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Re: [InetBib] Diplomarbeit=Hochschulschrift?



On Wed, 7 Sep 2005 15:41:03 +0200
 "HU" <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxx> wrote:
> Es wäre vermutlich sinnvoll zu unterscheiden zwischen
> einer Hochschulschrift
> im bibliothekarischen Sinne,
> 
> zu denen nur publizierte und damit auch nachgewiesene
> Schriften (s. Pflug)
> rechnen
> 
> und beispielsweise einer Hochschulschrift im
> archivalischen, juristischen
> oder sonstigen Sinne.
> 
> Ob eine Diplomarbeit als publiziert bezeichnet werden
> kann, wenn sie in
> einer einzigen Bibliothek dieser Welt,
> 
> dort zur Benutzung freigegeben ist, würde ich bezweifeln
> - im juristischen
> Sinne verlegt ist sie sicher nicht.

Wir sollten hier nicht unnoetig die Nebelwerfer
einschalten.

Es gibt natuerlich verschiedene juristische
Veroeffentlichungsbegriffe, wobei man sich vielleicht
darauf einigen sollte, dass der urheberrechtliche
Veroeffentlichungsbegriff massgeblich sein sollte. Fuer den
patentrechtlichen Veroeffentlichungsbegriff hat ein Gericht
festgestellt, dass sogar eine so gut wie nicht zugaengliche
DDR-Diplomarbeit als veroeffentlicht zu gelten hat.

Fuer den urheberrechtlichen Veroeffentlichungsbegriff
sollte eigentlich jeder in der Lage sein, § 6 UrhG de
nachzulesen:

"(1) Ein Werk ist veröffentlicht, wenn es mit Zustimmung
des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
worden ist. 

(2) Ein Werk ist erschienen, wenn mit Zustimmung des
Berechtigten Vervielfältigungsstücke des Werkes nach ihrer
Herstellung in genügender Anzahl der Öffentlichkeit
angeboten oder in Verkehr gebracht worden sind. Ein Werk
der bildenden Künste gilt auch dann als erschienen, wenn
das Original oder ein Vervielfältigungsstück des Werkes mit
Zustimmung des Berechtigten bleibend der Öffentlichkeit
zugänglich ist." 

Hochschulschriften, die in einer Bibliothek eingestellt
sind, sind veroeffentlicht, aber nicht erschienen.

Dass Bibliothekswissenschaftler nicht zwischen ungedruckt
und unveroeffentlicht unterscheiden koennen, wirft ein
bezeichnendes Licht auf diese angebliche "Wissenschaft".

Niemand bezweifelt, dass Habilitationsschriften zu den
"Hochschulschriften" gehoeren. Aber fuer
Habilitationsschriften gilt genau das Gleiche wie fuer die
Diplom-, Magisterarbeiten usw. Es besteht in der Regel
aufgrund der jeweiligen Habilitationsordnung KEIN
Veroeffentlichungszwang vergleichbar dem bei den
Dissertationen. Ob und inwieweit eine Habilitationsschrift
in eine Hochschulbibliothek und dann auch in die DDB
gelangt, ist eine Frage weitgehender Willkuer.

Man kann Hochschulschriften natuerlich definieren als
Dissertationen und Habilitationen und ggf. die erschienenen
Abschlussarbeiten dazunehmen. Aber eine "Wissenschaft", die
sich wissenschaftlich noch nie um Hochschulschriften
jenseits der Dissertationen gekuemmert hat, sollte
vielleicht einfach mal ganz leise sein.

Klaus Graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.