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Re: [InetBib] Urheberrecht an digitalisierten Werken



Lieber Herr Graf, liebe Liste,

ich möchte hier keine Grundsatzdiskussion beginnen. Zwei Punkte verdienen aber eine Klarstellung:

1) Die von Herrn Graf reichlich angeführten Belegstellen äußern sich nicht unbeding zu unserem Thema. § 72 UrhG gewährt nur Leistungsschutz, schützt aber keine WERKE im Sinne einer geistigen Schöpfung. Durch bloßes Scannen wird man sehr richtig keine Werke schaffen. Es geht hier aber um einen Leistungsschutz unterhalb der Werkebene. Hier steht in Frage, ob es auch hier eine Untergrenze gibt, so daß ein Scan auch aus § 72 UrhG herausfällt. Es ist UNBESTRITTEN, daß es eine solche Untergrenze gibt. Strittig ist allein der Maßstab. Hier und nur hier gehen unsere Ansichten auseinander, wenn mit Aufwand betriebene Scans dem § 72 UrhG zugeordnet werden. Herr Graf stellt auf das bloß reproduzierte Motiv ab, Müller und ich auf den intellektuellen Aufwand, die Reproduktion zu erzeugen. Das Ergebnis: eine banale Fotokopie und ein bibliothekarischer Scan sind nicht das gleiche, bei Hernn Graf schon. Dieser Punkt wäre weiter zu diskutieren. Dabei sind beide Ansichten vertretbar, nach meiner Meinung aber nicht gleich überzeugend.

2) Zu meinem Zitat:
> Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxx> wrote:
> Ach ja, es ist
> durchweg anerkannt, daß § 72 UrhG für Scannen und
> digitale Fotographie Anwendung finden kann.

Wer soll das anerkannt haben? Herr Steinhauers Ansicht, der
die digitale Fotografie (die bei dreidimensionalen Vorlagen
nie strittig war) und das Scannen zu Unrecht in einen Topf
wirft, ist nicht in einem einzigen Punkt besser begruendet
als die von Herrn Mueller.

Hier haben Sie mich mißverstanden, lieber Herr Graf. Es geht um die Anwendbarkeit von § 72 UrhG überhaupt, wenn digitale Reproduktionstechnik eingesetzt wird, und nicht um die apodiktische Behauptung, die Bilder unterfielen schon dem Schutz (Ich habe formuliert: "Anwendung finden kann", nicht: "Anwendung findet"). Das Gesetz spricht von "Lichtbild". Nicht wenige Stimmen in der älteren Literatur wollten daher auch für die "ähnlichen Verfahren" nur auf chemischer Grundlage funktionierende Technik zulassen. Heute ist aber durchweg anerkannt, daß auch Digitalfotographie oder Scannen dem "Lichtbild" im Sinne des Gesetzes zuzuordnen sind. Das ist nicht mit der Aussage zu verwechseln, Digitalfotographie oder Scannen unterfalle IMMER dem Schutz des § 72 UrhG. Das ist bei ganz herkömmlichen Fotos auch nicht automatisch der Fall, auch hier gibt es Aufnahmen, die nicht dem Schutz des § 72 UrhG unterfallen, etwa unbewußt ausgelöste Aufnahmen, da es hier an dem Minimum der geistigen Leistung fehlt.. 

Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de




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