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Re: AW: "Bibliothekare zur R-Reform"



Kay Heiligenhaus wrote:
> Der Unterschied zwischen Groß- und Kleinschreibung ist also so etwas wie
> der Unterschied zwischen Arial und Times,

Sei doch nicht so konservativ.  Sprachen lassen sich verändern.

Dänisch hat die Großschreibung in 1948 abgeschafft, ein paar
Jahrzehnte nach der Abschaffung von Fraktur (etwa 1910).  Heute
digitalisiere ich alte dänische Literatur und den Frakturstil ist viel
schwieriger zu lesen als die Großschreibung.  Die Abschaffung der
Großschreibung ist also die kleinere von diesen beiden Veränderungen.

Schwedisch hat das höfliche "Sie" ("Ni") nach deutschem Muster um etwa
1900 eingeführt (davor brauchten wir nur formelle Titel, Herr
Bibliothekar) und in 1967 wieder abgeschafft (danach sind wir alle
"du", Genosse, ganz wie auf Englisch, und ganz wie schwedische
Bauernleute es immer gebraucht haben).

Der norwegische Dramatiker Henrik Ibsen verstarb in 1906.  Wann seine
Gesammelte Werke kurz davor in 10 Bänden erschien (1898-1902), war das
auf Dänisch ("Samlede Værker" mit "æ" und Großschreibung), denn
Norwegisch existierte noch nicht als Schriftsprache.  Das war nur ein
Vorslag vom Dialektforscher Ivar Aasen, und wurde erst nach der
Trennung der Schwedisch-Norwegischen Union in 1905 umgesetzt.  Alle
spätere Auflagen haben den Titel "Samlede verker" mit "e" und
Kleinschreibung.  Selbst brauchte Ibsen aber Kleinschreibung schon in
1898 in seinem Vorwort, http://runeberg.org/ibsen/1/0007.html
Ivar Aasens Vorschlag wurde zu nynorsk (Neunorwegisch) und die
norwegische Anpassung von Dänisch wurde zu bokmål (Büchersprache).

Machte man in der DDR keine sprachliche Reformen?


-- 
  Lars Aronsson (lars@xxxxxxxxxxx)
  Aronsson Datateknik - http://aronsson.se/


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