiKat angegebene Vermerk 'Bestand erfragen/Kriegsverlust moeglich' ist 57 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schwer zu vermitteln." So kommt die Arbeitsgruppe Erschliessung in einem internen Bericht zum Ergebnis, "dass die Staatsbibliothek zur Zeit bibliothekarische Standardleistungen wie verlaessliche Recherche und Angaben zur Verfuegbarkeit des Bestandes nicht erbringen kann." (...) 480 000 Baende und 560 000 Mikrofiches sind ueberhaupt nicht erschlossen, also de facto unbenutzbar. Unter den retrokonvertierten Daten finden sich zahlreiche dublette Eintragungen und etwa 1,5 Millionen ungeklaerte Standorte. (...) Durch den Systembruch zwischen Katalog- und Ausleihsystem gehen obendrein viele waehrend des normalen Betriebes entstehende Informationen ueber die wirklichen Standorte verloren. So entsteht ein ungeheurer Aufwand. Ueber Fernleihe wird bestellt, was doch im Haus waere. Das von daheim online bestellte Buch ist im Magazin nicht auffindbar, liegt noch nicht aus, kann nicht ausgeliehen werden, liegt an einem anderen, heute bereits geschlossenen Ort. Die Leser laufen hin und her und die Magaziner auch. (...)

---------- Zitat Ende ------

Natuerlich ist die Stabi Berlin ein absoluter Sonderfall (und ob die angefuehrten Details alle so stimmen, kann ich auch nicht beurteilen). Trotzdem ist die Bewertung fuer das gesamte Bibliothekswesen interessant, weil sie wieder einmal zeigt, was das eigentlich Wichtige fuer die Benutzer ist: Vollstaendige und intakte Kataloge, ueber die man das Vorhandene schnell auffinden und tatsaechlich in die Haende bekommen kann. Wie Herr Eversberg mal formuliert hat: Der Benutzer interessiert sich nicht fuer eine Titelaufnahme, sondern fuer das zugehoerige Buch! Hohe Prioritaet hat ausserdem die Sacherschliessung, die in der Diskussion der letzten Monate m.E. zu sehr in den Hintergrund getreten ist.

Ceterum censeo: Mit einem Umstieg auf AACR2 und MARC wuerde man sich von diesen Zielen weiter denn je entfernen.

Mit schoenen Gruessen fuers Wochenende
Heidrun Wiesenmueller
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Heidrun Wiesenmueller M.A.
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