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Antwort: Bibliothekspolitik Bayern



Lieber Herr Steinhauer,

als unmittelbar Betroffener will ich dazu drei Anmerkungen machen:
1. Mittelstraß sollte Antworten auf die Zukunftsfragen des bayerischen
Hochschulwesens überhaupt geben. Dass dieses  - in Teilen? - zur Debatte
steht, ist ernüchternd genug. Der Standort Ansbach taucht nur am Rande auf
und dies ist für mich bereits ein Grund zum Aufatmen. Auch noch eine
Würdigung des Bibliothekswesens in meiner Stadt zu erwarten, hätte ich
nicht zu hoffen gewagt. Ich kann mich auch nicht entsinnen, im Bericht
explizite Äußerungen zur Zukunft der Rechenzentren gelesen zu haben - und
sind in unserer digitalen Gesellschaft (die Habenden stehen wie die Eins,
die anderen sind die Null) Rechenzentren nicht ungleich bedeutender...?
2. Die bayerischen Hochschulbibliotheken positionieren sich im politischen
Raum sehr wohl. Das gilt für den Kreis der 19 Fachhochschulbibliotheken,
das gilt für die Universitätsbibliotheken sicher ebenso. Nur können wir
als nachgeordnete Zentrale Einrichtungen der jeweiligen Hochschule nicht
immer so frei und öffentlich agieren, wie dies wünschenswert wäre. Vieles
geschieht daher in Konferenzen und Gremien, und es geschieht kompetent,
engagiert und neben dem Alltagswahnsinn, und es geschieht gut, aber noch
nicht allumfassend erlösend, keine Frage.
3. Darf ich nach meiner Sicht als Leiter einer Fachhochschulbibliothek
auch noch meinen Hut als ehrenamtliches Vorstandsmitglied im BIB
aufsetzen: Das deutsche Bibliothekswesen m.E. ist auch deswegen
vergleichweise schwach, weil wir uns in unserer beruflichen Exotik auch
noch eine bemerkenswerte Zersplitterung als Ergänzung nicht unverbreiteter
Indifferenz gönnen. Eine bibliothekarische Position ist auch um so
deutlicher zu vernehmen, je stärker ein bibliothekarischer Berufsverband
wahrgenommen wird. Hier geschieht in Landesgruppen, Kommissionen, in
Lobbyarbeit bei Parteien, Gesprächsforen, Bibliothek 2007, BIX jeder Art,
BID, EBLIDA, IFLA  usw. usf. mit wechselnden Partner nicht eben wenig. Je
mehr - zusätzlich den vorhandenen 6.500 Mitgliedern - KollegInnen aller
Sparten, Laufbahnen, Glaubensrichtungen diese Arbeit mittragen würden, um
so erfolgversprechender würden auch die Aktionsmöglichkeiten.

Das in aller Kürze und mit besten Grüssen aus Bayern

Jens Renner
FH-Bibliothek Ansbach
Berufsverband Information Bibliothek

Ich kann mich da nur wiederholen: Werden Sie Mitglied im BIB! ...
www.bib-info.de ...


Und auch die Replik auf ihren Rektor gestatten Sie mir noch: auch mit
Bibliothek ist manches, was an Hochschulen getan wird, bestenfalls
erheiternd...





Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxx>
Gesendet von: owner-inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
20.04.2005 08:11
Bitte antworten an
Internet in Bibliotheken <INETBIB@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>


An
Internet in Bibliotheken <INETBIB@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
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Thema
Bibliothekspolitik Bayern






Liebe Liste,

im März ist der Bericht der internationalen Expertenkommission zur Zukunft
der bayerischen Hochschulen unter dem Titel "Wissenschaftsland Bayern
2020" (Bericht der "Mittelstraß-Kommission") erschienen. Darin werden
Visionen und Entwicklungspotenziale für die Hochschulen des Freistaates
vorgestellt. Zugleich werden Anforderungen an Profil und Ausstattung mit
Blick auf die Schaffung von Elite-Universitäten beschrieben. Der Bericht
liest sich sehr ambitioniert. Interessant ist aber, daß die Bibliotheken
praktisch nicht vorkommen, sieht man von einer kritischen Einschätzung der
Bibliothekssituation bei den Münchener Juristen auf S. 60 ab.
(Nebenbei: Da sieht man wieder, daß gerade Juristen ein recht
leidenschaftliches Verhältnis zu ihren Büchern haben. Wer die Praxis
kennt, weiß: Juristen sind die anspruchsvollsten und forderndsten Leser).

Dann wäre noch auf S. 11 ein kurzer Hinweise zu Veränderungen im
Publikationsverhalten vor dem Hintergrund von open access zu erwähnen. Das
war es mit dem Bibliotheksbereich aber auch schon.

Ich finde das erstaunlich. Kommt die Rede auf amerikanische
Eliteuniversitäten, wird schnell auf die unglaubliche Dotation der
dortigen Bibliotheken verwiesen. Mit Recht! Das ist die Basis.

Warum schaffen es die Bibliotheken dann aber hierzulande nicht, sich
politisch stärker zu positionieren. Es gilt doch für die ganze
Exzellenz-Forschung, ja für alles Forschen und Lehren, daß man ohne gut
ausgestattete Bibliotheken nicht arbeiten kann. Der Rektor (Chemiker!)
unserer Technischen (!!) Universität hat hier übrigens einen schönen Satz
gesagt: "Ohne Bibliothek ist das, was wir tun, lächerlich." So ist es!!

Der Freistaat Bayern hat ein starkes Bibliotheswesen. Es hätte eine
stärkere politische Position verdient!

Grüße aus dem Thüringer Freistaat
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de

P.S.: Man kann die Broschüre mit dem Bericht beim Staatsministerium
übrigens nur kapitelweise herunterladen.
http://www.stmwfk.bayern.de/downloads/hs_mittelstrass.html
Vielleicht hätte sich die Pressestelle einmal bei einer Bibliothek
erkundigt, wie man elektronische Publikationen aufbereitet, wenn sie denn
einfach und schnell rezipiert werden sollen ...


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.