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Re: Pruefungsarbeiten und Bibliotheken



Liebe Liste, lieber Herr Graf,

> 
> Wie Sie meiner im Internet zugaenglichen Ausarbeitung von
> 1989 entnehmen koennen, habe ich mich als Archivar mit
> diesem Thema gruendlicher als jeder andere
> auseinandergesetzt. Wenn Sie das bestreiten moechten, bitte
> ich Sie um entsprechende Literaturnachweise.

Es wäre für die Rezeption Ihrer Ausführunggen förderlich, wenn Sie eine URL
angeben. Sie meinen bestimmt:
http://www.diplomica.com/graf_aufsatz_pruefungsunterlagen.pdf
Warum liegt das Dokument auf keinem ordentlichen Dokumentenserver? Es wäre
dann in den Bibliothekskatalogen nachgewiesen und sachlich erschlossen. Sie
sind doch immer ein Verfechter optimaler Zugänglichkeit von Information. Es
gibt sicher eine Bibliothek, die Ihre Dokumente gerne aufnähme. Wenn nicht,
können Sie sich vertrauensvoll an mich wenden. ;-)

Um hier kein Mißverständnis aufkommen zu lassen. Ich habe nichts dagegen,
Diplomarbeiten über die Bibliothek zugänglich zu machen. Allerdings benötitge
ich als Bibliothekar dafür einen angemessenen Rechtsrahmen. Wie Herr Graf
zutreffend darlegt, ist der auch in den Archiven nicht gegeben. Die Frage ist
nur, wer sich hier zuständig fühlen sollte. Soweit es dabei bleibt, daß
Diplomarbeiten nicht publiziert werden, sehe ich hier eine Aufgabe der Archive. Für
publizierte Diplomarbeiten ist die Bibliothek zuständig.
 

> 
> Wenn es um den volkswirtschaftlichen Schaden geht, dass
> diese Arbeiten ungenutzt bleiben, koennen aufgrund dieser
> Rahmenbedingungen die Hochschularchive keinen Beitrag
> leisten, denn eine Arbeit, die fruehestens 30 Jahre nach
> Entstehung der Allgemeinheit zugaenglich ist, ist in vielen
> Bereichen bereits hoffnungslos veraltet.

Die Sache mit dem volkswirtschaftlichen Schaden wird nicht durch
Publikation, sondern duch Rezeption behoben. Es wäre interessant, einmal nach dem
volkswirtschaftlichen Schaden nicht gelesener Dissertationen zu fragen. Wenn aber,
was häufig vorkommt, Diplomarbeiten in Zusammenarbeit mit Unternehmen
erstellt werden, dann findet eine wirtschaftliche Verwertung statt, wenn die
Ergebnisse der Arbeit brauchbar sind. Dann aber gibt es, was Herr Graf nicht mag,
ein verständliches Interesse daran, die Arbeiten nicht zu publizieren. Zwichen
wirtschaftlichem Nutzen und Publikation gibt es also durchaus einen
Interessenkonflikt.

> Vielleicht haben Sie die Guete, meine oben angegebene
> Ausarbeitung aus dem Jahr 1989 und meine weiteren
> Wortmeldungen in dieser Liste zur Kenntnis zu nehmen, bevor
> Sie hier Banalitaeten verbreiten.

Ich beziehe mich auf § 12 und § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 17 I UrhG. Dem
Urheber steht neben dem Veröffentlichungsrecht das Verbreitungsrecht als
ausschließliches Recht zu. Ob man sich hier als Bibliothek auf § 17 Abs. 2 UrhG
berufen kann, ist fraglich, wenn Diplomarbeiten nach einigen Jahren vom
Prüfungsamt einfach bei der Bibliothek abgeladen werden. 
"Wird in der gültigen Prüfungsordnung über den Verbleib der Exemplare der
Prüfungsarbeiten nichts bestimmt, so braucht der Prüfling weder zu dulden,
daß Exemplare in den Privatbesitz der Prüfer übergehen, noch daß die Arbeit
durch Einstellung in eine Bibliothek veröffentlicht wird." (Graf, im o.g.
pdf, S. 27) Bei Übergabe der Arbeit an die Bibliothek durch den Autor sieht das
u.U. anders aus. 
Ich sehe hier gar keinen Dissens mit Herrn Graf. :-)

> > 
> > Tatsache ist nämlich, daß Diplomarbeiten nicht nur aus
> > fachlichen, sondern
> > auch aus "sozialen" Gründen für bestanden gewertet
> > werden. Das hat es immer
> > schon gegeben und nichts mit dem Verfall universitärer
> > Sitten zu tun. 
> 
> Das ist klar rechtswidrig, Verfall hin, Verfall her.

Das ist gerichtlich wegen des Beurteilungsspielraums der Prüfer praktisch
nicht angreifbar und damit im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn auch "unschön".

>  Hier werden im Vorfeld rechtlich
> > verbindliche Absprachen
> > zwischen Institut, Diplomand und u.U. einer externen
> > Firma getroffen. Es wird
> > letztlich bei der Eigeninititative der Diplomanden
> > bleiben, eine
> > Veröffentlichung vorzunehmen.
> 
> Genau das ist volkswirtschaftlich nicht akzeptabel.

Das ist aber betriebswirtschaftlich sinnvoll, siehe oben.

> 
> > Jetzt kommen wieder die Bibliotheken ins Spiel. Sie
> > können mit ihren
> > Dokumentenservern hier eine gute Basis zur Publikation
> > liefern. In der Praxis wird
> > aber aus Gründen der Qualitätssicherung die Zustimmung
> > des betreuenden
> > Hochschullehrers für die Veröffentlichung zu fordern
> > sein. 
> 
> Das ist rechtlich absolut nicht haltbar. 

Warum?

Grüße aus Ilmenau/Thür.
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de



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