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Re: [InetBib] Medienausleihe durch private Firmen



Es ist eine Frage der Definition, was wir unter Bibliothek bzw. Bibliotheks-
und Informationswissenschaft verstehen,

ob beispielsweise die Ausbildungseinrichtungen die sich so oder ähnlich
nennen,

in diesen Einrichtungen ein Berufsfeld für ihre Absolvent/innen sehen oder
nicht.

Im Prinzip kann es da aus meiner Sicht keinen wirklichen Zweifel geben.

Es gab schon immer Bibliotheken, Informationsvermittlungseinrichtungen,
Wissensorganisatoren etc.,

die unterschiedliche Zielgruppen beraten, versorgt oder bedient haben.

Wo jemand mit diesen Kenntnissen arbeiten möchte, muss der jeweiligen
persönlichen Entscheidung überlassen bleiben.

Hier besteht aber ein gemeinsames Wissensfeld über Angebot und Nachfrage
publizierter Information.



Wichtig scheint mir aber auch die Definition: "Die Bibliothek ist eine
Einrichtung,

die unter archivarischen, ökonomischen und synoptischen Gesichtspunkten

publizierte Information für die Benutzer sammelt, ordnet und verfügbar
macht."



Insofern gehört es zum Berufsethos der Bibliothekarinnen und Bibliothekare,

für ihre Nutzer da zu sein, (und deren Vertrauen zu gewinnen)

und nicht nur das Ziel zu verfolgen mit dem Verkauf von Verlagsprodukten
Geld zu verdienen,

denn das ist nur dann legitim, wenn Informationsspezialisten darüber wachen,

dass die Unkenntnis der Informationssuchenden nicht absichtlich missbraucht
wird.
Diese Gefahr ist bei Informations- und Wissensprodukten sehr viel größer als
bei anderen Waren.

Ob ein Apfel faul ist, lässt sich beim Kauf leicht feststellen, ob ein Buch
unsinnig ist, zeigt sich erst
wenn man es gelesen, verstanden und mit besseren gleicher Thematik
verglichen hat. Darum brauchen wir ja
Bibliogrphien und Kataloge, um zu sehen, was wir von den 100 Mio. Buchtiteln
nicht lesen müssen.


MfG

W. Umstätter


----- Original Message -----
From: "Delin, Peter" <delin@xxxxxx>
To: "Internet in Bibliotheken" <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Sent: Wednesday, September 07, 2005 12:44 PM
Subject: Re: [InetBib] Medienausleihe durch private Firmen


> Liebe Frau Munz,
>
> warum sollten diese Anbieter mit Bibliotheken zusammenarbeiten? Es
> glaube nicht, dass Bibliotheken in diesem Zusammenhang gebraucht werden.
>
> Die von Ihnen angesprochene Entwicklung halte ich für bedeutend. Einer
> der ersten, der einen solchen Service anbot, war Reed Hastings mit
> Netflix http://www.netflix.com/ . Anlass für ihn waren die hohe
> Mahngebühren bei seinem Videoshop. Er hat sich darüber so geärgert, dass
> er ein neues Geschäftsmodell erfand. Mehr darüber hier:
> http://www.usatoday.com/tech/techinvestor/2004-03-01-reed-hastings_x.htm
>
> Dieses Modell funktioniert wirtschaftlich vermutlich so, dass der
> Service an bereits bestehende "Barsortimenter" angekoppelt wird und
> deren Datenbanken mitgenutzt werden. Es wird also offenbar das genutzt,
> was sowieso schon vorhanden ist. Im Effekt kann, und das ist für
> Bibliotheken wichtig, nahezu das komplette Marktangebot dem einzelnen
> Kunden offeriert werden - das sind bei Netflix über 50.000 Titel(!). So
> etwas wie Bestandsaufbau ist dabei selbstverständlich überflüssig.
> Kulturell ist das von enormer Bedeutung, da jeder zu günstigen Preisen
> anspruchsvolle Filme, Experimentelles und dokumentarische Genres nutzen
> kann, also alles, was nicht im Mittelpunkt der Bestseller-Promotion
> steht und damit die Öffentlichkeit dominiert.
>
> Für gemeinnützige Einrichtungen wie Bibliotheken bleiben m.E. 2
> Aufgabenfelder übrig:
> 1. Die Archivierung - also das zu bewahren, was nicht mehr lieferbar
> ist.
> 2. Das Angebot aus anderen Ländern, also Erwerbung weltweit (d.h. "World
> Cinema" wörtlich genommen) - solche neuen Dienste wie Netflix bieten aus
> rechtlichen Gründen nämlich immer nur die Medien des einheimischen
> Markts an.
>
> Interessant zu beobachten wäre, ob sich solche Modelle auch auf dem
> Buchmarkt durchsetzen. Mit den dünnen Scheiben der DVD-Videos waren sie
> jedenfalls leicht zu realisieren, da man nur Briefumschläge zu
> verschicken brauchte. Kombiniert werden können solche Modelle auch mit
> Online-Diensten, was bei Texten z.Zt. noch einfacher zu realisieren ist
> als bei Filmen. Modelle wie Netflix zeigen auch, das nicht nur virtuelle
> Medien, sondern auch physische Medien online angeboten werden können,
> ohne sie teuer erwerben zu müssen, und zwar in einer Vielfalt, wie das
> bei virtuellen Medien möglich ist.
>
> Wie dem auch sei: Leute wie Reed Hastings bewirken, dass sich die Welt
> der bürokratisierten Kultur(versorgungs)einrichtungen mit ihren
> administrativen Strukturen (Mahngebühren etc.) ihrem Ende zuneigt, und
> ich möchte hinzufügen: ... und das ist auch gut so. Bibliotheken müssen
> sich in dieser Umgebung neu positionieren, also anspruchsvoller werden
> (s.o. Stichwort "World Cinema", Archiv, Filmotheken zur komfortablen
> Präsenznutzung etc.)
>
> Herzliche Grüße
> Peter Delin/Videolektorat
>
> Zentral- und Landesbibliothek Berlin
> Videolektorat
> Blücherplatz 1
> 10961 Berlin
>
> Tel.: 030/90226-198
> Fax.: 030/90226-290
> email: delin@xxxxxx
> http://www.zlb.de/index.html
>
>
>
> Frank Schwemlein schrieb:
> >
> > Liebe Listenteilnehmer,
> >
> > Amazon bietet ja seit einiger Zeit die Moeglichkeit gegen eine
Abogebuehr
> > DVDs auszuleihen.
> >
> > Die Firma www.booksfree.com leiht Bücher via Internet und Post aus; neue
> > gibt es erst, wenn die alten wieder zurückgegeben wurden.
www.netflix.com
> > macht das Ganze mit Videos. Diese Firmen sind jedoch nur im
amerikanischen
> > Raum aktiv.
> >
> > Gibt es eigentlich (neben Amazon) weitere private Medienausleiher im
> > europäischen bzw. deutschsprachigen Raum? Sind Ihnen Planungen
diesbezüglich
> > bekannt?
> >
> > Wenn ja, gibt es hier bereits Kooperationen mit Bibliotheken oder sind
dies
> > nur "ungeliebte Konkurrenten"?
> >
> >
> > Vielen Dank für Ihre Hilfe.
> >
> > Susanne Munz
> >
> >



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